Kein Schadensersatz bei Sturz in einem Linienbus

Mehr zum Thema: Haftpflicht, Schadensersatz, Schadensersatz, Sturz, Bus, Fahrgast, Haftung
4,62 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
8

Der Fahrgast eines Linienbusses muss jederzeit mit unvorhersehbaren Fahr- und Bremsmanövern rechnen, selbst wenn sich dieser auf einem Sitzplatz befindet

Stürzt ein Fahrgast in einem öffentlichen Linienbus, so scheidet regelmäßig ein Schadensersatzanspruch der Verkehrsbetriebe aus, da der Fahrgast grundsätzlich nach den Beförderungsrichtlinien verpflichtet ist, sich sofort und jederzeit festen Halt zu verschaffen. Dies hat das Landgericht Bonn in einem aktuellen Urteil vom 21.09.2012 (Az. 5 S 43/12) entschieden.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall befand sich eine Frau auf dem Heimweg nach der Arbeit in einem öffentlichen Linienbus. Diese hatte in Fahrtrichtung einen Sitzplatz eingenommen und begonnen, in einem Buch zu lesen.

Aufgrund eines heftigen Bremsmanövers des Fahrers wurde die Frau vom Sitz geschleudert und prallte mit dem Gesicht gegen eine Metallstange, wobei sie sich Verletzungen an Kopf und Nacken zuzog. Wegen der Verletzungen fiel die Frau sechs Wochen lang arbeitsunfähig aus.

Kläger im vorliegenden Rechtsstreit war der Arbeitgeber der Verletzten, der von den Verkehrsbetrieben Erstattung der von ihm geleisteten Entgeltfortzahlung im Wege des Schadensersatzes verlangte.

Entscheidungsgründe

Das Landgericht Bonn hat die Klage abgewiesen.

Nach Auffassung des Gerichts müssten Fahrgäste eines Linienbusses stets mit unvorhergesehen Fahr- und Bremsmanövern rechnen, so dass es grundsätzlich dem Fahrgast obliegt, für eine entsprechende und hinreichende Eigensicherung zu sorgen. Dies gelte nicht nur für stehende Fahrgäste, sondern auch für diejenigen, die einen Sitzplatz eingenommen haben.

Die Tatsache, dass sich die Verletzte infolge der Buchlektüre trotz vorhandener Möglichkeiten weder festgehalten, noch auf den Verkehr geachtet habe, spricht für ein überwiegendes Verschulden des Fahrgastes. Ansonsten hätte die Verletze den Aufprall beispielsweise durch Abstützen beider Hände am gegenüberliegenden Sitz noch abfangen bzw. verhindern können.

Fazit

Das Landgericht Bonn führt mit seiner Entscheidung die bisherige Rechtsprechung der Instanzgerichte weiter fort. So sind beispielsweise das Amtsgericht Frankfurt sowie das Landgericht Wiesbaden in vergleichbaren Entscheidungen bei Stürzen in öffentlichen Verkehrsmitteln von einem Alleinverschulden des Verletzten ausgegangen und haben eine Haftung der Verkehrsbetriebe mangels Eigensicherung abgelehnt (vgl. AG Frankfurt NZV 2008, 36; LG Wiesbaden NZV 2011, 201).

Fahrgäste in öffentlichen Verkehrsmitteln sollten sich daher grundsätzlich immer auf unerwartete Fahr- und Bremsmanöver einstellen und versuchen, im Ernstfall entsprechend zu reagieren. Auch wenn die Entscheidung des Landgerichts Bonn auf den ersten Blick nicht ganz nachvollziehbar erscheint, so ist jeder Fahrgast aufgrund der geltenden Beförderungsrichtlinien verpflichtet, für eine hinreichende Eigensicherung zu sorgen.

Erfüllt der Fahrgast diese – wenn auch engen – Vorgaben und wird dennoch verletzt, dürfte im Einzelfall auch eine Haftung des Verkehrsbetriebes in Betracht kommen. Insoweit empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt aufzusuchen und mit der Prüfung und Schadensabwicklung zu betrauen.