Im Verhältnis B2B ist der Verkäufer im Falle einer Ersatzlieferung nicht verpflichtet, die Aus- und Einbaukosten zu tragen

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BGH gibt Entwarnung für Händler

Mit Urteil vom 17. Oktober 2012 (BGH VIII ZR 226/11) hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern (B2B) oder zwischen Verbrauchern (C2C) im Falle einer Nacherfüllung durch Ersatzlieferung der Ausbau der mangelhaften Sache und der Einbau der Ersatzsache nicht geschuldet ist.

Zum Hintergrund:

Mit Urteil vom 16. Juni 2011 (C-65/09, C-87/09 – Gebr. Weber GmbH/Jürgen Wittmer; Ingrid Putz/Medianess Electronics GmbH) hatte der Europäische Gerichtshof entschieden, dass § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB richtlinienkonform so auszulegen sei, dass der Verkäufer im Falle einer Ersatzlieferung auch verpflichtet sei, die mangelhafte Sache aus- und die Ersatzsache einzubauen bzw. die Kosten für Aus- und Einbau zu tragen. Und zwar unabhängig davon, ob er sich ursprünglich vertraglich verpflichtet hatte, die gekaufte Ware einzubauen.

Dieser Entscheidung lagen zwei Verfahren zugrunde. Im ersten Verfahren hatte eine Privatperson polierte Bodenfliesen gekauft und begonnen, sie in ihrem Haus zu verlegen. Nachdem etwa 2/3 der Fliesen verbaut waren, stellte sich heraus, dass die Fliesen mangelhaft waren. Der Käufer reklamierte sie daraufhin beim Händler und verlangte neben der Lieferung mangelfreier Fliesen auch Ersatz der Kosten für den Ausbau der defekten und den Einbau der neuen Fliesen in Höhe von € 5.830,57.
Im zweiten Verfahren ging es vor ähnlichem Hintergrund um die Kosten für den Ausbau einer defekten und den Einbau einer neuen Spülmaschine bei einer Verbraucherin.

Der EuGH stellte klar: „Bei Vertragswidrigkeit eines Gutes muss der Verbraucher das Recht haben, die unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Gutes zu verlangen,…" Er schloss daraus, dass der Verkäufer im Falle einer Ersatzlieferung die Kosten des Ausbaus der mangelhaften Sache und des Einbaus der vertragsgemäßen Ersatzlieferung tragen müsse.

Gilt nicht für Unternehmer:

Der BGH stellte nun mit Urteil vom 17. Oktober 2012 klar, dass diese Auslegung nicht im Verhältnis zwischen zwei Unternehmern (und ebenso wenig zwischen zwei Privatpersonen) gelte. 

In dem entschiedenen Verfahren kaufte eine im Sportplatzbau tätige Gesellschaft (Klägerin) bei der Beklagten ein Granulat zur Herstellung von Kunstrasenplätzen. Nach dem Einbau des Granulats stellte sich heraus, dass das von der Beklagten gelieferte Granulat mangelhaft war. Die Beklagte lieferte kostenlos Ersatzgranulat, lehnte es aber ab, das mangelhafte Granulat aus- und das Ersatzgranulat einzubauen. Daraufhin ließ die Klägerin diese Arbeiten durch ein anderes Unternehmen ausführen und verlangte Ersatz der dafür entstandenen Kosten.

Der BGH erklärte, dass das Urteil des EuGH zu Verbrauchergeschäften keine Auswirkung auf dieses Verfahren habe. Bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern werde der Ausbau der mangelhaften Sache und der Einbau der Ersatzsache von der Nacherfüllungsvariante "Lieferung einer mangelfreien Sache" (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB) nicht erfasst.

Auswirkungen für die Praxis:

Die Entscheidung dürfte viele Händler aufatmen lassen. Denn dadurch fällt zumindest im Bereich B2B ein ganz erhebliches Gewährleistungsrisiko weg. Der Händler muss nun nicht mehr befürchten, mit unverhältnismäßigen Kosten für Aus- und Einbau der gelieferten Ware belastet zu werden.

Für den Bereich der B2C, also den Verkauf von Produkten an Verbraucher, bleibt es bis auf weiteres bei der durch den EuGH definierten weiten Gewährleistungshaftung.

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