Keine Sperrzeit bei Insolvenzantrag in falscher Insolvenzverfahrensart

Mehr zum Thema: Insolvenzrecht, Insolvenzverfahren, Sperrzeit, Regelinsolvenz, Verbraucherinsolvenz, Verfahrensart
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Bei geringem Mehraufwand des Gerichts und nur einfacher Fahrlässigkeit besteht keine dreijährige Wartezeit

Wenn einem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt wird, dieser also trotz durchlaufenem Insolvenzverfahren seine Schulden nicht los wird, muss er längere Zeit warten, bis er erneut einen Insolvenzantrag stellen kann. Ähnlich argumentieren die Gerichte bei Fehlern in der Insolvenzantragsstellung, etwa wenn der Schuldner auf einen Eröffnungsantrag eines Gläubigers trotz Hinweises des Gerichts keinen Eigenantrag stellt (BGH vom 21.01.2010, IX ZB 174/09).

Eine Parallele zu diesen Konstellationen wollte das Amtsgericht Bonn ziehen in einem Fall, in dem ein Schuldner fälschlicherweise einen Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens gestellt hatte, obwohl gegen ihn eine Forderung der Knappschaft bestand. Hierbei handelt es sich um eine Forderung aus einem Arbeitsverhältnis. Wenn solche bestehen, ist gemäß § 304 Abs. 1 S. 2 InsO das Verbraucherinsolvenzverfahren bei ehemaligen Unternehmern ausgeschlossen.

Elke Scheibeler
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Das AG Bonn wies darauf hin, dass es den Antrag für unzulässig halte, und regte an, die Fortsetzung des Verfahrens als Regelinsolvenzverfahren zu beantragen. Weiterhin forderte es fehlende Unterlagen an. Diese wurden von den Anwälten des Schuldners eingereicht, ein Antrag auf Fortführung der Angelegenheit als Regelinsolvenzverfahren nicht gestellt. Die Anwälte waren wohl der Auffassung, dass die Forderung der Sozialversicherung keine solche aus einem Arbeitsverhältnis darstellte. Der Verbraucherinsolvenzantrag wurde daraufhin kostenpflichtig abgewiesen.

Amtsgericht hielt Antrag auf Regelinsolvenzverfahren für unzulässig

Den sodann gestellten Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens hielt das Gericht nunmehr für unzulässig, da es aus dem nicht gestellten Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens als Regelinsolvenzverfahren in paralleler Wertung zu den dargestellten Urteilen des BGH eine dreijährige Sperrfrist ableitete. Der Schuldner hätte also drei Jahre warten müssen, bevor er einen neuen Insolvenzantrag stellten konnte. Hiergegen legte der Schuldner mit Erfolg Beschwerde ein.

Landgericht stimmte Beginn des Insolvenzverfahrens zu

Das Verfahren gelangte sodann zum Landgericht Bonn. Dieses konnte die Wertung des AG Bonn nicht nachvollziehen. Zwar sei der Rechtsprechung des BGH in Bezug auf die Sperrzeiten zuzustimmen. Anders als in den dortigen Fällen sei dem AG Bonn jedoch im zu entscheidenden Fall kein erheblicher Mehraufwand entstanden, da es nur den Insolvenzantrag geprüft, aber kein komplettes Insolvenzverfahren durchgeführt habe. Es sei nur ein geringer zusätzlicher Aufwand zu verzeichnen, da die Unterlagen des Verbraucherinsolvenzantrags nicht in ein Regelinsolvenzverfahren übergeleitet werden konnten, sondern eine neue Akte angelegt werden musste. Zudem sei den Anwälten des Schuldners keine grobe Fahrlässigkeit, sondern nur einfache Fahrlässigkeit vorzuwerfen, da es bis vor einigen Jahren noch Stimmen in der Literatur und auch einige Entscheidungen von Untergerichten  gegeben habe, die eine Forderung einer Krankenkasse für keine Forderung aus einem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 304 InsO hielten, bis dies vom Bundesgerichtshof am 22.09.2005, AZ IX ZB 55/04, anders entschieden worden sei. Der Schuldner konnte somit sofort das Insolvenzverfahren beginnen und musste nicht drei weitere Jahre warten (LG Bonn vom 06.08.2012, 6 T 133/12).

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