Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht und deren Haftung

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Einmal mehr hat sich der BGH mit der elterlichen Aufsichtspflicht und den Konsequenzen für eine etwaige Haftung befassen müssen.

Der Entscheidung lag der Fall zu Grunde, dass ein fünf ein halb jähriges Kind und ein sieben jähriges Kind während einer ca. 40 minütigen Abwesenheit der Eltern den Spielplatz verließen und Autos mit Glasscherben zerkratzten.

Minderjährige Kinder können erst ab Vollendung des siebten Lebensjahres haftungsrechtlich belangt werden, wobei es für Schäden im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr grundsätzlich eine Erweiterung dieser Haftungsbeschränkung bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres gibt.

Insoweit ist die einzige Möglichkeit für den Geschädigten sich an die Eltern bzw. Aufsichtspflichtigen zu wenden, um einen Schaden ersetzt zu bekommen.

Im Rahmen der elterlichen Aufsichtspflichtverletzung wird das Verschulden der Eltern vermutet, soweit sie sich nicht entlasten können. Dabei bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsichtspflicht über Minderjährige nach dem Alter, der Eigenart und dem Charakter des Kindes, sowie nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Ereignisses und was den Eltern in der konkreten Situation zugemutet werden kann. Dabei bleibt festzuhalten, dass bei Kindern die zu üblen Streichen oder Straftaten neigen natürlich eine erhöhte Aufsicht geboten ist.

In diesem Zusammenhang entschied der BGH hinsichtlich den aufsichtspflichtigen Eltern des fünf ein halb jährigen Kindes, dass dieses zwar eine kurze Zeit ohne unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit und Aufsicht gelassen werden könne, da zu der Entwicklung des Kindes die Möglichkeit des Spielens und Aufenthaltes im Freien bestehen muss, ohne dass es auf Schritt und Tritt beaufsichtigt werden müsse. Allerdings gesteht die Rechtsprechung Kindern ab einem Alter von vier Jahren einen diesen Freiraum nicht unbegrenzt zu und fordert eine regelmäßige Kontrolle von etwa 15 – 30 Minuten um nicht den unbeteiligten Dritten ein ungleich hohes Risiko schädigenden Verhaltens durch minderjährige Kinder auszusetzen.

Insoweit durften die aufsichtspflichtigen Eltern des fünf ein halb jährigen Kindes das Kind nicht über einen Zeitraum von 40 Minuten unbeaufsichtigt lassen, weshalb Sie wegen dieser Aufsichtspflichtverletzung Schadensersatz zu leisten hatten.

In Bezug auf das sieben Jahre alte Kind gesteht die Rechtsprechung den Kindern und damit auch den Aufsichtspflichtigen bereits eine in größerem Maße bestehende Selbständigkeit zu, sodass hier keine regelmäßige Kontrolle in kurzen Zeitabständen mehr nötig ist, wenn das Kind normal entwickelt ist. So genügt es bei Kindern ab sieben Jahren, wenn sich die Eltern über das Tun und Treiben in groben Zügen einen Überblick verschaffen, sofern nicht konkreter Anlass zur besonderen Aufsicht besteht.

Somit war hinsichtlich des sieben jährigen Kindes keine Aufsichtspflichtverletzung gegeben und von dessen Eltern auch kein Schaden zu ersetzen.

Zusammenfassend bleibt also festzuhalten, dass das Verschulden hinsichtlich einer Aufsichtspflichtverletzung grundsätzlich vermutet wird, die Aufsichtspflichtigen sich aber entlasten können, indem Sie nachweisen, die Aufsichtspflicht nicht verletzt zu haben.

Nach der Rechtsprechung gilt für Kinder von 4 bis 7 Jahren eine gesteigerte Aufsichtspflicht die zwar nicht ununterbrochen, aber zumindest in kurzen Zeitabständen gegeben sein muss (ca alle 15-30 min), bei Kindern ab sieben Jahren genügt dass die Aufsichtspflichtigen einen groben Überblick über das Tun Ihres Kindes haben, sofern kein konkreter Anlass in der Person des Kindes zu einer gesteigerten Aufsicht besteht.