Mehrbedarf - was kann neben dem Kindesunterhalt noch verlangt werden?

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Von Rechtsanwältin Michaela Albrecht

Tennis, Ballett, Reiten, Privatschule – das Kind hat in der Ehezeit zahlreiche Privilegien genossen. Die Eltern haben sich getrennt, das Kind wohnt bei der Mutter, möchte aber diese Privilegien auch weiterhin haben. Können Mutter oder Kind diese Kosten vom Vater beanspruchen, weil das Kind nicht darunter leiden soll, dass die Eltern sich getrennt haben? Besteht ein einklagbarer Anspruch auf Mehrbedarf, oder müssen diese Kosten von dem Regelunterhalt bestritten werden?

In den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle ist ein über den Regelbedarf hinausgehender, laufend anfallender Mehrbedarf nicht enthalten. Wenn die kostenverursachende Maßnahme sachlich begründet ist (z.B. der Besuch einer Privatschule wegen zu schlechter Leistungen in der öffentlichen Schule), oder wenn beide Ehegatten mit den Mehrkosten einverstanden sind, können die Kosten bedarfserhöhend wirken. Bezüglich des Besuches einer Privatschule gibt es Rechtsprechung: Das OLG Koblenz hat im Oktober 2004 entschieden, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil dem Kind im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit auch die Mehrkosten des Besuchs einer Privatschule jedenfalls dann schuldet, wenn diese Maßnahme auf einem gutachterlichen Rat beruht (OLG Koblenz in NJW-RR 2005, 88).

Der Kläger war hier geistig leicht behindert, und aufgrund dieser Behinderung und der damit verbundenen Lernschwierigkeiten war es ihm nur auf einer Privatschule überhaupt möglich, zumindest einen Hauptschulabschluss zu erreichen.

Ein Mehrbedarf kann zwar auch bei nichtbehinderten volljährigen Kindern im Rahmen eines Auslandsstudiums, für den Besuch einer Privatschule oder z.B. Klavierunterricht zur Vorbereitung auf die Aufnahme an einem Konservatorium anfallen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Maßnahme (z.B. der Unterricht) sachlich durch wichtige Gründe gerechtfertigt ist und die Kosten dem Pflichtigen wirtschaftlich zumutbar sind.

Die engen Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten einer Privatschule machen deutlich, dass bei Luxusaufwendungen wie Reiten, Tennis etc. nur dann eine Geltendmachung über die Vorschriften des Mehrbedarfs zu denken ist, wenn das Kind über ein Potenzial für eine große Karriere verfügt, wobei sich dieses Potenzial bereits deutlich abzeichnen muss.

Der Terminus „sachlich wichtige Gründe“ ist schwammig. Es muss im Einzelfall genau begründet werden, warum die Maßnahme (der Unterricht o.ä.) gewissermaßen unerlässlich sein muss, um eine ansonsten gewisslich eintretende negative Folge auszuschließen.

Dennoch sollte man – aus der Sicht des Betreuenden – versuchen, zu argumentieren, dass das Kind z.B. die Kurse schon während der Ehezeit besucht hat, und dass es für die Kontinuität der Lebensführung des Kindes förderlich bzw. wichtig ist, dass so viele Eckpunkte und Rituale dem Kind erhalten bleiben, wenn ihm schon der Alltag mit beiden Elternteilen „weggebrochen“ ist.

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