BGH – Unterhaltsgläubiger muss über Erhöhungen seines Einkommens ungefragt informieren

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BGH – Unterhaltsgläubiger muss über Erhöhungen seines Einkommens ungefragt informieren

Der Bundesgerichtshof hatte in seinem Urteil vom 16.04.2008, Az. XII ZR 107/06, u. a. über die Frage zu entscheiden, ob der Unterhaltsgläubiger seinen Unterhaltsanspruch verwirken kann, wenn er den Unterhaltsschuldner nicht über eine wesentliche Erhöhung seines Einkommens informiert hat. Dies hat der BGH bejaht.

Die Entscheidung des BGH:

In dem verhandelten Fall verpflichtete sich der Unterhaltsschuldner in einem gerichtlichen Vergleich zu einer Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 557 Euro ab Oktober 2003. Dabei gingen die Parteien davon aus, dass die Unterhaltsgläubigerin über ein Netto-Einkommen von insgesamt 955 Euro verfügte. Schon ab Dezember 2003 erhöhte sich dieses Einkommen jedoch auf 1339 Euro. Der Unterhaltsschuldner wusste hiervon nichts und zahlte weiterhin den vereinbarten Unterhalt, welcher nun deutlich zu hoch war. Erst ein Jahr später wurde ihm die Einkommenserhöhung auf ausdrückliche Anfrage mitgeteilt.

Das Gericht der vorherigen Instanz hat auf Antrag des Unterhaltsschuldners hin den Unterhalt entsprechend des höheren Einkommens herabgesetzt und den Unterhaltsanspruch zusätzlich für die Dauer eines Jahres um monatlich 100 Euro gekürzt, da insoweit eine Verwirkung nach § 1579 Nr. 5 BGB eingetreten sei.

Diese Auffassung hat der BGH nun bestätigt: Der Härtegrund des § 1579 Nr. 5 BGB setze objektiv ein gravierendes Verhalten des Unterhaltsgläubigers voraus, was sich aus dem Wortlaut der Vorschrift „schwerwiegende" und „hinwegsetzen" ergebe. Damit stelle die Vorschrift nicht allein auf den Umfang der Vermögensgefährdung ab, sondern auch auf die Intensität der Pflichtverletzung. Nicht erforderlich sei es, dass dem Unterhaltspflichtigen tatsächlich ein Vermögensschaden entsteht. Es genüge eine schwerwiegende Gefährdung seiner Vermögensinteressen, die dadurch entstehen könne, dass der Unterhaltsschuldner bereits geleisteten Unterhalt trotz angestiegenen Einkommens des Unterhaltsgläubigers später nicht zurückfordern kann, was in der verhandelten Sache der Fall sei.

Eine Pflichtverletzung, welche letztlich zur Verwirkung führt, sieht der BGH darin, dass die Unterhaltsgläubigerin den Unterhaltsschuldner nicht über die wesentliche Besserung ihres Einkommens –ungefragt- informiert hat. Die Unterhaltsgläubigerin treffe grundsätzlich eine Pflicht zur ungefragten Information. Ob sich diese Pflicht aus der vertraglichen Treuepflicht nach Abschluss des Vergleichs oder unabhängig von der Art des Unterhaltstitels schon aus dem unterhaltsrechtlichen Treueverhältnis ergibt, ließ der BGH ausdrücklich offen.

Fazit:

Unterhaltsgläubiger müssen nach Abschluss eines Unterhaltsvergleiches bei wesentlichen Einkommenserhöhungen den Unterhaltsschuldner ungefragt hierüber informieren. Ob dies auch für den Fall gilt, dass der Unterhalt nicht in einem Vergleich, sondern in einem Urteil festgesetzt wurde, lässt der BGH offen.

Unterhaltsschuldner sollten nach Abschluss von Unterhaltsvergleichen nicht nur regelmäßig Auskunft über das Einkommen des Unterhaltsgläubigers verlangen. Sie sollten bei der Auskunftserteilung vor allem darauf achten, wann eine eventuelle Einkommenserhöhung eingetreten ist. Liegt danach bereits seit einiger Zeit eine wesentliche Erhöhung des Einkommens vor und hat der Unterhaltsgläubiger hierauf nicht rechtzeitig hingewiesen, so kann nicht nur eine Abänderung der Vereinbarung für die Zukunft entsprechend des neuen Einkommens verlangt werden, sondern zusätzlich eine weitere Herabsetzung des Unterhalts in angemessenem Umfang.

Unterhaltsgläubiger sollten dementsprechend darauf achten, dass sie bei wesentlichen Einkommenserhöhungen den Unterhaltsschuldner unverzüglich und nachweisbar (z.B. per Einschreiben) informieren.


Rechtsanwalt
Lars Steinfelder
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