"Ist der Absender der E-Mail bekannt, lohnt sich der Weg zum Anwalt"

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123recht.de Interview mit Rechtsanwalt Niko Härting aus Berlin über den Entwurf zum Anti-Spam-Gesetz

123recht.de: Herr Härting, ist es wirklich notwendig, das Verschicken von Spams unter Strafe zu stellen?

Härting: Ich halte es in der Tat für sinnvoll, ernsthaft über eine Strafnorm für Spammer nachzudenken. Das Spamming ist unbestreitbar ein großes Ärgernis und gefährdet nicht zuletzt auch die Zuverlässigkeit der E-Mail als Kommunikationsmittel. Zudem ist das Fax-Spamming als Sachbeschädigung strafbar, und es ist nicht recht einzusehen, weshalb es dann für das E-Mail-Spamming keine Strafnorm geben soll.

Die Einführung einer Strafnorm hätte zum einen gewiss präventive, d.h. abschreckende Wirkung. Zum anderen würde eine Strafnorm den Ermittlungsbehörden die Möglichkeit geben, Zwangsmaßnahmen zur Ermittlung der Absender von Spam-Mails zu ergreifen.

Sofern man die "große Keule" eines Straftatbestandes scheuen sollte, bleibt die Möglichkeit der Einführung eines Bußgeldtatbestandes. Ein solcher Bußgeldtatbestand ließe sich beispielsweise in das TDG einführen. Das TDG enthält eine Bußgeldnorm für ein fehlendes oderunvollständiges Webimpressum. Es ist nicht einzusehen, weshalb das Spamming nicht zumindest in gleicher Weise als Ordnungswidrigkeit geahndet werden soll.

123recht.de: Eine zivilrechtliche Verfolgung reicht also nicht aus?

Härting: Eine zivilrechtliche Verfolgung setzt voraus, dass der Absender der Spam-Mail bekannt ist. Bleibt der Spammer anonym, so könnten strafprozessuale Ermittlungsbefugnisse dazu beitragen, dort zu wirken, wo derzeit zivilrechtliche Maßnahmen nicht möglich sind.

123recht.de: Wäre es nicht ein wahnsinniger Mehraufwand für die Strafverfolgungsbehörden? Können die das überhaupt leisten? Viele Staatsanwälte haben nicht mal einen Computer.. .

Härting: Der Fortschritt macht auch vor den Staatsanwaltschaften nicht halt. Selbstverständlich wird keine Staatsanwaltschaft der Welt jemals überausreichende Kapazitäten verfügen, um sämtliche Straftaten effektiv zu verfolgen. Gegen die Einführung neuer Strafnormen spricht dies aber nicht.

123recht.de: Wie kann ich selbst Spam verhindern? Gibt es Software, Vorsichtsmaßnahmen?

Härting: Neben dem Einsatz von Spam-Filtern gibt es eine weitere Vorsorgemaßnahme gegen Spam-Mails: Man sollte versuchen, eine E-Mail-Adresse zu wählen, die sich nicht "auf Verdacht" erfinden lässt, z.B. wrv at haerting statt info at haerting.de.
(Anmerkung der Redaktion: Wenn möglich sollten Adressen im Internet außerdem immer mit "at" umschrieben werden, um spezielle Suchmaschinen daran zu hindern, die Adressen zu kopieren)

123recht.de: Was ist zu tun, wenn ich mit Spam bombadiert werde? Wie finde ich den Absender? Was ist rechtlich zu unternehmen?

Härting: Ist der Absender der E-Mail bekannt, lohnt sich der Weg zumAnwalt. Zivilrechtlich haben die Gerichte die Rechtslage in den letzten Jahren weitestgehend geklärt. Das Opfer einer Spam-Mail hat einen Unterlassungsanspruch gegen den Spammer. Dieser Unterlassungsanspruch ist gerichtlich durchsetzbar.

123recht.de: Warum sind Werbepostwurfsendungen erlaubt, elektronische Werbung aber nicht? Sind nicht beide vergleichbare Werbemittel?

Härting: Elektronische Werbung ist nicht verboten, sondern erlaubt, sofern der Empfänger (vorab) zustimmt. Der Unterschied zu Werbepostwurfsendungen ist lediglich, dass bei Postwurfsendungen das so genannte opt-out-Prinzip gilt, während aufgrund der EU-Datenschutzrichtlinie für E-Mails das opt-in-Prinzip zu beachten ist.
(Anm. der Redaktion: Bei "opt-out" darf man solange zugemüllt werden, bis man sich ausdrücklich dagegen ausspricht, bei "opt-in" muss eine vorherige Genehmigung vorliegen)

123recht.de: Viele Versender schreiben in die Betreffzeile ausdrücklich "Werbung" und argumentieren dann: Diese E-Mail ist kein Spam, weil in der Betreffzeile ja ausdrücklich gesagt werde, dass es sich um Werbung handelt. Gerne wird auch gesagt: Dies ist kein Spam, sondern eine seriöse Geschäftsanbahnung... Macht das irgendeinen Unterschied?

Härting: Eine Spam-Mail ist auch dann eine Spam-Mail, wenn sie behauptet, keine Spam-Mail zu sein.

123recht.de: Viele Spams kommen aus dem Ausland. Was macht man dann?

Härting: Gegen ausländische Spammer besteht zivilrechtlich keine wirksame Handhabe.

123recht.de: Danke für das Gespräch!

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