Haftung bei schwerem Unfall in einem EMS-Trainingsstudio

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Trotz angeblicher Ungefährlichkeit

Vorletzte Woche ereignete sich bei einem namenhaften EMS - Trainingsstudio in Berlin ein schwerer Unfall :

Unser Mandant besuchte das Studio zum zweiten Mal im Rahmen einer durch das Institut durchgeführten Werbekampagne für EMS-Trainingseinheiten; er wurde im Vorhinein nur dahingehend aufgeklärt, dass es sich bei ihm um keine „Risikoperson" handeln dürfe. Die Aufklärung beschränkte sich darauf, dass bei Epilepsie, akuten Entzündungen, akuten Thrombosen, Herzschrittmachern, schwerwiegenden Erkrankungen im Akutstadium (Krebs, MS) und während der Schwangerschaft, das Training zu unterlassen sei. Es wurde ausdrücklich versichert, dass es sich um eine völlig ungefährliche Reizstrom-Trainingsmethode handele, die seit Jahrzehnten mit großem Erfolg angewandt würde. Zugesichert wurde, dass Herzmuskulatur und glatte Muskulatur (unwillkürliche bzw. Organmuskultar) nicht angesprochen würden.

Nachdem unser Mandant die Trainingskleidung angezogen hatte, wurde er mit Wasser besprüht, und mit den entsprechenden Elektroden versehen. Unser Mandant hatte dabei das Gefühl, dass das Personal nur unzureichend eingewiesen war. Der Trainer betätigte den Hauptschalter, startete einen Countdown von 20 Sekunden und bat unseren Mandanten, die Stärke der Regler für jede Muskelgruppe während einer 6-sekündigen Pause selbst einzustellen. Unser Mandant wurde plötzlich von einem Stromstoß getroffen, das Trainingsteam vermochte das Gerät nicht unverzüglich zu stoppen, der Betroffene wurde schwer verletzt in ein Berliner Krankenhaus eingeliefert, wo er sich einer schmerzhaften Operation am Schultergelenk unterziehen musste; es kam zum Einsatz von sog. Fixierschrauben aus Titan und eine Beilagscheibe. Behandlung und Genesung dauern noch an.

Die gegnerische Rechtsanwaltskanzlei erklärte sich auf mehrmaliges Bitten bereit, die Betriebshaftpflicht zu benennen und bestreitet jedwede Verantwortung Ihrer Mandantschaft. Vielmehr versucht sie, unserem Mandanten die Schuld in die Schuhe zu schieben, da dieser das Gerät, welches angeblich völlig ungefährlich sei, falsch bedient habe.

Unser Rechtstipp:

1. Haftungsfragen in Fitness-Studios müssen vorab und möglichst schriftlich geklärt werden. Sogenannte Freizeichnungsklauseln können der Prüfungsfolge der §§ 305 ff. BGB (AGB-Recht) unterfallen und u.U. unwirksam sein, wenn sie den Vertragspartner ein zu hohes Risiko aufbürden oder einsteig benachteiligen.

2. Achten Sie darauf, dass, sollten sie Unterschiften leisten, von den jeweiligen  Papieren Ihnen eine Kopie ausgehändigt wird. Ob und inwieweit AGB oder Vertragsbedingungen im Studio selbst angebracht waren, ist beweistechnisch im Nachhinein schwer zu klären.

3. Vertrauen Sie nicht auf Werbung „ins Blaue hinein": Auch EMS-Training mit Muskelkontraktionen durch Reizstrom, ist ein körperlicher Eingriff, der von dem einen vertragen wird, von dem anderen nicht. Sprechen Sie hier vorher mit Ihrem Hausarzt bzw. mit Ihrem Orthopäden.

4. Der Sie betreuende Rechtsanwalt, welcher bemüht sein wird, Ihnen Schmerzensgeld und Schadensersatz zu sichern, ist darauf angewiesen, dass hier ein Aufklärungsverschulden vorliegt und der Mandant nicht über die eigentlichen Risiken informiert wurde. Auch ist zu beachten, dass ein Schaden am Gerät selbst vorliegen kann, welches dann aus § 1 ProdukthaftungsG eine Haftung begründen kann. Stellen Sie also Fragen nach dem technischen Stand, der Ihnen vorgesetzten Geräte.

5. Im vorliegenden Fall kam es auch zu einem sog. Mangelfolgeschaden, da der Verletze seinen Handwerksbetrieb schließen musste und somit einkommenslos wurde und einen Mitarbeiter entlassen musste.

Sollten Sie ähnliche Vorfälle in EMS-Trainingsstudios erlebt haben, wären wir für einen kurzen Hinweis sehr dankbar; dies gilt auch für Kollegen.