Die Heirat in Deutschland - Was müssen Paare beachten?

Mehr zum Thema: Experteninterviews, Heirat, Eheschließung, Unterlagen, Voraussetzungen, Standesamt, Ausländer
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Unterlagen, Alter, Untersagungsgründe - Welche Voraussetzungen müssen Sie für eine Hochzeit erfüllen?

Die Hochzeit gilt für viele Menschen immer noch als schönster Tag des Lebens. Eine Heirat bedeutet jedoch auch einige Veränderungen. Wie ist der Ablauf, was benötigen Sie und welche Rechtsfolgen hat eine Hochzeit? Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht Anke Schüler erklärt, was Sie zum Thema Eheschließung wissen müssen.

"Jeder unverheiratete volljährige Mensch kann heiraten"

123recht.de: Frau Schüler, wer kann in Deutschland heiraten?

Rechtsanwältin Schüler: Jeder unverheiratete volljährige Mensch kann heiraten, wenn kein Ehehindernis besteht. Gemäß § 1306 BGB können unter bestimmten Voraussetzungen auch 16-Jährige heiraten. Der Ehepartner muss volljährig sein und das Familiengericht muss die Befreiung zur Heirat erteilen.

123recht.de: Muss ich mich vorher verlobt haben?

Rechtsanwältin Schüler: Man ist rechtlich verlobt, wenn man sich geeinigt hat zu heiraten. Insofern sollte man sich vorher in der Tat „verloben". Eine offizielle Verlobung ist jedoch nicht erforderlich.

Die Anmeldung zur Eheschließung erfolgt am Wohnortstandesamt

123recht.de: Welche Voraussetzungen muss ich für eine Heirat erfüllen? Was für Unterlagen werden für eine Heirat benötigt und wo bekomme ich diese?

Rechtsanwältin Schüler: Man benötigt eine Anmeldung zur Eheschließung vom Wohnortstandesamt. Außerdem sind folgende Papiere erforderlich:

  • Personalausweis oder Reisepass (Einwohnermeldeamt)
  • Beglaubigte Abschrift des Familienbuches oder Abstammungsurkunde der Eltern beider Partner oder Geburtsurkunde (Standesamt)
  • Aufenthaltsbescheinigung (falls vorhanden)
  • Ehefähigkeitszeugnis (für Ausländer)

Je nach Lebenslage könnten auch folgende Dokumente wichtig werden:

  • Scheidungsurkunde einer vorherigen Ehe
  • Sterbeurkunde eines vorherigen Ehepartners
  • Geburtsurkunden von Kindern sowie deren Sorgerechtsregelungen
  • Nachweis akademischer Grade, wenn diese integriert werden sollen

Für Paare, bei denen ein Teil eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzt oder adoptiert ist, werden weitere Dokumente notwendig. Alle Papiere dürfen nicht älter als ein halbes Jahr sein.

123recht.de: Gibt es dabei Fristen, die ich beachten muss?

Rechtsanwältin Schüler: Die Anmeldung zu Eheschließung darf nicht länger als sechs Monate vor der Trauung erfolgen.

123recht.de: Benötige ich zwingend einen Trauzeugen?

Rechtsanwältin Schüler: Nein.

Partner dürfen auch nur kirchlich heiraten

123recht.de: Kann ich auch nur kirchlich heiraten?

Rechtsanwältin Schüler: Seit dem 1. Januar 2009 können sich Paare auch nur in der Kirche trauen lassen. Das ist aber nur in der katholischen Kirche möglich. Denn dort ist die Trauung ein Sakrament und damit eine Handlung vor Gott, die auch ohne staatliche Bestätigung funktioniert. ABER: Nur in der Zivilehe, also der Ehe vor dem Standesamt, gelten die üblichen gesetzlichen Regelungen (Unterhalt, Erbrecht, etc.)

123recht.de: Muss mir mein Chef für meine Hochzeit freigeben?

Rechtsanwältin Schüler: Nicht zwingend. Sonderurlaub ist in § 616 BGB geregelt. Ein Anspruch auf Sonderurlaub bei einer Hochzeit ist hier nicht festgelegt. Die Gerichte halten den Sonderurlaub jedoch für angemessen. Manche Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen regeln diese Frage.

Durch die Heirat treten umfangreiche Folgen für Eheleute ein

123recht.de: Welche rechtlichen Folgen hat die Heirat für die Vermählten?

Rechtsanwältin Schüler: Die Eheschließung hat folgende Rechtsfolgen:

  • Der Familienname kann geändert werden.
  • Die Freibeträge bei Kapitalerträge ändern sich.
  • Versicherungen können zusammengelegt werden.
  • Eheleute haben vor Gericht ein Zeugnisverweigerungsrecht.
  • Der Vermieter muss nicht um Erlaubnis gefragt werden, wenn der Ehepartner einzieht.
  • Eheleute erhalten Auskunft vom behandelnden Arzt bei Erkrankung des anderen.
  • Die Steuerklasse wird geändert: entweder 3/5 oder 4/4.
  • Wird ein Kind geboren ist der Ehemann automatisch gesetzlicher Vater, egal ob er der tatsächliche Vater ist.
  • Es entsteht die Möglichkeit, beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenkasse mitversichert zu sein.
  • Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft entsteht. Dieser kann notariell in Gütertrennung oder Gütergemeinschaft (veraltet) geändert werden.
  • Es entsteht ein gesetzliches Erbrecht § 1931 BGB.
  • Man ist sich grundsätzlich zum gegenseitigen Unterhalt verpflichtet.
  • Die während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften werden bei der Scheidung geteilt.
  • Bei Eheschließungen entsteht mit einigen Ausnahmen ein Anspruch auf Witwen/r-Rente.
  • Strafrechtlich hat der Ehegatte eine sog. Garantenstellung und kann sich daher wegen Unterlassen schneller strafbar machen.

123recht.de: Könnten Sie die Auswirkungen auf den Familiennamen genauer ausführen?

Rechtsanwältin Schüler: Das Namensrecht nach der Eheschließung wird in folgender Tabelle verdeutlicht:

Namen vor der Heirat: Frau Barbara Meyer / Herr Christian Schmitt
Fall: Mögliche Nachnamen Nachname der Kinder
1 Familie Schmitt Christian Schmitt, Barbara Schmitt (geb. Meyer) Schmitt
2 Familie Meyer Christian Meyer (geb. Schmitt), Barbara Meyer Meyer
3 Beide behalten Ihren Namen: Frau Meyer / Herr Schmitt einer der beiden Nachnamen für alle zukünftigen Kinder (muss spätestens 1 Monat nach der Geburt bestimmt werden)
4 Doppelname Frau Barbara Schmitt-Meyer o. Barbara Meyer-Schmitt, Christian Schmitt Schmitt
5 Doppelname Mann Christian Schmitt-Meyer o. Christian Meyer-Schmitt, Barbara Meyer Meyer

Einen Doppelnamen darf nur einer der beiden Partner auswählen.

123recht.de: Gibt es auch Gründe, die eine Ehe untersagen?

Rechtsanwältin Schüler: Im gegenwärtigen deutschen Recht bestehen nur noch wenige Eheverbote, die in den §§ 1306 ff. BGB aufgezählt sind:

  • Verbot der Eheschließung bei bestehender Ehe (Doppelehe. Strafbar gem. § 172 StGB) oder Lebenspartnerschaft (Verbot der Bi- und Polygamie) - § 1306 BGB
  • Verbot der Verwandtenheirat. Eine Ehe darf nicht geschlossen werden zwischen Blutsverwandten gerader Linie und zwischen voll- oder halbbürtigen Geschwistern - § 1307 BGB
  • Das Verbot der Verwandtenheirat gilt auch für adoptierte Kinder im Verhältnis zu den Adoptiveltern und deren Verwandten. Besteht die Verwandtschaft durch Adoption nur in der Seitenlinie, kann vom Heiratsverbot Befreiung erteilt werden. - § 1308 BGB

Eine entgegen einem Eheverbot geschlossene Ehe ist gleichwohl wirksam, jedoch mit dem Makel der Anfechtbarkeit. Sie kann mit Ausnahme des Falles der Adoptivverwandtschaft mit Hilfe eines so genannten „Eheaufhebungsverfahrens" (§§ 1313 ff. BGB) aufgehoben werden.

Auch Hochzeiten im Ausland können in Deutschland gültig sein

123recht.de: Was ist mit Hochzeiten im Ausland, z.B. in Las Vegas? Ist so etwas in Deutschland gültig?

Rechtsanwältin Schüler: Grundsätzlich werden in der Bundesrepublik Deutschland Ehen auch dann anerkannt, wenn sie im Ausland geschlossen wurden. Voraussetzung ist allerdings, dass sie nach den im Eheschließungsland geltenden Gesetzen geschlossen wurde und nicht gegen deutsche Verfassungsgrundsätze verstößt (hierunter fallen insbesondere Verstöße gegen das Verbot der Mehrehen). Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland besteht in manchen Ländern die Möglichkeit, allein religiös die Ehe zu schließen. Auch diese Eheschließungen sind, wie Eheschließungen vor staatlichen Stellen, in der Bundesrepublik Deutschland gültig, wenn sie nach dem Recht des Eheschließungslandes gültig sind und die Ehe bei staatlichen Stellen registriert wurde.

Ausländer benötigen ein Ehefähigkeitszeugnis der Heimatbehörde

123recht.de: Was müssen Ausländer bei einer Heirat in Deutschland beachten?

Rechtsanwältin Schüler: Gemäß § 1309 I BGB hat der ausländische Heiratswillige ein Ehefähigkeitszeugnis seiner Heimatbehörde vorzulegen. Das ist eine Bescheinigung darüber, dass der Eheschließung nach seinem Heimatrecht keine Gründe entgegenstehen und soll dem Standesbeamten die Prüfung erleichtern, ob das nach deutschem Internationalen Eheschließungsrecht maßgebende Heimatrecht des Ausländers (Art. 13 Abs. 1 EGBGB) die Eheschließung erlaubt; es soll mittelbar eine Ehe verhindern, die den Vorschriften des Heimatrechts des Betroffenen widerspricht. Ist kein Ehefähigkeitszeugnis zu erlangen, so kann bei dem Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG) Befreiung beantragt werden. Der OLG-Präsident prüft dann, ob der Betroffene die beabsichtigte Ehe eingehen kann oder ob das maßgebliche Heimatrecht die Eingehung der Ehe verbietet. Die Befreiung ist auch zu erteilen, wenn es mit der grundgesetzlich garantierten Eheschließungsfreiheit unvereinbar ist, die Eheschließung zu versagen. Dies kommt zum Beispiel in Betracht, wenn es nach dem Heimatrecht des Ausländers verboten ist, als Geschiedener wieder zu heiraten. Nach dem Recht einiger muslimischer Staaten ist es einer Muslimin verboten, einen Nicht-Muslim zu heiraten. Auch dieses Eheverbot kann in Deutschland keinen Bestand haben.

123recht.de: Vielen Dank für das informative Gespräch.