Menschenrecht auf diskriminierungsfreie Bildung

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Einrichtung von Antidiskriminierungsstellen für Schulen

Die fehlende Chancengleichheit von Migrantenkindern an Deutschlands Schulen ist nach wie vor ein ungelöstes Problem. Die Politik scheint überfordert bzw. nicht interessiert zu sein. Dr. Seyed S. Iranbomy, Rechtsanwalt für Schul- und Antidiskriminierungsrecht, kennt die Lösung: Einrichtung von Antidiskriminierungsstellen für Schulen.

Der UN-Sonderbeauftragter Vernor Munoz bemängelte im Jahre 2009 die fehlende Chancengleichheit von Migrantenkindern im deutschen Bildungssystem. Seitdem hat sich an dieser verfassungswidrigen Ungleichbehandlung nicht viel getan, die Anstrengungen Deutschlands sind als mangelhaft zu bezeichnen. Nach wie vor stehen sie im Vergleich zu ihren deutschstämmigen Altersgenossen doppelt so häufig ohne Ausbildung oder Abitur da und fühlen sich rassistisch benachteiligt.

Seyed Shahram Iranbomy
Partner
seit 2006
Rechtsanwalt
Bockenheimer Landstr. 17-19
60325 Frankfurt
Tel: 069 - 150 28 26 4
Web: http://www.iranbomy.com
E-Mail:
Arbeitsrecht, Recht anderer Staaten Dubai, Strafrecht, Internationales Familienrecht, Recht anderer Staaten Iran

Dabei stammt das Recht auf diskriminierungsfreie Bildung als Menschenrecht (Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen) aus dem Jahr 1948. Im Laufe der Jahre wurde es im Sinne eines kulturellen Menschenrechtes gemäß Artikel 13 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) noch erweitert.

Das Recht auf diskriminierungsfreie Bildung gilt als eigenständiges kulturelles Menschenrecht und ist ein zentrales Instrument, um die Verwirklichung anderer Menschenrechte zu fördern. Es thematisiert den menschlichen Anspruch auf freien Zugang zu Bildung, Chancengleichheit und das Schulrecht. Dahinter steckt der Gedanke, dass Bildung sehr wichtig ist für die Fähigkeit des Menschen, sich für die eigenen Rechte einzusetzen und sich im solidarischen Einsatz grundlegender Rechte anderer zu engagieren.

Deutschland hat den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte am 9. Oktober 1968 unterzeichnet. Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist das Recht auf diskriminierungsfreie Bildung zwar nicht ausdrücklich normiert, ergibt sich jedoch im Zusammenhang mit anderen Grundrechten. Unterm Strich ist es verfassungsrechtlich verboten, Menschen wegen des Geschlechtes, der Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, des Glaubens, der religiösen oder politischen Anschauungen oder einer Behinderung beim Erwerb von Bildung zu benachteiligen oder zu bevorzugen.

Wie auch der aktuelle Bildungsbericht zeigt, wird dieses Verbot nicht flächendeckend eingehalten. Aufgrund dieser negativen Erfahrungen verändert sich das Gerechtigkeitsempfinden – vor allem bei den Betroffenen. Diese individuellen negativen Erfahrungen mit direkter und indirekter Diskriminierung verursachen gesellschaftliche Veränderungen und Widerstände, bis hin zum zivilen Ungehorsam oder gar Schulverweigerung. Das wiederum führt bei den Betroffenen zu Perspektiv- und Orientierungslosigkeit. Immer häufiger geraten dann gerade solche Jugendliche in die Fänge extremistischer Gruppierungen, wo ihnen ein vermeintlicher Ersatz geboten wird für die Gemeinschaft, zu der sie sich nicht zugehörig fühlen, weil sie benachteiligt wurden.

Solche und ähnliche Nebenwirkungen, die resignierend wirken oder sogar zum Rückzug aus dem öffentlichen Leben führen, werden bislang kaum bis gar nicht berücksichtigt. Dabei ist es notwendig, die immerwährenden multikulturellen gesellschaftlichen Änderungen zu beobachten, zu analysieren und die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen. Es ist praktisch kaum vorstellbar, dass Diskriminierung ohne Monitoring bekämpft werden kann. Daraus resultiert: Wer bei Diskriminierung untätig bleibt, trägt im Grunde auch zur Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bei.

Vor allem die Einrichtung von Antidiskriminierungsstellen für Schulen hat einen spürbaren Einfluss auf den Integrationsprozess und dient somit der Veränderung und Verfestigung der Sicherheit und Ordnung in der modernen „repräsentativen Parteiendemokratie“. Bewerkstelligt wird dies durch die Aktivierung und Stärkung des Selbsthilfe- und Handlungspotenzials der Betroffenen gegen deren erlebte Ungleichbehandlung im Alltag als Element der partizipatorischen Demokratie. So könnten Ungleichbehandlungen vor Ort angegangen und zugleich dokumentiert werden. Das fördert nicht nur die Früherkennung radikaler Entwicklungen in den Schulen, sondern hilft auch, diese greifbar und sichtbar zu machen für Presse, Politik und andere Entscheidungsträger.

So würden Diskriminierungsfälle auch einen nicht manipulierten Weg in die Öffentlichkeit finden und zu Debatten anstoßen, die bereits überfällig sind. Durch die Aufnahme und die Veröffentlichung der Diskriminierungsfälle würden neue Impulse für die Auseinandersetzung mit dem Problem geschaffen werden, sowohl bei Tätern als auch bei Opfern. Die Veröffentlichung von Diskriminierung ist daher nicht nur vertikal von besonderem Interesse, sondern auch auf horizontaler Ebene.

Das Menschenrecht auf diskriminierungsfreie Bildung gibt Zukunftschancen. Damit steht und fällt der langfristige Wohlstand eines Landes.

Dr. Dr. Iranbomy
Rechtsanwalt ohne Grenzen
Antidiskrimierungsechtsanwalt für Familienrecht in Frankfurt - Islamexperte
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