Waffenrecht: Deutschland rüstet auf

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Was Sie über Waffenscheine und den Besitz, Erwerb und das Mitführen von Waffen wissen müssen

In den vergangenen Monaten wurden vermehrt "Kleine Waffenscheine" beantragt. Doch was beinhalten diese überhaupt, wer darf sie haben und was unterscheidet sie vom großen, normalen Waffenschein? Ein Gespräch von 123recht.de mit Rechtsanwalt Nicolas Reiser über Waffen, Waffenscheine, Messer, Luftgewehre und Panzer.

123recht.de: Herr Reiser, was ist der Kleine Waffenschein und wofür braucht man den, wenn Schreckschusspistolen doch sowieso frei verkäuflich sind?

Nicolas Reiser
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Rechtsanwalt Reiser: Der Kleine Waffenschein berechtigt zum "Führen" dieser Art von Waffen (Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen). Das bedeutet, dass sie auch außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen umfriedeten Besitzes - z.B. dem umzäunten Garten - mitgeführt werden dürfen. Der Erwerb dieser Waffen ist tatsächlich ohne Erlaubnis gestattet. Wer diese Waffen also nur zu Hause haben möchte, benötigt den kleinen Waffenschein nicht.

Pfefferspray muss als "Tierabwehrspray" gekennzeichnet sein

123recht.de: Fällt Pfefferspray auch unter diese Art von Waffen?

Rechtsanwalt Reiser: Auch Pfefferspray fällt grundsätzlich unter das Waffenrecht. In Deutschland gibt es aber die Besonderheit, dass Pfefferspray, das als "Tierabwehrspray" gekennzeichnet ist, nicht als Waffe angesehen wird und somit legal mitgeführt werden darf. Ohne diesen Hinweis ist der Verkauf von Pfefferspray in Deutschland nicht erlaubt.

Anderes gilt für CS-Gas, das auch ohne diesen Hinweis ab 14 Jahren gekauft und geführt werden darf. Einen Waffenschein benötigen Sie für Pfefferspray allerdings nicht.

Wichtig ist noch, dass CS-Gas zwingend ein Prüfsiegel zur gesundheitlichen Unbedenklichkeit besitzen muss, sonst ist der Besitz verboten.

Übrigens ist es nicht erlaubt, Pfefferspray - egal welcher Art - und auch sonstige Waffen bei Demonstrationen mit sich zu führen.

123recht.de: Wer darf den Kleinen Waffenschein haben?

Rechtsanwalt Reiser: Grundsätzlich gelten die gleichen Voraussetzungen, wie für den "großen" Waffenschein, mit der Ausnahme, dass kein Bedürfnis, keine Sachkunde und keine Haftpflichtversicherung nachgewiesen werden müssen. Voraussetzungen sind damit:

  • Volljährigkeit
  • Zuverlässigkeit: Das betrifft insbesondere Vorstrafen und Lebenswandel wie z.B. Mitgliedschaft in verbotenen Organisationen o.Ä.
  • Persönliche Eignung: Hier geht es um Geschäftsfähigkeit, Drogen- oder Alkoholabhängigkeit und psychische Erkrankungen.

123recht.de: Was passiert, wenn man keinen Schein hat, aber Waffen bei sich führt, für die ein kleiner Waffenschein erforderlich ist?

Rechtsanwalt Reiser: Keine gute Idee: Hier würde eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe und der Einzug der Waffe drohen.

Der große Waffenschein betrifft die scharfen Waffen

123recht.de: Wofür ist der große Waffenschein?

Rechtsanwalt Reiser: Der so genannte große Waffenschein betrifft die scharfen Waffen und die Erlaubnis, diese außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen umfriedeten Besitzes, z.B. dem umzäunten Garten, mitzuführen.

123recht.de: Wann ist eine Waffe scharf? Ist ein Luftgewehr auch scharf?

Rechtsanwalt Reiser: Dies ist kein rechtlich definierter Begriff. Meist werden so Schusswaffen bezeichnet, bei denen Geschosse durch einen Lauf getrieben werden. Aber auch Schreckschusswaffen ohne entsprechende Prüfsiegel unterliegen ggf. den Regeln für solche "scharfen" Waffen.

Ein Luftgewehr unterfällt anderen Regeln und würde daher nicht als scharfe Waffe bezeichnet werden. Luftgewehre dürfen in Deutschland nicht geführt werden. Sie dürfen nur in Schießständen o.Ä. genutzt werden, wobei die Waffen über eine besondere Zulassung verfügen müssen. Der Besitz und Erwerb ist Volljährigen ohne Erlaubnis gestattet.

123recht.de: Sie sprachen bereits die gehobenen Anforderungen des Waffenscheins im Vergleich zum Kleinen Waffenschein an. Welche Voraussetzungen muss man erfüllen?

Rechtsanwalt Reiser: Für den normalen Waffenschein sind zusätzlich zu den Voraussetzungen für den Kleinen Waffenschein noch die folgenden Voraussetzungen zu erfüllen:

  • Sachkunde: Diese kann über Prüfung oder besondere Tätigkeiten oder Ausbildungen erlangt werden.
  • Bedürfnis: Es müssen besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen nachgewiesen werden. Dieses Bedürfnis wird in Deutschland sehr streng gehandhabt. Darüber hinaus muss die Waffe für diesen Zweck auch geeignet sein.
  • Es muss eine Haftpflichtversicherungen für den beabsichtigten Zweck nachgewiesen werden.

Wer eine Waffe trägt, muss den Waffenschein bei sich führen

123recht.de: Wo kann man Waffenscheine beantragen?

Rechtsanwalt Reiser: Zuständig für die Erteilung der Waffenscheine sind die Ordnungsbehörden. Welche genau das sind, kann in den jeweiligen Bundesländern unterschiedlich geregelt sein.

123recht.de: Muss man den Waffenschein immer bei sich tragen?

Rechtsanwalt Reiser: Ja! Wer eine Waffe mit sich führt, muss sowohl den Waffenschein als auch einen Personalausweis bei sich haben.

123recht.de: Was ist, wenn mein Vater der Jäger verstirbt und ich seine Waffen erbe, darf ich die behalten, obwohl ich keinerlei offizielle Berechtigung habe?

Rechtsanwalt Reiser: Zunächst muss man in diesem Fall unverzüglich der Behörde anzeigen, dass man Zugang zu einer Waffe erlangt hat. Darüber hinaus muss innerhalb eines Monats nach Annahme der Erbschaft eine Waffenbesitzkarte beantragt werden. Sollte auch das Führen der Waffe beabsichtigt sein, muss natürlich ein Waffenschein beantragt werden.

Bei Messern kommt es auf die Klinge an

123recht.de: Was ist mit Messern und Klappmessern, Luftgewehr und ähnlichem, welche Regelungen gelten hier?

Rechtsanwalt Reiser: Messer sind ein schwieriges Thema im Waffenrecht. Die Regelungen sind nicht immer eindeutig. Verboten sind jedenfalls z.B. Butterflymesser und Springmesser, hier hilft auch kein Waffenschein. Bei anderen Messern kommt es wie so oft auf die Details an. Auf die Klingenlänge, auf die Feststellbarkeit der Klinge, auf den Zweck des Führens.

123recht.de: Was ist, wenn man sich eine Waffe selber baut?

Rechtsanwalt Reiser: Da gibt es keinen großen Unterschied - in der Regel geht es um das Führen, den Umgang und den Besitz von Waffen. Der Erwerb ist dem regelmäßig gleich gestellt, so dass der Eigenbau mit Besitz und Führen geregelt ist.

Waffen müssen sicher weggeschlossen gelagert werden

123recht.de: Die Pistole im Nachttisch zur Einbrecherbekämpfung? Welche Sicherheitsbestimmungen der Verwahrung sind zu beachten?

Rechtsanwalt Reiser: Das Waffengesetz schreibt eine Aufbewahrung in verschlossenen Behältnissen vor, die einen bestimmten Widerstandsgrad (gegen das Öffnen) haben, ein Nachttisch dürfte dem in der Regel nicht entsprechen.

123recht.de: Früher gab es noch Wurfsterne, die sind heute verboten. Was für Waffen sind mittlerweile eigentlich noch verboten und dürfen auch nicht mit Waffenschein erworben oder geführt werden?

Rechtsanwalt Reiser: Das Führen diverser Messer wie Butterfly-, Springmesser und Messer mit einer Klingenlänge über 12cm ist mittlerweile verboten. Gleiches gilt für Totschläger, Schlagringe oder Wurfsterne. Generell verboten sind auch Kriegswaffen. Die Liste ist aber noch sehr viel länger.

123recht.de: Apropos Kriegswaffen. Darf ich einen Panzer in meinen Garten stellen?

Rechtsanwalt Reiser: Vorweg – eine Zulassung für Privatpersonen eines Panzers ist in Deutschland in der Regel nicht mehr möglich, so dass das Fahren auf öffentlichen Straßen verboten ist. Für die Überführung bedarf es einer Genehmigung. Darüber hinaus muss der Panzer vorher fachgerecht demilitarisiert werden, damit er nicht mehr unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fällt und es müssen u.U. weitere Umbauten vorgenommen werden, die es z.B. der Polizei bei einem Missbrauch des Panzers ermöglicht, eine Weiterfahrt zu verhindern. Nicht zu vergessen ist auch, dass ab einem bestimmten Alterszustand die abfallrechtlichen Regelungen zu beachten sind. Hier ist insbesondere an Altöl zu denken. Hier droht sonst ebenfalls eine Strafe.

123recht.de: Gibt es eigentlich einen europäischen Waffenschein?

Rechtsanwalt Reiser: Nein. Es gibt lediglich einen europäischen Feuerwaffenpass, der unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, (legal geführte) Schusswaffen in ein anderes Land mitzunehmen. Der Erwerb oder Besitz ist hierin jedoch nicht geregelt.

123recht.de: Vielen Dank Herr Reiser.

Leserkommentare
von peterarmin am 09.02.2017 18:45:21# 1
Zum letzten Absatz - EU-Feuerwaffenpass : berechtigt zum Einführen einer legal geführten Waffe in ein anderes (EU -)Land . Der Besitz und Erwerb ist nicht geregelt. Genau diese halbe Auskunft bekommt man auch bei den zuständigen Behörden. Mehr können auch die nicht sagen ! Nur : ich habe eine österr. Waffenbesitzkarte und einen in Österreich ausgestellten europäischen Feuerwaffenpass, mittels dem ich meine Waffe nach Deutschland einführen darf. In dem Moment, wo ich sie bei mir habe, auf meinem deutschen Wohnsitz, in meinem deutschen Auto, dann BESITZE ich diese Waffe. Also : ich darf sie nach Deutschland mitnehmen, aber der Besitz, im Haus (z, B.) ist nicht geregelt ? Was soll das ? Andererseits : wenn der Besitz nicht geregelt ist, dann kann er auch nicht verboten sein, denn ein Verbot ist genau so eine Regelung wie eine ausdrückliche Erlaubnis. Gibt es nun dazu eine wirklich definitive gesetzliche Regelung oder nicht ?
    
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