Was tun, wenn die Eigentumswohnung falsch vermessen wurde?

Mehr zum Thema: Immobilienrecht, Wohnungseigentum, Eigentumswohnung, Wohnfläche, Messfehler, Teilungserklärung, Grundbuch, Verteilungsschlüssel
5 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
4

Welche Ansprüche bestehen für Eigentümer gegenüber der Hausverwaltung bei falscher vermessener Wohnfläche?

Herr A ist Eigentümer einer Eigentumswohnung im Dachgeschoss, die er seit dem Erwerb auch vermietet. Er hat diese im Frühjahr 1994 durch Kaufvertrag in unausgebautem Zustand erworben. Die notarielle Teilungserklärung und das Grundbuch weisen eine Größe der Wohnung von 64,8 qm. 1996 baute Herr A seine Dachgeschosswohnung aus und diese hatte dann eine tatsächliche Wohnfläche von 56,07 qm. Herr A wandte sich 1996 an die erste Hausverwaltung und kam mit dieser überein, dass die Verteilung der laufenden Kosten und Lasten gemäß § 16 WEG nicht nach der ausgewiesenen Größe, sondern nach der tatsächlichen Größe verrechnet werden. Das war dann bis zum Abrechnungsjahr 2011 kein Problem. Zum 1.1.2014 wechselte die Hausverwaltung. Die neue Hausverwaltung hat nun deutlich gemacht, an dem alten Prozedere nicht festhalten zu wollen. Es würden in Zukunft die Kosten so nach qm verteilt, wie sie aus der Teilungserklärung hervorgehen. Die Abrechnung für das Abrechnungsjahr 2012 wurde von der früheren Hausverwaltung auf Anweisung der Eigentümergemeinschaft ebenfalls geändert.

Herr A, der mit Nachzahlungen rechnet, möchte gerne die ausgewiesenen Qm in der Teilungserklärung ändern lassen. Außerdem möchte er die Immobilie verkaufen, da derzeit ein guter Verkaufspreis zu erzielen wäre.

Elisabeth Aleiter
Partner
seit 2013
Rechtsanwältin
Schubertstraße 6
80336 München
Tel: 089/ 29161431
Tel: 089 / 29161423
Web: http://www.kanzlei-aleiter.de
E-Mail:
Wirtschaftsrecht, Strafrecht, Erbrecht, Familienrecht, Arbeitsrecht

Herr A wendet sich an Rechtsanwalt Streit, um eine Klärung der Angelegenheit herbeizuführen. Rechtsanwalt Streit erörtert dabei 2 Fragestellungen:

Rechtliche Beurteilung des Falles - welche Ansprüche stehen dem Eigentümer zu?

1) Ansprüche des Eigentümers verjährt?

Kann im Jahr 2014 noch eine Person oder Firma für diesen Schaden, der dem A entstanden ist zur Verantwortung gezogen werden?

Hier kann Rechtsanwalt Streit wenig Hoffnung machen.

Forderungen und Rechte dürften verjährt und auch verwirkt sein. So genannte Ansprüche an einem Grundstück verjähren nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht mehr in 30 Jahren, sondern vom 1.1.02 innerhalb von 10 Jahren gemäß Art 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 BGB. Damit wären Anspruche bis zum 31.12.2011 verjährt. Eine Anfechtung des Kaufvertrages (würde A gar nicht wollen) würde auch wieder innerhalb von 10 Jahren ab dem 1.1.02 möglich sein und wäre daher auch schon zum 31.12.11 ausgelaufen. Wobei in jedem Fall fraglich wäre, wann man die Kenntnis des A überhaupt ansetzen hätte können. Schadenersatzansprüche entweder aus Vertrag (falls ein solcher bestand) aus den §§ 280 ff BGB oder aus dem Gesetz bestünden allenfalls gegen den Architekten. Hier ist allerdings ein so genannter Bemessungs- und Beratungsfehler kritisch zu prüfen. Weiterhin ist auch hier von Verjährung der vertraglichen oder gesetzlichen Ansprüche mit der Schuldrechtsmodernisierung ab dem 1.1.03 bis 31.12.2006 auszugehen.

2) Kann man den Verteilerschlüssel anpassen?

Besteht für A eine Möglichkeit, den Verteilungsschlüssel für die Kosten nach 16 WEG aus heutiger Sicht der Realität d.h. der tatsächlichen Qm-Größe der Wohnung anzupassen?

Auch hier kann Rechtsanwalt Streit nur wenig Hoffnung machen.

Änderung des Verteilungsschlüssels in der Eigentümergemeinschaft

Eine Revision des Verteilungsschlüssels innerhalb der Eigentümergemeinschaft betrifft alle Eigentümer und ist damit nur mit allstimmigem Beschluss möglich. D.h. es müssten alle Eigentümer zu einer Versammlung geladen werden, alle oder Ihre rechtmäßigen Vertreter müssen erscheinen und alle müssten dieser Revision zustimmen. Um diese Eigentümer aber davon überzeugen zu können, müsste zunächst ein kostenintensives Gutachten vorgelegt werden, das belegt, die Revision des Verteilungsschlüssels ist geboten. Im Anschluss daran wäre noch mit erheblichen Notarkosten zu rechnen. In aller Regel ist eine solche Vereinbarung nicht zu erreichen, da eine Änderung nur zulasten aller Eigentümer geht. Diese fürchten Einbußen bei ihren eigenen Einnahmen und mehr Kosten im Rahmen von § 16 WEG. Daher werden die übrigen Eigentümer sicherlich nicht allstimmig ja zu diesem Vorschlag sagen.

Manchmal hat man Glück und eine Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung sieht für diesen Fall nur eine einfache oder qualifizierte Mehrheit vor. Aber ein solcher Beschluss muss dann den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen. D.h. er muss zu allen betreffenden Kostenpositionen die sachlich notwendigen Erläuterungen liefern und alle Einzelregelungen genau schildern. Das ist sehr kompliziert und in diesem Fall besteht schon nicht die Möglichkeit der Öffnungsklausel.

Klage gegen die WEG

Auch eine Klage des A auf Änderung des Verteilungsschlüssels hat keine sehr großen Erfolgsaussichten. Als Anspruchsgrundlage kommt lediglich der Grundsatz des Wegfalles der Geschäftsgrundlage in Betracht. Hier ist in aller Regel davon auszugehen, dass Ansprüche verjährt sind. Aber auch sonst wäre dieser Anspruch nur schwer zu begründen. Eine gerichtliche Entscheidung kann in so einem Fall nur erzwungen werden, wenn außergewöhnliche Umstände, ein extremer Ausnahmefall, vorliegen. Eine Beurteilung des Richters richtet sich nicht an der Kostenbelastung des einzelnen Wohnungseigentümers, sondern an dem gesamten Fall. Die Gerichte werden einen Anspruch auf Änderung nur zustimmen, wenn die Differenz zwischen tatsächlicher Größe und fehlerhafter Angabe ab 25.% beträgt. Das wäre hier auch schon nicht der Fall (vgl. z.B. OLG Köln in Neue Jurisitische Wochenschrift-RR 93, 844). Leider hilft es in diesem Fall auch gar nicht, dass es für knapp 2 Jahrzehnte Brauch war, dass die alte Hausverwaltung hier die geringeren Kosten ansetzte. Dieser Brauch schafft keine Fakten.

Fazit für Eigentümer:

Alle die unter Fragestellung 2 dargestellten Lösungsansätze beinhalten immense Kosten. Gutachter und Notar sind im Fall 1 zu bezahlen. Im Fall 2 kommen darüber hinaus erhebliche Rechtsanwalts-und Gerichtskosten hinzu. In aller Regel wiegen Aufwand, geringe Erfolgsaussichten, und Kosten wesentlich mehr, als der reine Kostenschaden, denn man durch den Verteilerschlüssel erfährt.

Rechtsanwältin Elisabeth Aleiter
Schubertstraße 6 / an der Oktoberfestwiese

80336 München
Tel.: 089/29161431
Fax: 089/29161437

E-Mail:elisabeth.aleiter@kanzlei-aleiter.de
Web: http://www.kanzlei-aleiter.de
Das könnte Sie auch interessieren
Immobilienrecht, Wohnungseigentum Die Betrachtung des Gartens unter rechtlichen Gesichtspunkten
Immobilienrecht, Wohnungseigentum Die Immobilie in der Scheidung