"Textform" stößt auf Widerstand des Bundesrates

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Der Bundesrat hat so seine Probleme mit der aktuellen Version des Gesetzes zur Modernisierung des Privatrechts. Insbesondere die geltenden Formvorschriften für Vertragsschlüsse an die Entwicklungen und Möglichkeiten des Internet anzupassen, bereitet der Länderkammer Kopfzerbrechen. Aus mehreren Gründen erteilte der Bundesrat am Freitag dem vorgelegten Gesetz, das den heutigen und zukünftigen Anforderungen beim Geschäftsverkehr gerecht werden soll, eine Absage und rief den Vermittlungsausschuss an. Der Vermittlungsausschuss muss jetzt sehen, wie er die Vorstellungen von Regierung, Bundestag und Bundesrat unter einen Hut bekommt.

Die Ländervertreter stören sich vor allem daran, dass die von ihnen bereits im ersten Durchgang kritisierte "Textform" in der neuen Gesetzesversion beibehalten wurde. Der Gesetzentwurf definiert die "Textform" als eine in Schriftzeichen lesbare Erklärung, die die Person des Erklärenden angeben und den Abschluss der Erklärung in geeigneter Weise erkennbar machen muss. Im Gegensatz zur ebenfalls neuen "elektronischen Form" bedarf es bei der "Textform" keiner elektronischen Signatur. Als Erleichterung gegenüber der bislang im Privatrecht geltenden Schriftform, durch die bei bestimmten Verträgen eine eigenhändige Unterschrift verlangt wird, soll die "Textform" die eigenhändige Unterschrift in bestimmten Fällen entbehrlich machen.

Laut Begründung des damaligen Gesetzentwurfs zur "Textform" ist an Erklärungen gedacht, denen keine erhebliche Beweiswirkung zukommt oder deren Rechtsfolgen leicht wieder rückgängig gemacht werden können. Das kann z.B. bei der Ankündigung von Umbauarbeiten und daraus resultierenden Mieterhöhungen oder bei der Zurückweisung von Ansprüchen eines Reisenden durch den Reiseveranstalter der Fall sein. In Betracht kommen sollen ferner vereinzelt Fälle, bei denen es nur um die körperliche Darstellung gehe, so die Argumentation für den Gesetzentwurf. Nach Auffassung des Bundesrates wird die "Textform" allerdings zu unnötigen und vermeidbaren Zweifeln an der Authentizität und der Endgültigkeit der Erklärungen führen. Das Gesetz verkenne insoweit die Bedeutung der Formvorschriften: Die "Textform" sei weder geeignet, den Erklärenden vor der Abgabe einer vorschnellen Willenserklärung zu warnen, noch könne sie die Beweisführung erleichtern.

Einschränkungen der Formfreiheit im deutschen Privatrecht dienen bislang einzig Beweiszwecken oder sind als Warnung an die Parteien zu verstehen, dass es sich um ein rechtlich bedeutendes Geschäft handelt. Die "Textform" passt in diese Systematik (Warn-, Beweis-, Identitätsfunktion) nach Ansicht des Bundesrats nicht hinein.

Daneben will der Bundesrat die qualifizierte elektronische Signatur für Klageschriften und andere gerichtliche Schriftsätze zwingend vorschreiben. Bislang sind diese Regelungen im Gesetz lediglich als Ordnungsvorschriften ausgestaltet. Die elektronische Signatur sei aus Gründen der Rechtssicherheit für prozesseinleitende und andere bestimmende Schriftsätze unverzichtbar, da in dem Gerichtsverfahren gefälschte elektronisch übermittelte Dokumente wie zum Beispiel Klagerücknahmen erhebliche Schäden anrichten könnten.

Des Weiteren sollten die Landesregierungen die Möglichkeit erhalten, nicht nur die Übermittlung elektronisch signierter, sondern sämtlicher elektronischer Dokumente (zum Beispiel Emails) im Gerichtsverfahren per Rechtsverordnung zu regeln. Bislang ist die im Gesetz vorgesehene Verordnungsermächtigung auf elektronisch signierte Dokumente beschränkt. Der Bundesrat befürchtet, dass anderenfalls die für viele Beteiligte bequeme Übermittlung einfacher Emails ohne elektronische Signatur in starkem Maße genutzt würde und die Gerichte hiermit in vielen Fällen technisch und organisatorisch überfordert wären. Schließlich soll eine nicht erforderliche Ermächtigung zu landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen in Landwirtschaftsverfahren gestrichen werden.

Ziel des diskutierten Gesetzes ist die Anpassung der bislang geltenden Formvorschriften des Privatrechts an die Entwicklung des modernen Rechtsverkehrs. Die "elektronische Form" soll in Zukunft die Schriftform und damit die eigenhändige Unterschrift ersetzen können. "Elektronische Form" heißt dabei, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Unterschrift versehen ist. Bezüglich der Einreichung von Schriftsätzen und Anträgen bei Gerichten ist geplant, die "elektronische Form" der Schriftform gleichzustellen, wenn das elektronische Dokument für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist. Ferner sieht eine Änderung der Zivilprozessordnung eine Beweiserleichterung vor, wonach in Zukunft grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass eine in "elektronischer Form" abgegebene Erklärung echt ist (Anscheinsbeweis). Etwas anderes soll nur gelten, wenn Tatsachen ernstliche Zweifel daran begründen, dass die Erklärung mit dem Willen des Signaturschlüssel-Inhabers abgegeben worden ist.

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