Eheaufhebung gem. §§1313 ff. BGB - Ein Überblick

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Eheaufhebung gem. §§1313 ff. BGB - Ein Überblick

Spricht man über Familienrecht, so denken die meisten an das Unterhalts- oder Scheidungsrecht. Die Eheaufhebung ist selten ein Thema. Neben der Scheidung und dem Tod, kann eine Ehe aber auch durch die Eheaufhebung gem. §§1313 ff. BGB beendet werden. Dieser Beitrag soll einen ersten Überblick geben.

1. Allgemeines a) Eine Ehe kann durch den Tod aufgelöst oder durch ein gerichtliches Urteil geschieden (§ 1564 Abs. 1 S. 1 BGB) oder aufgehoben (§ 1313 Abs. 1 S. 1 BGB ) werden.

Klaus Wille
Rechtsanwalt
Waidmarkt 11
50676 Köln
Tel: 0221-79077052
Web: http://www.anwalt-wille.de
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Arbeitsrecht, Kindschaftsrecht, Familienrecht

Die Eheaufhebung geschieht aus Gründen, die bei (!) der Eheschließung vorliegen. Die Ehescheidung erfolgt dagegen aus Gründen, die nach der Eheschließung zum Tragen kommen (u.a. Zerrüttung der Ehe) und zum Scheitern der Ehe führen.

b) Schwerwiegende Mängel der Eheschließung führen dazu, daß sie ohne jegliche Wirkung bleibt. Man spricht hier auch von einer Nichtehe. Eine Nichtehe liegt u.a. vor, wenn die Ehe nicht vor einem Standesbeamten geschlossen wird (§ 1310 BGB). Standesbeamter ist, wer als solcher bestellt ist (§§5 ff. PStG) oder das Amt des Standesbeamten öffentlich ausübt und die Ehe in das Heiratsbuch einträgt (§ 1310 Abs. 2 BGB).

c) ÜbergangsrechtArt. 226 EGBGB enthält für vor dem Inkrafttreten des Eheschließungsrechts geschlossene Ehe zwei Übergangsvorschriften.

aa) Eine vor dem 1. Juli 1998 geschlossene Ehe kann nur dann aufgrund des neuen Rechts aufgehoben werden, wenn sie auch nach dem bis zum 1. Juli 1998 geltenden Rechts hätte aufgehoben oder für nichtig erklärt werden können. Dies ist insbesondere wegen des 1998 neueingefügten Aufhebungsgrundes des § 1314 Abs. 2 Nr. 5 ("Scheinehe") relevant.

bb) Ist vor dem 1. Juli 1998 die Nichtigkeits- oder Aufhebungsklage erhoben worden, so werden diese Verfahren nach dem damaligen Recht beurteilt.

2. Die Aufhebung durch Urteil setzt einen der in § 1314 genannten Aufhebungsgründe voraus.

Daneben müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

a) Es muss eine bestehende Ehe vorliegen (vgl. § 1317 Abs. 3).

b) Es muss ein Antrag innerhalb der Antragsfrist (grundsätzlich 1 Jahr, vgl. § 1317 Abs. 1) gestellt werden. Die Frist muss von Amts wegen beachtet werden, sie ist aber vom Antragssteller zu beweisen. Die Frist wird gewahrt durch Zustellung der Antragsschrift an den Gegner.

c) Die Antragsberechtigung ist in § 1316 geregelt. Gem. § 1316 ist jeder Ehegatte und in bestimmten Fällen (z.B. bei eine Scheinehe) die zuständige Verwaltungsbehörde antragsberechtigt.

Eine Besonderheit gilt für den nicht vollgeschäftsfähigen Antragsteller. Hat dieser einen gesetzlichen Vertreter, so beginnt die Frist erst in dem Zeitpunkt an zu laufen, wenn der gesetzliche Vertreter von den Tatschen (z.B. Täuschung oder Drohung) Kenntnis erlangt. Versäumt der Vertreter die Frist, so kann aber der Vertretene binnen 6 Monate nach Wegfall seiner Geschäftsfähigkeit den Antrag selbst stellen (§ 1317 Abs. 2).

d) Die Aufhebung darf nicht gem. § 1315 ausgeschlossen sein. Der Ausschluss bewirkt, dass ein Aufhebungsantrag unbegründet ist und die Ehe gültig bleibt.

3. Die Aufhebungsgründe gem. §1314 BGB sind abschließend:

a) Gem. § 1314 Abs. 1 kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn Sie gegen bestimmte Vorschriften der §§1303 ff. BGB verstößt:

aa) Wurde die Ehe gem. § 1303 (Eheunmündigkeit) geschlossen, ist die Ehe grundsätzlich aufhebbar. Gem. §1303 Abs. 1 darf eine Ehe nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden. Ausnahmen dazu bestimmt aber § 1303 Abs. 2 - 4.

bb) Ist jemand geschäftsunfähig, dann kann er keine Ehe eingehen (§1304) und die Ehe ist aufhebbar.

cc) Gem. § 1306 darf eine Ehe nicht geschlossen werden, wenn einer der Beteiligten schon verheiratet ist. Bei der Doppelehe ist die dann zweite Ehe aufhebbar.

dd) Eine Ehe kann auch aufgelöst werden, wenn die Ehe zwischen Verwandten in gerader Linie sowie zwischen Geschwistern bzw. Halbgeschwistern geschlossen wurde (§§1314, 1307 BGB).

ee) Wurde gegen die Eheschließungsform (= persönliche Abgabe der Erklärung und persönliche Anwesenheit der Ehegatten) verstoßen, so ist die Ehe auch aufhebbar.

b) § 1314 Abs. 2 bestimmt darüber hinausgehend weitere Aufhebungsgründe.

aa) Eine Ehe kann aufgelöst werden, wenn ein Ehegatte, sich bei der Eheschließung im Zustande der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befand (§ 1314 Abs. 2 Nr. 1) oder wenn er bei der Eheschließung nicht gewusst hat, dass es sich um eine Eheschließung handelt (§ 1314 Abs. 2 Nr. 2).

bb) § 1314 Abs. 2 Nr. 3 ist der wichtigste Aufhebungstatbestand, nämlich, wenn jemand arglistig getäuscht wurde. Dieser Tatbestand greift aber nicht ein, wenn jemand über die Vermögensverhältnisse getäuscht wurde. Täuscht aber eine Frau über das Bestehen einer Schwangerschaft oder die Person des Erzeugers, so kann die Ehe u.U. aufgehoben werden.

Die Täuschung muss aber für die Eheschließung des anderen Kausal gewesen sein. D.h. der Getäuschte, hätte bei Kenntnis der Sachlage keine Ehe geschlossen.

Darüber hinaus muss die Täuschung arglistig, d.h. vorsätzlich erfolgt sein.

cc) Gem. § 1314 Abs. 2 Nr. 4 ist eine Ehe auch aufhebbar, wenn ein Ehegatte zur durch Drohung zur Eingehung der Ehe bestimmt worden war.

dd) Schließlich ist eine Ehe auch aufhebbar, wenn beide Ehegatten nur eine Scheinehe eingehen wollten (§1314 Abs. 2 Nr. 5).

4. Prozessuales

a) Die Eheaufhebung i.S.d. §§1313 ff. ist eine Ehesache im Sinne des §606 ZPO. Ein Verbundverfahren ist aber ausgeschlossen, weil dies einen Scheidungsantrag voraussetzt (Palandt/Brudermüller, §1313 Rn. 4).

b) Zuständig für die Verfahren sind nur die Familiengerichte. Es gelten die §§ 606 ff. ZPO.

c)Die Eheaufhebung kann ohne Einhaltung des Trennungsjahres - aber innerhalb der Antragsfrist - beantragt werden.

d) Das Scheidungs- und das Aufhebungsverfahren können miteinander verbunden werden (§ 610 Abs. 1 ZPO). Wird dem Aufhebungsantrag entsprochen, dann ist das Scheidungsverfahren gegenstandslos. Häufig wird im Aufhebungsverfahren hilfsweise ein Scheidungsantrag gestellt.

e) Für das Aufhebungsverfahren gilt § 631 ZPO.

f) Parteien des Aufhebungsverfahrens sind grundsätzlich nur die Ehegatten der aufzuhebenden Ehe. Wird ein Aufhebungsverfahren gem. § 631 Abs. 3 ZPO durch die zuständige Verwaltungsbehörde beantragt, richtet sich das Verfahren gegen beide Ehegatten.

g) Gem. §§ 631 Abs. 5 i.V.m. 93a Abs. 3 ZPO sind die Kosten des Rechtsstreits bei einer Eheaufhebung gegeneinander aufzuheben.

5. Rechtsfolgen der Eheaufhebung

a) Die Ehe wird durch Urteil aufgehoben und wirkt ab dessen Rechtskraft. Die Ehe ist vorher aber vollständig rechtsgültig. Ab der Rechtskraft treten die in § 1318 BGB genannten Folgen ein.

Ist eine Ehe schon durch rechtskräftiges Scheidungsurteil aufgelöst worden, so fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für ein Aufhebungsverfahren (BGH in: FamRZ 1996, S. 1209).

b) Darüber hinaus bestimmt § 1318 Abs. 2 - 5 bei bestimmten Eheaufhebungsgründen weitergehende Rechtsfolgen. Danach können z.B. Unterhaltsregelungen (vgl. §1318 Abs. 2) oder die Regelungen des Versorgungsausgleiches oder des Zugewinnausgleiches (vgl. § 1318 Abs. 3) anwendbar sein.

6. Letztlich muss darauf hingewiesen werden, dass das Eheaufhebungsverfahren eher von untergeordneter Bedeutung ist. Da Sie aber in der Rechtspraxis selten vorkommt, ist eine qualifizierte Beratung notwendig.

Rechtsanwalt Klaus Wille
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Mit freundlichen Grüße
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