Alkohol am Steuer, das wird teuer!

Mehr zum Thema: Experteninterviews, Alkohol, Trunkenheitsfahrt, MPU, Fahrverbot, Führerscheinentzug, Blutalkohol
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Blutalkohol, Restalkohol, Fahrverbot, Führerscheinentzug und MPU - die Folgen einer Trunkenheitsfahrt

Die Stimmung steigt, die Hemmschwelle sinkt. Eigentlich fühle ich mich noch fahrtauglich. Das böse Erwachen: Verkehrskontrolle, Lappen weg! Rechtsanwalt Beyer beantwortet im Interview mit 123recht.de die wichtigsten Fragen zum Thema Alkohol und Führerschein.

Für Fahranfänger gelten niedrigere Grenzwerte

123recht.de: Herr Beyer, welche Promillegrenzen gelten denn aktuell in Deutschland, oder anders gefragt: Ab wie viel Promille ist der Führerschein wie lange weg?

Marcus Beyer
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Rechtsanwalt Beyer: Die aktuellen Promillegrenzen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

0,2 Promille

Dieser Grenzwert hat für diejenigen Bedeutung, denen die Fahrerlaubnis lediglich auf Probe (§§ 2a-2e StVG) erteilt wurde und/oder für Fahrer unter 21 Jahren.

Grundsätzlich legt das Gesetz in § 24 c StVG ein absolutes Alkoholverbot für Fahranfänger, also Personen in der Probezeit oder vor Vollendung des 21. Lebensjahres, fest. Da eine Sanktionierung der Tat jedoch nur dann erfolgen kann, wenn die Fahrt unter der Wirkung von alkoholischen Getränken angetreten wurde, und eine solche Wirkung nach medizinischen Erkenntnissen überhaupt erst ab einem Wert von 0,2 Promille mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden kann, bleiben geringere BAK-Werte in der Regel straflos.

Es sei jedoch vor dem Versuch gewarnt, sich an diesen Grenzwert "heranzutrinken". Bereits geringe Mengen Alkohol wie 0,25 l Bier oder 0,05 l Wein können den 0,2 Promille-Wert übersteigen.

Ein erstmaliger Verstoß hat grundsätzlich 250 € Bußgeld und 1 Punkt im Fahreignungsregister zur Folge. Außerdem wird die Probezeit um 2 Jahre verlängert und die zuständige Fahrerlaubnisbehörde ordnet die Teilnahme an einem Aufbauseminar für alkoholauffällige Fahrerlaubnisinhaber an. Die Nichtabsolvierung dieses Aufbauseminars führt zum Entzug der Fahrerlaubnis.

0,3 Promille

Ab diesem Wert kommt eine relative Fahruntüchtigkeit in Betracht. Strafrechtliche Sanktionen drohen ab diesem Grenzwert immer dann, wenn alkoholbedingte Ausfallerscheinungen bzw. Fahrfehler hinzukommen.

Strafrechtliche Folgen einer solchen Tat können Geld- oder Freiheitsstrafe, Fahrverbot oder Entzug der Fahrerlaubnis sein. Außerdem werden 3 Punkte im Fahreignungsregister eingetragen.

0,5 Promille

Wird der Führer eines Kraftfahrzeugs (dazu zählen auch Elektroroller bzw. E-Scooter), ohne weitere Ausfallerscheinungen, mit einem BAK-Wert von 0,5 - 1,09 Promille angetroffen, so wird gegen ihn ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 24a StVG eingeleitet. Bei Ersttätern drohen dann 500 € Bußgeld, 2 Punkte im Fahreignungsregister sowie 1 Monat Fahrverbot. Bei Wiederholungstätern drohen bis zu 1.500 € Bußgeld und 3 Monate Fahrverbot.

Anstelle einer Bestimmung der Blutalkoholkonzentration genügt hier auch eine Atemalkoholmessung mit mindestens 0,25 mg/l für die Verwirklichung des Tatbestandes.

1,1 Promille

Ab diesem Wert spricht man von absoluter Fahruntüchtigkeit. Im Gegensatz zur relativen Fahruntüchtigkeit, bei der neben der Alkoholisierung noch weitere alkoholbedingte Ausfallerscheinungen hinzutreten müssen, wird bei einem Wert ab 1,1 Promille die Fahruntüchtigkeit unwiderleglich vermutet. Danach kann sich ein Fahrzeugführer nicht mit der Behauptung entlasten, trotz des Alkoholkonsums noch sicher gefahren zu sein. der Tat drohen 3 Punkte im Fahreignungsregister, Geld- oder Freiheitsstrafe und ein Entzug der Fahrerlaubnis.

1,6 Promille

Wird dieser Grenzwert erreicht, so ist vor Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zwingend eine Medizinisch-Psychologische-Untersuchung ( MPU ) durch die Führerscheinbehörde anzuordnen. Auch unterhalb dieses Wertes ist eine Anordnung der MPU möglich, sofern gegen den Betroffenen bereits ein weiterer Eintrag wegen Alkohol- oder Drogendelikten besteht oder die Fahrerlaubnisbehörde berechtigte Zweifel an der Fahreignung darlegen kann. Solche Zweifel können z.B. bei Depressionen, Medikamentenmissbrauch oder dem Verdacht auf eine übermäßige Alkoholgewöhnung aufkommen..

In der Regel ist der Blutalkoholwert ausschlaggebend

123recht.de: Was ist denn der Unterschied zwischen Blutalkohol und Atemalkohol, warum sind diese Werte oft so unterschiedlich, und welcher Wert ist relevant?

Rechtsanwalt Beyer: Die Atemalkoholkonzentration bezeichnet die Konzentration des Gases Ethanol in der Atemluft. Sie wird grundsätzlich in der Maßeinheit Milligramm pro Liter Atemluft (mg/l) angegeben. Blutalkohol wird dagegen in Gewichtsangaben als Gramm pro Kilogramm Blut (g/kg) angegeben, dieser Wert wird dann als "Promillewert" bezeichnet.

Da sich beide Werte in Abhängigkeit von Trinkmenge und Trinkende unterschiedlich schnell abbauen, ist eine exakte Umrechnung von Atemalkohol in Blutalkohol kaum möglich. Als Faustformel kann man sich jedoch merken, dass der Wert der Atemalkoholkonzentration in mg/l ungefähr die Hälfte der Blutalkoholkonzentration beträgt. 0,5 mg/l Atemalkohol entsprechen also ca. 1,0 g/kg Blutalkohol oder 1,0 Promille.

Für eine Verurteilung im Strafverfahren wird in der Praxis ganz überwiegend auf den Promillewert, also auf das Ergebnis der Blutprobe abgestellt. Nur in Ausnahmefällen wird ein Urteil auf den Atemalkoholwert oder feststehende Trinkmengen gestützt. Dagegen ist im Bußgeldverfahren, also bei Verstößen gegen die 0,5 Promille-Grenze, kein Nachweis mittels Blutprobe erforderlich. Hier genügt bereits eine mit einem geeichten Messgerät festgestellte Atemalkoholkonzentration von 0,25 mg/l, da dieser Wert umgerechnet 0,5 Promille entspricht.

123recht.de: Kann der Führerschein auch betrunkenen Radfahrern entzogen werden?

Rechtsanwalt Beyer: Ja! Wer mit 1,6 Promille oder mehr ein Fahrrad im öffentlichen Straßenverkehr fährt, macht sich nach § 316 StGB wegen Trunkenheit im Verkehr strafbar. Der Entzug der Fahrerlaubnis erfolgt in solchen Fällen zwar nicht im eigentlichen Strafverfahren, weil die hier maßgebliche Ermächtigungsnorm § 69 StGB nur Kraftfahrzeuge, nicht jedoch auch Fahrräder erfasst. Allerdings erhält die zuständige Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig Nachricht über die Trunkenheitsfahrt und leitet daraufhin ein Entziehungsverfahren wegen Eignungszweifeln gegen den Betroffenen ein.

Achtung! Bei Alkoholfahrten mit Elektrorollern bzw. E-Scootern gelten dieselben Grenzwerte wie bei Kraftfahrzeugen. Dementsprechend droht eine Bestrafung bereits ab 0,3 Promille, sofern alkoholbedingte Ausfallerscheinungen vorliegen. Darüber hinaus droht auch bei einer Rollerfahrt ab 1,6 Promille die Anordnung einer MPU.

Ein Fahrverbot ist nur temporär

123recht.de: Was ist der Unterschied zwischen einem Fahrverbot und der Entziehung der Fahrerlaubnis?

Rechtsanwalt Beyer: Bei einem Fahrverbot verliert man nicht seine Fahrerlaubnis, sondern darf sie nur für einen Zeitraum von 1-3 Monaten nicht nutzen.

Die weitaus schwerwiegendere Maßnahme ist der Entzug der Fahrerlaubnis. Bei einem Entzug erlischt die Fahrerlaubnis vollständig. Der Betroffene hat dann nach Ablauf einer vom Gericht festgesetzten Sperrzeit, oder bei behördlichen Entziehungsverfahren frühestens nach 6 Monaten die Möglichkeit, bei der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde einen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis zu stellen. Diese Wiedererteilung wird in vielen Fällen, z.B. bei zuvor festgestellter Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille oder nachgewiesenem Drogenkonsum, vom Bestehen einer MPU abhängig gemacht.

123recht.de: Der so genannte Idiotentest. Gibt es noch andere Fälle für die MPU?

Rechtsanwalt Beyer: In einem medizinisch-psychologischen Gutachten werden bestehende Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen untersucht. Die konkreten Untersuchungen und Anforderungen richten sich nach dem jeweiligen Grund des vorherigen Fahrerlaubnisentzuges. So muss z.B. ein Betroffener, dem die Fahrerlaubnis wegen nachgewiesenem Amphetaminkonsum entzogen wurde, regelmäßig über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten einen sog. Abstinenznachweis erbringen, bevor er die MPU erfolgreich bestehen kann.

123recht.de: Wenn ich die Fahrerlaubnis nun abgeben muss, kann ich mir den Zeitraum selbst aussuchen?

Rechtsanwalt Beyer: Bei einer Entziehung der Fahrerlaubnis besteht diese Möglichkeit nicht, da bei behördlichen Entziehungsverfahren zumeist Sofortvollzug angeordnet wird und in Strafverfahren der Führerschein regelmäßig beschlagnahmt wird.

Bei einem Fahrverbot besteht grundsätzlich die Möglichkeit, mittels fristgerechtem Einspruch die Rechtskraft und somit den Zeitraum der Abgabe zu verzögern.Daneben haben all diejenigen Personen, bei denen in den letzten 2 Jahren vor dem Verstoß nicht bereits ein Fahrverbot verhängt wurde, zusätzlich die Möglichkeit, den Zeitraum um bis zu vier Monate nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung zu verzögern.

Unter Umständen können einzelne Fahrerlaubnisklassen vom Fahrverbot ausgenommen werden

123recht.de: Was raten Sie Berufskraftfahrern etc. die auf den Führerschein angewiesen sind, können die gegen das Fahrverbot vorgehen?

Rechtsanwalt Beyer: Nicht nur Berufskraftfahrern, sondern allen Personen, die beruflich auf ihr Fahrzeug angewiesen sind, kann ich nur empfehlen sich gegen ein Fahrverbot zu wehren. Der Gesetzgeber hat in § 4 Abs. 4 Bußgeldkatalogverordnung bewusst eine Ausnahme für so genannte Härtefälle vorgesehen. Gerade bei mehrmonatigen Fahrverboten sollte zumindest eine Reduzierung angestrebt werden.

Zusätzlich besteht bei bestimmten Berufsgruppen die Möglichkeit, einzelne Fahrerlaubnisklassen vom Fahrverbot auszunehmen. Auf diese Weise können wir einem Berufskraftfahrer dazu verhelfen, während eines Fahrverbotes weiterhin die Fahrerlaubnisklassen C1, C, C1E und CE führen zu dürfen. Auch Mitarbeitern von landwirtschaftlichen Betrieben kann sehr damit geholfen sein, während eines Fahrverbotes zumindest die Klassen L und T weiterhin zu nutzen.

Führerschein aus dem Ausland?

123recht.de: Der Lappen ist nun endgültig weg, dann mache ich doch einfach einen neuen im umliegenden Ausland, oder?

Rechtsanwalt Beyer: Die Zeiten des Führerscheintourismus sind wohl vorbei.Aktuell gilt, dass eine Fahrerlaubnis, die von einem EU-Staat ausgestellt worden ist, durch die zuständige deutsche Führerscheinstelle nicht anerkannt werden muss, wenn die ausländische Fahrerlaubnis während des Laufs einer deutschen Sperrfrist erteilt wurde. Wer mit einem solchen Führerschein ein fahrerlaubnispflichtiges Kraftfahrzeug führt, macht sich wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar.

Weiterhin erkennen deutsche Behörden eine ausländische Fahrerlaubnis nicht an, wenn sich aus den Eintragungen im Führerschein selbst ("Wohnort" mit deutscher Adresse) oder "aus anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen" ergibt, dass der Inhaber der Erlaubnis nicht mindestens 185 Tage im Jahr im Ausstellerstaat gewohnt hat ("Wohnsitzerfordernis").

In Anbetracht der drohenden Strafen für "Fahren ohne Fahrerlaubnis" kann ich nur jeden vor den unseriösen Versprechungen der Vermittler solcher EU-Führerscheine warnen.

123recht.de: Vielen Dank Herr Beyer.