Durch die Prüfung gefallen - was nun?

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Die Anfechtung einer Prüfung oder Prüfungsnote

Man lernt und lernt und lernt, trotzdem wurde die Prüfung nicht bestanden. Lag es an mir oder dem Prüfer, der mich nicht mag? Kann gegen die Prüfung oder die Note Widerspruch eingelegt werden? 123recht.de im Interview mit Rechtsanwalt Rolf Tarneden, Spezialist für Prüfungs- und Hochschulrecht.

123recht.de: Herr Tarneden, was können Prüflingen machen, wenn Sie mit der Note nicht einverstanden sind? Besteht für Prüflinge überhaupt ein Schutz vor ungerechtfertigten Prüfungsergebnissen?

Rolf Tarneden
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Rechtsanwalt
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Ausländerrecht, Strafrecht, Hochschulrecht, Verkehrsrecht

Lärm bei Prüfung ist Anfechtungsgrund

Rechtsanwalt Tarneden: Ein Prüfling hat grundsätzlich drei Möglichkeiten, mit denen er eine abgelegte Prüfung angreifen kann. Angefochten werden kann die Bewertung, das Prüfungsverfahren oder der Prüfer:

  • Wer die Bewertung anficht, macht geltend, dass er eine höhere Note für seine Prüfungsleistung erhalten muss.
  • Wer das Prüfungsverfahren anficht, macht geltend, dass das Verfahren rechtswidrig war (z.B. Baulärm vor dem Prüfungsraum) und die Prüfung wiederholt werden muss.
  • Wer den Prüfer anficht, macht mit einem Befangenheitsantrag geltend, dass der Prüfung aus dem Prüfungsverfahren entfernt wird.

Klassenarbeit kann nur über Zeugnisnote angefochten werden

123recht.de: Können alle Arten von Prüfungen angefochten werden?

Rechtsanwalt Tarneden: Vereinfacht gesagt können tatsächlich alle Prüfungen angefochten werden. Nur in Ausnahmefällen gibt es unanfechtbare Teilprüfungen. Bedeutung erlangen unanfechtbare Teilprüfung eher bei Schulprüfungen als bei Hochschulprüfungen.

Beispiel: Schreibt ein Schüler in einem Schulhalbjahr 3 Mathearbeiten, so kann eine Mathearbeit nur über die Zeugnisnote angefochten werden: Es müsste dann also der Prüfungsbescheid – hier das Zeugnis – abgewartet werden.

123recht.de: Wenn Menschen etwas prüfen, sind Fehler ja nicht immer zu vermeiden. Was sind aus Ihrer Praxis die häufigsten Gründe für eine Prüfungsanfechtung?

Rechtsanwalt Tarneden: Am häufigsten kommen formale Fehler vor (z.B. Zweitgutachten wurde nicht eingeholt, Prüfungszeit zu kurz oder zu lang, mangelhafte Prüfungsbedingungen, z.B. Baulärm vor dem Prüfungsraum oder andere Ablenkungen.

123recht.de: Können Sie unseren Lesern kurz skizzieren, wie so eine Anfechtung abläuft?

Rechtsanwalt Tarneden: Die Einwendungen sollten schnellstmöglich gegenüber der Hochschule oder der Schule geltend gemacht werden.

Wenn das Fortkommen für den Mandanten besonders eilbedürftig ist (typisch: Nichtbestehen der letzten Wiederholungsprüfung), sollte in aller Regel zur Beschleunigung eine einstweilige Anordnung beantragt werden.

Formale Fehler schnellstmöglich geltend machen

123recht.de: Müssen spezielle Fristen dazu eingehalten werden?

Rechtsanwalt Tarneden: Ja, als Faustformel gilt: Alle formalen Fehler im Prüfungsverfahren (z.B. Prüfungszeit zur kurz oder zu lang, mangelhafte Prüfungsbedingungen (z.B. Baulärm vor dem Prüfungsraum)) sollten schnellstmöglich geltend gemacht werden. Gut 1/3 aller Mandatsanfragen muss ich zurückweisen, weil die Mandanten sich viel zu spät melden.

Bewertungsfehler können auch später geltend gemacht werden.

Wichtig: Immer muss die Frist von einem Monat für Widerspruch oder Klage eingehalten werden.

123recht.de: Studenten, Azubis oder Schülern sind ja meist keine Großverdiener. Mit welcher Kostenhöhe muss man bei einer Anfechtung rechnen?

Rechtsanwalt Tarneden: Für eine Anfechtung muss man mindestens 500 € rechnen. Die Gebühren richten sich nach der Bedeutung der Prüfung. Letzten Monat hatte ich einen Fall, in dem die Mittelgebühr bei einer hochwertigen Prüfung bei ca. 1.500,00 € lag. Eine Beratung ist günstiger, bei mir für 120 € zu haben. In der Beratung kann erörtert werden, ob eine Anfechtung überhaupt Sinn macht.

123recht.de: Hilft eine Rechtsschutzversicherung bei den Kosten?

Rechtsanwalt Tarneden: Wer Prüfungsrecht versichert hat, kann auf seine Rechtsschutz zählen.

Wiederholungsprüfung oder Neubenotung

123recht.de: Was ist die Folge einer wirksamen Prüfungsanfechtung?

Rechtsanwalt Tarneden: Entweder eine Wiederholungsprüfung oder eine Neubewertung.

Bei der Wiederholungsprüfung kann der Prüfling die Prüfung erneut absolvieren (natürlich mit anderer Aufgabenstellung).

Bei der Neubewertung wird die Bewertung erneut vorgenommen, je nach Fall entweder von demselben oder von einem anderen Prüfer.

123recht.de: Was raten Sie generell Prüflingen, die der Meinung sind, ungerecht benotet worden zu sein?

Rechtsanwalt Tarneden: Es sollte ein Anwalt konsultiert werden und in eine Beratung investiert werden. Ein versierter Anwalt kann schnell analysieren, ob die Chancen gut, mittel oder schlecht sind.

Mein Tipp: Prüfungsrecht ist eine sehr spezielle Materie. Prüflinge sollten daher großen Wert darauf legen, dass ihr Anwalt über jahrelange Erfahrung im Prüfungsrecht verfügt.

123recht.de: Vielen Dank Herr Tarneden.

Rolf Tarneden
Rechtsanwalt

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