Vollumfängliche Haftung beim Weideunfall

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Vollumfängliche Haftung beim Weideunfall

Wird beim Weidegang ein Pferd durch ein anderes Pferd verletzt, so reguliert die Tierhalterhaftpflichtversicherung des Pferdebesitzes, dessen Pferd die Verletzung verursacht hat, in der Regel lediglich 50 % des geltend gemachten Schadens. Die Tierhalterhaftpflichtversicherungen berufen sich auf eine Mithaftung, da eine Weidehaltung eine erhöhte Gefahr darstellt, in die der Besitzer des verletzten Pferdes eingewilligt hat.

Eine solche Kürzung sollte vom Besitzer des geschädigten Pferdes nicht ohne rechtliche Überprüfung hingenommen werden.

Birgit Raupers
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Das Amtsgericht Neustadt am Rbge. hat in einer Entscheidung vom 27.07.2006,die durch Beschluss des Landgerichts Hannover vom 02.11.2006 bestätigt wurde, dem Besitzer des schadenstiftenden Pferdes aufgrund eines Weideunfalls die vollumfängliche Haftung auferlegt.

Im vorliegenden Fall wurden mehrere Pferde zusammen auf einer Koppel gehalten. Das Pferd des Klägers wurde am Schadenstag am linken Hinterbein oberhalb des Sprunggelenkes so stark verletzt, dass dieses verstarb. Die Tierhalterhaftpflichtversicherung des ausschlagenden Pferdes zahlte lediglich 50 % des Verkehrswertes des verstorbenen Pferdes mit dem Hinweis darauf, dass sich die Halterin des getöteten Pferdes eine Mithaftung nach § 254 Abs. 1 BGB anrechnen lassen müsse. Die Mithaftung resultiere daraus, dass eine gemeinsame Pferdehaltung auf einer Weide eine erhöhte Gefahr darstelle und diese erhöhte Gefahr durch die Gestattung des gemeinsamen Weideganges von der Klägerin bewusst in Kauf genommen worden sei.

Die Klägerin argumentierte, dass eine Mitverursachung durch ihr Pferd von der Gegenseite nicht bewiesen worden sei und diese daher vollumfänglich für den entstandenen Schaden einzustehen habe.

Der Argumentation ist das Amtsgericht Neustadt am Rübenberge gefolgt. Diese Entscheidung wurde durch Beschluss des Landgerichts Hannover vom 02.11.2006 bestätigt und führt Folgendes an:

Soweit die Mitverursachung durch das geschädigte Pferd nicht festgestellt werden kann, haftet der Halter des schadenverursachenden Pferdes zu 100 %. Allein die bloße Anwesenheit des verletzten Pferdes auf der Weide stellt noch keine mitursächliche Tiergefahr dar. Zudem würde die bloße Anwesenheit des verletzten Tieres auf der Weide gegenüber dem aggressiven und gefährlichen Auskeilen des anderen Pferdes als mitwirkende Schadensursache derart in den Hintergrund treten, dass bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile der des geschädigten Pferdes nicht mehr ins Gewicht falle.

Als Voraussetzung für eine Haftungskürzung durch Mitverschulden verlangt das Gericht, dass der Schädiger unter Beweisantritt darlegt, inwieweit sich konkret der Mitverschuldensbeitrag des geschädigten Pferdes ausgewirkt hat (Bspw. Drohen, Auskeilen, etc.).

Das Gericht weist ausdrücklich daraufhin, dass eine Mithaftung nach § 254 BGB voraussetzt, dass die vom verletzten Tier ausgehende spezifische Tiergefahr für die Verletzung mit ursächlich geworden ist.

Bei einem Schadensfall lohnt es sich daher, den Unfallhergang genau zu rekonstruieren und nicht ohne Weiteres die in der Regel vorgenommene Kürzung der Tierhalthaftpflichtversicherung des Schädigers um 50 % zu akzeptieren.


Birgit Raupers
(Rechtsanwältin)

Das Urteil kann in der Kanzlei Raupers abgefragt werden. Weitere Urteile und Rechtsausführungen zum Thema Pferderecht können Sie unter www.recht-und-reiter.de nachlesen.

Birgit Raupers-Weller
Rechtsanwältin
www.rechtundreiter.de
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