Aktuelle Entscheidungen zum Unterhaltsrecht – ein Überblick

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1.Unterhalt für minderjährige Kinder – was zählt zum Mehrbedarf?

Der Mehrbedarf des Kindes kann bedarfserhöhend angesetzt werden, wenn diese Kosten einen sachlichen Grund haben. Kosten für den Mehrbedarf sind in den Regelsätzen der Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten.

Stefanie Helzel
Partner
seit 2007
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Fachanwältin für Verkehrsrecht
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E-Mail:
Verwaltungsrecht, Ordnungswidrigkeiten, Strafrecht, Reiserecht

Kindergartenbeiträge

Gebühren für die Kindertagesstätte oder den Kindergarten sind sog. Mehrbedarfskosten und zusätzlich zu den normalen Unterhaltssätzen zu zahlen. Während früher ein Beitrag von etwa 50,00 € monatlich durch den Regelunterhalt abgedeckt war, werden die Kosten für eine Fremdbetreuung mittlerweile nicht mehr zum Regelunterhalt gerechnet. Diese sind – egal ob für eine halb- oder ganztägige Betreuung – zusätzlich zu dem Regelunterhalt zu leisten.

Zu beachten ist, dass beide Elternteile im Verhältnis zu ihren Einkünften für diesen Mehrbedarf des Kindes aufkommen müssen. Nicht zum Mehrbedarf zählen Verpflegungskosten, wie z.B. das Mittagessen in der Betreuungsstätte.

BGH, Urteil v. 26. 11. 2008, XII ZR 65/07 und v. 5. 3. 2008, XII ZR 150/05

Privatschule

Was für den Kindergartenbeitrag gilt, ist nicht unbedingt auf die Beiträge einer Privatschule übertragbar. Hier kommt es maßgeblich darauf an, dass gewichtige Gründe für den Besuch einer Privatschule vorliegen und die anfallenden Mehrkosten dem unterhaltspflichtigen Elternteil zumutbar sind. Für den Besuch einer Privatschule entstehende Kosten können als Mehrbedarf gelten, wenn das Kind in einer besonderen Weise und im Sinne angemessener Bildungskosten gefördert wird und der Mehrbedarf für den Unterhaltspflichtigen wirtschaftlich zumutbar ist. Ob Kosten für eine Privatschule daher zu Mehrbedarf zählen, ist regelmäßig im Rahmen einer Abwägung zu ermitteln.

2.Unterhalt für den Ex-Partner

Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit (BGH, Urteil v. 30.7.2008, XII ZR 126/06)

Wer Unterhalt von seinem Ex-Partner wegen Erwerbslosigkeit erfolgreich geltend machen will, muss beweisen, dass er/sie sich

  • nachhaltig und
  • unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden und zumutbaren Mittel bemüht hat,
  • eine angemessene Tätigkeit zu finden.

Allein die Meldung beim Arbeitsamt ist nicht ausreichend. Der BGH fordert Eigeninitiative bei den Bewerbungsbemühungen. Wer Unterhalt beansprucht, muss seine Bemühungen um einen Arbeitsplatz in nachprüfbarer Weise vollumfänglich darlegen. Ein Unterhaltsanspruch kann nur bestehen, wenn keine reale Beschäftigungschance bestanden hat. In diesem Zusammenhang muss auch beachtet werden, ab welchem Zeitpunkt für den Anspruchsteller die Verpflichtung bestand sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen und ob evtl. Zeiträume ungenutzt verstrichen sind.

Geschiedene(r) hat keinen Anspruch auf Unterhalt bei falschen oder unvollständigen Angaben über mögliche Einkünfte

Sind die Angaben über das tatsächlich erzielbare Einkommen unwahr oder unvollständig, besteht kein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt, wie das Oberlandesgericht Brandenburg mit Urteil vom 10.07.2009 (Az. : 9 UF 85/08) jüngst entschieden hat.

Das Gericht hat festgestellt, dem Unterhaltspflichtigen seien weitere Unterhaltszahlungen nicht mehr zumutbar, nachdem die Ex-Frau trotz ausdrücklicher gerichtlicher Aufforderungen nachweislich unvollständige Angaben zu den von ihr tatsächlich erzielbaren Einkünften machte. Das Gericht stellte klar, unrichtige oder nur unvollständige Angaben zum Einkommen die nacheheliche Solidaritätspflicht verletzen und zudem den Tatbestand des Betrugs erfüllen (Prozessbetrug).

Der Seitensprung kann den Unterhalt kosten

Nach einer Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 7.11.2008 (2 UF 102/08) besteht kein Anspruch auf Trennungsunterhalt, wenn derjenige der Unterhalt begehrt, aus einer intakten Ehe ausbricht.

Ein einseitiges Ausbrechen aus einer intakten Ehe verletze die eheliche Solidarität. Aus diesem Grund sei es dem verlassenen Partner nicht zumutbar, dann zusätzlich noch Unterhaltsleistungen zu erbringen.

Als schwierig wird sich in der Praxis die Beantwortung der Frage erweisen, ob die Ehe tatsächlich noch intakt war. Dann davon hängt maßgeblich ab, ob Unterhaltsforderung berechtigt ist.

3.Gesteigerte Unterhaltspflicht – Anrechnung fiktiver Einkünfte

Eine Anrechnung fiktiver Einkünfte bei dem Unterhaltspflichtigen ist nur dann möglich, wenn diese nachgewiesen werden kann, dass er sich nicht hinreichend um einer Erwerbstätigkeit bemüht und, dass für ihn überhaupt die Möglichkeit besteht, die zur Erfüllung der Unterhaltspflicht erforderlichen Einkünfte zu erzielen (OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.01.2009 - 13 WF 128/08, DRsp Nr. 2009/2475).

Gegenüber minderjährigen Kindern haben Eltern eine gesteigerte Unterhaltspflicht, woraus auch die Pflicht der Eltern resultiert, ihre Arbeitskraft im Rahmen des möglichen und zumutbaren einzusetzen. Die Beurteilung, ob ein fiktives Einkommen zugrunde gelegt werden kann, hängt von zahlreichen Faktoren wie Alter, Ausbildung, Berufserfahrung, Gesundheitszustand des Unterhaltspflichtigen sie der aktuellen Situation am Arbeitsmarkt ab.

Ausführlicher dazu: http://www.123recht.de/article.asp?a=40817

- Beachtenswert ist auch der Beschluss des OLG Brandenburg vom 29.01.2009 (13 WF 29/08).

In dem Fall begehrte der unterhaltspflichtige Vater die Abänderung der Jugendamtsurkunde, da er für seine volljährige Tochter nicht mehr unterhaltspflichtig und auch nicht leistungsfähig sei. Diese lebte mit Zustimmung der Kindesmutter bei Großeltern und befand sich in der allgemeinen Schulausbildung zum Erwerb des Fachabiturs. Der Vater bewohnt ein eigenes Haus. Er war lediglich als geringfügig Beschäftigter tätig und übte eine Nebentätigkeit aus.

Das Gericht entschied:
Der Unterhaltspflichtige erzielt durch seine ausgeübte Tätigkeit ein zu geringes Netto-Einkommen. Eine weitere Nebentätigkeit sei ihm zumutbar. Es ist zu berücksichtigen, dass selbst bei einer Vollzeittätigkeit im Schichtdienst (max. 48 Std.) eine oder mehrere Nebentätigkeiten aufgenommen werden können.

Das Gericht unterstellt dem Unterhaltspflichtigen ein monatliches erzielbares Netto-Einkommen, wenn dieser eine ihm zumutbare Nebentätigkeit nicht ausübt.

Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der im eigenen Wohnhaus lebt und sich Mietzahlungen spart. Diese Ersparnisse sind dahingehend zu berücksichtigen, dass sich der Selbstbehalt um die ersparte Mietzahlung kürzt.

4.Betreuungsunterhalt

Mit seinem Urteil vom 18.03.2009 (XII ZR 74/08) hat der BGH der früheren 0-8-15-Regelung zum Betreuungsunterhalt alleinerziehender Mütter ein Ende gesetzt. Je nach bestehender Betreuungsmöglichkeit sind Mütter künftig frühzeitiger verpflichtet, Ihre Arbeitstätigkeit in Richtung Vollzeiterwerb auszudehnen, sofern dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.

Es wird künftig keine pauschal am Alter des Kindes ausgerichtete Erwerbsobliegenheit mehr geben. Nach der Neuregelung im Unterhaltsrecht wird in der Zukunft bei jedem Einzelfall konkret geprüft werden müssen, welche Betreuungsmöglichkeiten bestehen und wie das Kind eine Fremdbetreuung verkraftet.

Ausführlicher zum Betreuungsunterhalt: http://www.123recht.de/Unterhalt---Urteil-des-KG-Berlin-zum-Betreuungsunterhalt-__a39577.html