Das neue Unterhaltsrecht

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Seit dem 1. Januar 2008 ist die lange diskutierte Reform des Unterhaltsrechts geltendes Recht. Neben einer Reihe noch zu erörternden Änderungen wurde der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau und der nicht verheirateten Mutter weitestgehend angeglichen. Darüber hinaus gilt das eheliche Unterhaltsrecht nunmehr auch für Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes.

Was hat sich im Einzelnen geändert?

I. Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter

Häufig müssen mehrere Personen von einem Unterhaltspflichtigen unterhalten werden. Oft steht aber nicht genügend Einkommen zur Verfügung, um ohne Gefährdung des eigenen Unterhalts die Ansprüche aller Unterhaltsberechtigten zu erfüllen. Diese Situation zwingt den Gesetzgeber, eine Rangfolge zwischen den Unterhaltsberechtigten festzulegen. Das alte Recht führte häufig dazu, dass die minderjährigen Kinder, der geschiedene Ehegatte und der neue Ehepartner gleichberechtigt an erster Rangstelle standen. Die ohnehin bescheidenen Mittel mussten so durch mehrere Personen geteilt werden. Für den Einzelnen blieben häufig genug nur geringe Zahlbeträge übrig. Der Reformgesetzgeber hat daher innerhalb der zuvor genannten Personengruppe eine Rangfolge in der Unterhaltsgewährung festgelegt. § 1609 BGB bestimmt nun, dass minderjährige Kinder und volljährige Schüler bis zum 21.Lebensjahr, die noch zu Hause wohnen, absoluten Vorrang genießen. Sie erhalten zuerst und ausschließlich ihren Unterhalt.

An zweiter Rangstelle folgen die Unterhaltsansprüche von Elternteilen, die ein Kind betreuen. Gleichrangig hierzu steht der Ehegatte, dessen Ehe nach langer Ehedauer geschieden worden ist. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, selbst für den eigenen Unterhalt zu sorgen. An dritter Rangstelle folgt dann der Ehegatte oder Lebenspartner, deren Ehe nur von kurzer Dauer war oder bei dem keine ehebedingten Nachteile vorliegen und der keine Kinder betreut. Drei Beispiele mögen die Wirkung dieser Rangfolge verdeutlichen:

1. Beispiel:

Aus der Ehe sind zwei minderjährige Kinder hervorgegangen. Die Ehe wird nach 10 Jahren geschieden. Die Ehefrau betreut die Kinder auch nach der Scheidung selbst. Der Ehemann heiratet erneut. Auch in der neuen Ehe leben 2 minderjährige Kinder, die von der Kindesmutter betreut werden. Die vier Kinder stehen im 1. Rang, so dass nach Abzug des Selbstbehaltes des Mannes zunächst ihre Unterhaltsansprüche befriedigt werden. Die geschiedene und die neue Ehefrau befinden sich im 2. Rang und müssen sich dass eventuell noch zur Verfügung stehende Einkommen teilen.

2. Beispiel:

Die Ehe hat nicht nur 10 Jahre gehalten, sondern 20 Jahre. Während dieser Zeit hat die Ehefrau zugunsten der Kinderbetreuung und der Haushaltsführung auf eine eigene Erwerbstätigkeit verzichtet und findet keine neue Stelle. Auch in diesem Beispiel finden sich die geschiedene Ehefrau und die neue Ehefrau an 2. Rangstelle: Die geschiedene Ehefrau, weil die Ehe von langer Dauer war und sie wegen der Betreuung der Kinder und der Haushaltsführung Nachteile auf dem Arbeitsmarkt hat und die neue Ehefrau, weil sie die minderjährigen Kinder betreut.

3. Beispiel:

Die Ehe wird nach kurzer Dauer kinderlos geschieden. Die Ehefrau hatte ihren Beruf während der Ehe aufgegeben und findet aufgrund der Arbeitsmarktsituation nach der Ehe keine neue Stelle. In diesem Beispiel erhalten wiederum die Kinder aus der zweiten Ehe ihren Unterhalt. An zweiter Rangstelle folgt die neue Ehefrau und nur, wenn nach Erfüllung dieses Unterhaltsanspruchs noch zu verteilendes Einkommen verbleibt, erhält die geschiedene Ehefrau Unterhalt.

Gerade das letzte Beispiel zeigt, dass die Rangfolge zu Härten führen kann. Das Gesetz sieht daher Korrekturen vor, etwa durch die Reduzierung des Selbstbehalts des Unterhaltsverpflichteten.

2. Eigenverantwortung geschiedener Ehegatten für den Unterhalt

Das Beispiel 3 führt zu einer weiteren Neuerung im Unterhaltsrecht: § 1569 BGB bestimmt in seiner neuen Fassung: "Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen." Der geschiedene Ehegatte soll nach der Scheidung selbst für sein wirtschaftliches Fortkommen sorgen. Ihm obliegt es nach § 1574 I BGB nunmehr, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. Angemessen ist dabei auch eine früher ausgeübte Erwerbstätigkeit, selbst wenn diese unter der inzwischen erreichten beruflichen Qualifikation liegt und dieser auch nicht mehr den in der Ehe erreichten Lebensstandard garantieren kann. § 1578b BGB bestimmt nunmehr, dass der Unterhaltsanspruch zeitlich zu befristen und in der Höhe zu begrenzen ist, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhalt unbillig wäre.

Nach dem Gesetzeswortlaut ist dabei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten ist, selbst für seinen angemessenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich insbesondere aus der Dauer der Kinderbetreuung, aus der Gestaltung der Haushaltsführung, der Dauer der Ehe und der Erwerbstätigkeit ergeben.

Wie bisher kann wegen der Betreuung eines Kindes, Erwerbslosigkeit, Ausbildung, Alter und Krankheit weiterhin Unterhalt verlangt werden. Während aber nach dem alten Recht der das Kind betreuende Elternteil während der Zeit der Kinderbetreuung grundsätzlich so lange Unterhalt erhielt, bis er durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit wieder für sich selbst sorgen konnte, ist nunmehr Unterhalt wegen der Betreuung eines Kindes nur noch uneingeschränkt bis zum 3. Lebensjahr des Kindes zu gewähren (§ 1570 BGB).

3. Beurkundungspfllicht für Unterhaltsvereinbarungen

Nach § 1585c BGB müssen Vereinbarungen zwischen den Ehegatten vor der Scheidung nunmehr notariell beurkundet werden.

4. Mindesunterhalt für minderjährige Kinder

Das Gesetz sieht in § 1612a BGB nunmehr einen Mindestunterhalt für minderjährige Kinder vor. Dieser richtet sich nach dem steuerrechtlichen Kinderfreibetrag. Zur Zeit beträgt er für ein Kind bis zum Alter von 6 Jahren 279,00 EUR, bis zum Alter von 12 Jahren 322,00 EUR und bis zum Alter von 18 Jahren 365,00 EUR. Trotz der Formulierung "Mindesunterhalt" verbleibt es aber dabei, dass die Zahlung dieses Mindestunterhaltes von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners abhängt. Sein eigenes Existenzminimum muss ihm weiterhin zur Verfügung stehen.

5. Kindergeldanrechnung

Vereinfacht worden ist auch die Kindergeldverrechnung. § 1612 b I BGB bestimmt nunmehr: "Das auf das Kind entfallende Kindergeld ist zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden.". Während nach der früheren Gesetzeslage das anteilige Kindergeld vom Unterhaltsanspruch abgezogen wurde, hat das Kind nunmehr der Höhe nach nur noch einen Anspruch gegen den Verpflichteten, wie er sich nach Abzug des Kindergeldes vom Bedarf ergibt.

6. Übergangsrecht

Grundsätzlich gilt das neue Unterhaltsrecht für alle ab dem 1.Januar 2008 entstehenden Ansprüche. Bestehende Unterhaltstitel oder Vereinbarungen, die sich auf die Altersstufe und den Regelbetrag beziehen werden ohne weiteres in das neue Recht überführt. Jedoch darf dabei keinesfalls ein geringerer Unterhalt als nach bisherigem Recht herauskommen. Ansonsten müssen Unterhaltstitel auf Antrag durch das Gericht angepasst werden. Dies ist allerdings nur möglich, wenn sich die Unterhaltspflicht durch das neue Unterhaltsrecht wesentlich ändert und die Änderung allen Beteiligten zumutbar ist.