Das Umgangsrecht bei Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung, § 1685 Abs. 2 BGB

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Das Umgangsrecht bei Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung, § 1685 Abs. 2 BGB

Enge Bezugspersonen des Kindes haben nach § 1685 Abs. 2 S. 1 BGB ein Recht zum Umgang mit dem Kind, wenn diese für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben und dadurch eine sogenannte sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und der Bezugsperson besteht.

Eine Umgangsberechtigung nach § 1685 Abs. 2 BGB kommt für die Personen in Betracht, die nicht schon nach § 1684 BGB oder § 1685 Abs. 1 BGB umgangsberechtigt sind:

  • § 1684 Abs. 1 BGB regelt das Umgangsrecht und die Umgangspflicht jedes Elternteils mit seinem Kind. Eltern im Sinne des § 1684 BGB sind nur die durch das Gesetz legitimierten Eltern also auch der durch Anerkennung der Vaterschaft oder durch Statusurteil festgestellte Vater (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2151).

  • § 1685 Abs. 1 BGB gibt Großeltern und Geschwistern des Kindes ein Umgangsrecht, wenn es dem Kindeswohl dient.

  • § 1685 Abs. 2 BGB erfasst demnach alle anderen Personen, wie etwa den biologischen Kindesvater oder weitere Verwandte des Kindes wie Urgroßeltern, Tanten, Onkel etc. wie auch Personen, die in keiner verwandtschaftlichen Beziehung zum Kind stehen, z.B. auch Nachbarn, soweit sie die Voraussetzungen des § 1685 Abs. 2 BGB erfüllen (vgl. Palandt/Diederichsen, § 1685, Rdnr. 6).

Damit eine sozial-familiäre Beziehung im Sinne des § 1685 Abs. 2 BGB vorliegt, muss die enge Bezugsperson des Kindes tatsächliche Verantwortung für das Kind tragen oder getragen haben.

Hauptbeispiel für die Übernahme der tatsächlichen Verantwortung ist nach dem Gesetz, dass die Bezugsperson mit dem Kind längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt hat, § 1685 Abs. 2 S. 2 BGB.

Nach § 1685 Abs. 2 BGB werden nur gewachsene Vertrauensbeziehungen geschützt, wie sie in einer Familie bestehen, nicht jeder längere Sozialkontakt (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss v. 15.12.2010 – 9 UF 73/10). Die entstandene sozial-familiäre Bindung muss zwar nicht aktuell fortbestehen, entscheidend ist aber, dass das entstandene Vertrauensverhältnis zu dem Kind, welches durch die häusliche Gemeinschaft oder auch gemeinsame Ferien begründet wurde, fortdauert (vgl. Palandt/Diederichsen, § 1685, Rdnr. 6).

Für das Vorliegen einer sozial-familiären Beziehung reicht es zum Beispiel nicht aus, dass der biologische Vater zu der Mutter nur eine vorübergehende Beziehung mit lediglich sporadischen Kontakten zu dem Kind unterhalten hat (vgl. AG Potsdam FamRZ 2003, 1955).

Eine Haushaltshilfe, die auch als Kindermädchen fungierte, aber sich nur tageweise in dem Haushalt, in dem das Kind lebt, aufhielt und nie dort übernachtete, hat nicht in der häuslichen Gemeinschaft mit dem Kind gelebt. Die Funktion als Haushaltshilfe, Kindermädchen und Freundin begründet nicht ohne weiteres die Stellung einer Bezugsperson nach § 1685 Abs. 2 BGB. In dem dem Beschluss zugrunde liegenden Fall erinnerte sich das Kind auch nicht mehr an die Frau, die als Haushaltshilfe gearbeitet hatte, so dass das Gericht das Bestehen einer aktuellen tragfähigen sozialen Bindung zwischen dem Kind und der das Umgangsrecht begehrenden Frau verneinte. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Umgang dem Kindeswohl dient, spiele es eine Rolle, ob die Beziehung zwischen dem den Umgang Begehrenden und dem Kind derzeit noch bestehe (OLG Brandenburg, Beschluss v. 15.12.2010 - 9 UF 73/10).

Die nach § 1685 BGB umgangsberechtigten Personen haben den Vorrang der personensorgeberechtigten Eltern anzuerkennen (vgl. Hamm FamRZ 2000,1601).

Wird das Kind durch den Umgang mit einer nach § 1685 BGB umgangsberechtigten Person in einen Loyalitätskonflikt zu den sorgeberechtigten Eltern gebracht, widerspricht dies dem Kindeswohl (vgl. OLG Brandenburg, v. 15.12.2010 – 9 UF 73/10).

Kurzgefasst:

  • § 1685 Abs. 2 BGB erfasst die Personen, die nicht schon nach § 1684 oder 1685 Abs. 1 umgangsberechtigt sind.

  • Ein Umgangsrecht nach § 1685 Abs. 2 BGB setzt das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung voraus.

  • Maßgebend für die sozial-familiäre Beziehung ist, dass das entstandene Vertrauensverhältnis zu dem Kind noch besteht.

  • Die Übernahme tatsächlicher Verantwortung für das Kind durch die enge Bezugsperson ist Voraussetzung für eine sozial-familiäre Beziehung.

  • Hauptbeispiel für die Übernahme tatsächlicher Verantwortung: Längeres Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft mit dem Kind.

  • Der Umgang muss dem Kindeswohl dienen.

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