Betrug im Internet - diese Maschen sollten Sie kennen

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Eingehungsbetrug, Leistungsbetrug, Vorschussbetrug - Wie können sich Internetnutzer vor Onlinebetrug schützen?

Das Internet bietet für alles tolle neue Möglichkeiten. Sei es für Informationssuche, Warenkauf, Freunde finden usw. Leider tummeln sich im Internet aber auch viele Leute, die nur unser Bestes wollen - nämlich unser Geld. Werden Sie nicht so leicht Opfer eines Betrugs und wehren Sie sich, wenn Sie Opfer von Abzocke im Internet geworden sind. 123recht.de fragte Rechtsanwalt Christian D. Franz zu den verbreitetsten Betrugsmaschen, Chancen für Betrogene und die Nigeria Connection.

Die häufigsten Betrugsarten sind der Eingehungsbetrug und der Leistungsbetrug

123recht.de: Herr Franz, Was sind die gängigsten Betrugsarten, die im Internet genutzt werden?

Rechtsanwalt Franz: Zu den beiden großen "Klassikern" des Internetbetruges gehören der Eingehungsbetrug und der Leistungsbetrug. Beide Betrugsarten geschehen besonders häufig im Onlinehandel sowie auf der Versteigerungsplattform Ebay.

Christian D. Franz
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Rechtsanwalt
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Tel: 069-348742380
Web: https://kanzlei-franz.com
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Vertragsrecht, Kaufrecht, Zivilrecht, Internet und Computerrecht

Beim Eingehungsbetrug hat es das Opfer mit einem Vertragspartner zu tun, der von Anfang an nicht leistungswillig ist. So überweist das Opfer etwa den vereinbarten Kaufpreis, um die Ware zu erhalten. Trotz Überweisung muss das Opfer indes feststellen, dass die gekaufte und bezahlte Ware niemals ankommt.

Beim Leistungsbetrug wird das Opfer dagegen dadurch geschädigt, dass eine minderwertige Leistung erbracht wird. Die bestellte Markenware erweist sich als Fälschung, das Handy gehört zur Vorgänger-Generation, die Kaufsache hat verborgene Mängel etc.

Beim Vorschussbetrug leistet der Käufer einen Vorschuss für etwas, das es gar nicht gibt

123recht.de: Häufig fällt in diesem Zusammenhang der Begriff Vorschussbetrug, was ist das?

Rechtsanwalt Franz: Der "Vorschussbetrug" ist kein gesondertes Delikt, sondern beschreibt eine bestimmte Art und Weise der Betrugsbegehung.

Der Vorschussbetrug setzt auf die Gutgläubigkeit der Opfer und funktioniert im Kern stets nach folgendem Schema:

Das Opfer wird per E-Mail oder Fax angeschrieben. In dem Schreiben werden dem Opfer verlockende Geldsummen in Aussicht gestellt. Oft geht es hier um angebliche Erbschaften eines entfernten Verwandten oder um hinterlegte Bankguthaben.

Um an das Geld zu gelangen, müsse das Opfer jedoch zunächst selbst Geld überweisen (oft via Western Union). Dieses Geld ist vorgeblich für Bankgebühren, Ausfuhrzölle, Steuern, Verwaltungskosten usw. bestimmt.

Sobald das Opfer zahlt, schnappt die Falle zu. Mit neuerlichen Begründungen wird das Opfer immer wieder um Geld gebeten, um die Leistung zu erhalten. Dieses "Spiel" geht für die Täter so lange gut, bis das Opfer den Betrug erkennt und Zahlungen einstellt.

Auf Sitz des Unternehmens achten und Paypal nutzen

123recht.de: Wie kann ich mich vor Betrug schützen? Gibt es Anhaltspunkte, auf die ich achten kann?

Rechtsanwalt Franz: Die meisten Betrugsdelikte geschehen beim Onlinekauf. Bei Benutzung der Auktionsplattform Ebay sollte jeder Käufer die Möglichkeit nutzen, den Kaufpreis über Paypal zu begleichen.

Falls die Ware nicht geliefert wird oder nicht der geschuldeten Ware entspricht, hat Paypal ein weitreichendes System des Käuferschutzes.

Falls eine Zahlung per Paypal nicht möglich ist, etwa bei privaten Verkäufern, so geschieht eine Vorauszahlung des Kaufpreises stets auf eigenes Risiko. Eine getätigte Überweisung kann bei der Bank nicht widerrufen werden. Vor einer Überweisung sollte der Käufer sich daher genauer mit der Person des Verkäufers befassen, insbesondere mit dessen einsehbaren Bewertungen.

Bei kleineren Online-Shops sollten Käufer zusätzlich stets auf den Sitz des Unternehmens achten. Hilfreich bei der Auswahl "sicherer" Shops sind weiterhin seriöse Gütesiegel (Ekomi, Trusted Shops, usw.).

123recht.de: Wie gehe ich vor, wenn ich Opfer von Abzocke im Netz bin?

Rechtsanwalt Franz: Der erste Weg sollte stets zur Polizei führen, um eine Strafanzeige wegen Betruges aufzugeben. Je nach Schadenssumme sollte sodann ein Rechtsanwalt mit der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche beauftragt werden (Rückzahlung, Schadensersatz, usw.).

Betroffene Internetnutzer sollten zwingend zur Polizei gehen

123recht.de: Aber lohnt sich der Gang zu Polizei? Kann man den Täter überhaupt ermitteln? Wie funktioniert das in der Praxis?

Rechtsanwalt Franz: Durch polizeiliche Maßnahmen kann ein Täter recht häufig identifiziert werden. Die meisten Betrugsdelikte werden nämlich keineswegs von professionellen Banden aus dem Ausland begangen.

Häufig sitzen die Täter im Inland und spekulieren darauf, dass ihre Taten nicht aufgeklärt werden können und die Identität verborgen bleibt. Über die verwendeten Bankkonten, Ebayaccounts, Internet- und Telefonanbieter können die Täter allerdings ohne großen Aufwand dingfest gemacht werden.

Bei Tätern aus dem Ausland kann eine Strafverfolgung schwierig sein

123recht.de: Gibt es Besonderheiten, wenn der Betrüger im Ausland sitzt?

Rechtsanwalt Franz: Taten, die aus dem Ausland heraus in Deutschland begangen werden, haben oft einen professionellen Hintergrund. Schon allein deshalb ist eine Aufklärung meist schwierig bis unmöglich, da die Täter ihre Identitäten verschleiern. So werden etwa verwendete Bankkoten in aller Regel mit falschen Ausweispapieren angelegt sein.

Nicht professionelle Täter können natürlich auch im Ausland identifiziert werden. Die eigentliche Schwierigkeit besteht hier allerdings darin, die ausländischen Behörden zu Ermittlungsmaßnahmen zu bewegen. Hierfür haben die deutschen Behörden ein Rechtshilfeersuchen zu stellen. Ob, wann und wie schnell dieses Ersuchen sodann auch tatsächlich bearbeitet wird, ist von Land zu Land verschieden.

Sobald die Identität des ausländischen Täters bekannt ist, kann gegen den Täter auch zivilrechtlich vorgegangen werden. Die Klage kann sowohl in Deutschland nach deutschem Recht oder aber im Ausland nach dem jeweiligen Landesrecht erfolgen.

123recht.de: Welche Strafen drohen den Betrügern, die Zahl der Geschädigten kann ja schnell sehr hoch werden?

Rechtsanwalt Franz: Bei einem "einfachen" Betrug sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder eine Geldstrafe vor.

Falls der Täter gewerblich handelt, erhöht sich der Strafrahmen auf eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren.

Im Falle eines bandenmäßigen Betruges ordnet das Gesetz sodann eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe an.

123recht.de: Ein Klassiker besteht nun mittlerweile seit über 30 Jahren, die Nigeria-Connection. Worum geht es dabei?

Rechtsanwalt Franz: Die Nigeria-Connection hat sich Ihren Ruf vornehmlich mit dem bereits erwähnten Vorschussbetrug erarbeitet.

Der Name "Nigeria-Connection" ist dabei dem Umstand geschuldet, dass Nigeria in den 80er und 90er Jahren ein Haupttatort dieser Delikte war. Der Vorschussbetrug hat es daher sogar als eigenes Delikt in das nigerianische Strafgesetzbuch geschafft (§ 419).

Mit immer wieder neuen, teilweise äußerst einfallsreichen Maschen schafft es die Nigeria-Connection bis heute, Opfern überall auf dem Erdball Millionenbeträge zu entlocken. Viele werden mittlerweile wohl den "Nigerianischen Prinzen" kennen, der in eine akute Notsituation gelangt ist und per E-Mail um finanzielle Hilfe bittet. Natürlich werde das Geld um ein Vielfaches zurückgezahlt, sobald der Prinz von seiner kurzfristigen Not befreit ist… .

Andere Betrugsmaschen der Nigeria-Connection sind freilich weniger plump und schwerer zu erkennen.

Beim Scam Baiting geht man zum Schein auf den Betrug ein

123recht.de: Was versteht man unter „Scam Baiting“? Klingt nach etwas aus dem Angelsport.

Rechtsanwalt Franz: Beim "Scam Baiting" lässt sich das potenzielle Opfer auf das "Spiel" des Täters ein. Das Opfer erkennt den versuchten Betrug, zeigt dies dem Täter jedoch nicht. Der Täter bleibt so in dem Glauben, ein zahlungswilliges Opfer an der Angel zu haben. In Wirklichkeit ist indes der Täter der "zappelnde Fisch“.

Die meisten "Scam Baiter" versuchen lediglich, den Täter ein wenig an der Nase herumzuführen. Durch immer neue Nachfragen zum Geschäft oder der Transaktion soll die Zeit des Täters vergeudet werden. Oft wird die Kommunikation nachträglich veröffentlicht, insbesondere in eigens hierfür geschaffenen Internetforen.

Andere "Scam Baiter" wiederum versuchen, dem Täter möglichst viele Informationen zu entlocken, um diese sodann an die Strafverfolgungsbehörden weiterzuleiten. Das Ziel besteht insoweit darin, an der Überführung des Täters mitzuwirken.

Betroffene sollten auch auf ihr Bauchgefühl achten

123recht.de: Haben Sie noch abschließende Tipps, um nicht auf die zahlreichen Fallen im Netz hereinzufallen?

Rechtsanwalt Franz: Auch im Internet bietet ein gesundes Bauchgefühl den sichersten Schutz. Sollte der Vertragspartner nicht vollständig vertrauensvoll erscheinen oder ist ein Angebot zu gut, um wahr zu sein, so sollte man auf das Geschäft guten Gewissens verzichten.

123recht.de: Vielen Dank!