Erweiterte Beschlusskompetenzen der Eigentümergemeinschaft

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1. Änderung der Kostenverteilung

Ein Hauptanliegen der am 01.07.2007 in Kraft tretenden WEG-Reform war es, die Willensbildung innerhalb der Gemeinschaften zu verbessern und zu erleichtern. Hierzu werden den Wohnungseigentümern künftig umfassende Kompetenzen auch zur dauerhaften Änderung bestehender Vereinbarungen oder gesetzlicher Regelungen eingeräumt.

Die Wohnungseigentümer können künftig mittels einfachen Mehrheitsbeschlusses die „Betriebskosten" des Gemeinschafts- und des Sondereigentums sowie die „Kosten der Verwaltung" in Abweichung vom gesetzlichen bzw. vereinbarten Kostenverteilungsschlüssel verteilen. Derartige Kosten können abweichend vom bisher geltenden Kostenverteilungsschlüssel „nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht".

Die obigen Regelungen gelten natürlich nur für Kosten, die nicht unmittelbar mit Dritten (z.B. Versorgungsträgern) gegenüber dem jeweiligen Wohnungseigentümer abgerechnet werden.

2. Änderung der Kostenverteilung bei Instandsetzung, Modernisierung und baulicher Veränderung

Für den jeweiligen Einzelfall (also nicht generell) können die Wohnungseigentümer eine abweichende Verteilung der Kosten von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sowie von baulichen Veränderungen und Modernisierungen beschließen. Dies bedarf allerdings eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses. Zum einen müssen drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer (nach dem Kopfprinzip) für eine geänderte Kostenverteilung stimmen. Zum anderen müssen diese noch mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren.

Die so geänderte Kostenverteilung muss dem Gebrauch bzw. der Möglichkeit des Gebrauchs durch die einzelnen Wohnungseigentümer Rechnung tragen.

Ein Mehrheitsbeschluss, der eine geänderte Kostenverteilung zum Inhalt hat und nicht mit der erforderlichen qualifizierten Mehrheit gefasst worden ist, ist lediglich anfechtbar und nicht von vornherein nichtig.

3. Hausgeld- und Verzugsregelungen

Die Wohnungseigentümer können nunmehr mit einfacher Stimmenmehrheit die Art und Weise von Zahlungen, der Fälligkeit und der Folgen des Verzugs sowie der Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums oder für einen besonderen Verwaltungsaufwand mit Stimmenmehrheit beschließen. Diese Beschlusskompetenz besteht auch und gerade dann, wenn der Beschlussgegenstand bereits Bestandteil einer Vereinbarung ist und geändert werden soll.

4. Bauliche Veränderungen

Den Wohnungseigentümern wurde nunmehr auch explizit im Gesetz eine Beschlusskompetenz für Maßnahmen baulicher Veränderungen eingeräumt. Nach dem Willen des Gesetzgebers muss sich die Eigentümergemeinschaft mit jeder baulichen Veränderung befassen. Bauliche Veränderungen, die außerhalb der Eigentümerversammlung z.B. stillschweigend erfolgen, sind damit in der Regel künftig nicht mehr möglich.

Soweit die durch eine bauliche Veränderung benachteiligten Wohnungseigentümer der Maßnahme zustimmen, ist für eine wirksame Beschlussfassung die einfache Stimmenmehrheit ausreichend.

Wirksam ist ein Genehmigungsbeschluss über eine bauliche Veränderung auch künftig, wenn er nicht binnen Monatsfrist angefochten wird.

5. Modernisierungen

„Modernisierungen entsprechend § 559 Abs. 1 BGB" oder Maßnahmen zur „Anpassung des Gemeinschaftseigentums an den Stand der Technik" können künftig mit doppelt qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Es müssen danach drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer (nach dem Kopfprinzip) für eine geänderte Kostenverteilung stimmen, wobei diese mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile repräsentieren müssen.

Voraussetzung für eine Modernisierung ist, dass hierdurch der Gebrauchswert des Gemeinschaftseigentums nachhaltig erhöht bzw. die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden bzw. nachhaltig die Einsparung von Energie und Wasser bewirkt wird.

Abzugrenzen sind die Modernisierungsmaßnahmen von den Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung sowie von Maßnahmen zur modernisierenden Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums. Denn diese Maßnahmen können mit einfacher Mehrheit beschlossen werden.

Eine grobe Faustformel zur Abgrenzung der Modernisierung von Maßnahmen der Instandhaltung bzw. (modernisierenden) Instandsetzung ist, dass letztere tatsächlich Sanierungsbedarf aufweisen während erstere diesen gerade nicht aufweisen.

6. Aufhebung von Veräußerungsbeschränkungen

Nach § 12 Abs. 1 WEG besteht die Möglichkeit, in einer Vereinbarung die Veräußerung eines Wohnungseigentums von der Zustimmung eines Dritten (in der Regel von der Zustimmung des Verwalters) abhängig zu machen. Nunmehr hat der Gesetzgeber der Gemeinschaft die Möglichkeit eingeräumt, diese Veräußerungsbeschränkungen durch einfachen Mehrheitsbeschluss wieder aufzuheben.


Martin Spatz
Rechtsanwalt

www.raspatz.com

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