Das Patent - das müssen Erfinder wissen

Mehr zum Thema: Experteninterviews, Patent, Anmeldung, Kosten, Erfinder, Erfindung, Idee, Lizenz
3,56 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
16

Wann ist eine Patentanmeldung sinnvoll? Anmeldevoraussetzung, Nutzen und Kosten von Patenten

2015 wurden allein in Deutschland 66.889 Patente beim deutschen Patent- und Markenamt angemeldet. Eine sehr große Zahl. Die Anmeldung ist ein sehr komplizierter Vorgang mit einigen Hürden für den Erfinder. 123recht.de klärt mit Rechtsanwalt Thomas Seidel die wichtigsten Fragen rund um das Patent.

Erfindung muss Weltneuheit sein

123recht.de: Herr Seidel, ich habe eine Idee. Kann ich diese schützen lassen?

Thomas Seidel
Partner
seit 2015
Rechtsanwalt
Südportal 1
22848 Norderstedt
Tel: 040 - 320 46 390
Web: http://www.copyandright.de
E-Mail:
Markenrecht, Urheberrecht, Wettbewerbsrecht, Internet und Computerrecht, Vertragsrecht

Rechtsanwalt Seidel: Ob eine Idee geschützt werden kann hängt davon ab, welches der gewerblichen Schutzrechte hierfür einschlägig ist und ob dessen gesetzliche Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind.

Meiner Erfahrung nach fällt den meisten Menschen zuerst der Begriff des Patents ein, wenn es um den Schutz geistigen Eigentums geht. Als „Patent“ können nur Erfindungen auf dem Gebiet der Technik geschützt werden. Neben dem Patent gibt es auch noch andere gewerbliche Schutzrechte, mit denen auch nicht-technische Ideen geschützt werden können. Hierzu zählen insbesondere Marken, mit denen Namen und Logos geschützt werden können sowie eingetragene Designs, mit denen - der Name sagt es schon - Produktdesigns monopolisiert werden können.

123recht.de: Was muss außer der Idee noch vorliegen, damit ein Patent erteilt werden kann?

Rechtsanwalt Seidel: Damit ein Patent erteilt werden kann, müssen eine Reihe gesetzlicher Voraussetzungen erfüllt sein.

So wird ein Patent beispielsweise nur für Erfindungen erteilt, die technische Innovationen beinhalten, also ein technisches Problem mit technischen Mitteln lösen. Ferner muss es sich bei der Erfindung im Zeitpunkt der Anmeldung um eine Weltneuheit handeln. Wurde die patentgemäße Erfindung bereits einmal irgendwann, irgendwo auf der Welt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und sei es vom Erfinder selbst, etwa durch das Ausstellen auf einer Messe, so liegt die für ein Patent erforderliche Neuheit nicht mehr vor. Geheimhaltung ist also Pflicht!

Des Weiteren muss das technische Element, das die Erfindung von dem bekannten Stand der Technik unterscheidet, einen „erfinderischen Schritt“ darstellen. Das bedeutet, dass sich die darin enthaltene technische Innovation für den Fachmann nicht naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben darf. Kurz gesagt: Die Idee muss etwas Besonderes sein und über das normale handwerkliche Maß hinausgehen.

Das Patent dient der „Absicherung von Investitionen“

123recht.de: Welchen Sinn und Nutzen verfolgt das Patent?

Rechtsanwalt Seidel: Das Patent dient in erster Linie der Absicherung von Investitionen. Der Erfinder soll die Früchte seiner Ideen ernten. Als Belohnung für seine Investitionen im Bereich der Forschung und Entwicklung und seinen Beitrag zum technischen Fortschritt soll ihm eine zeitlich befristete Monopolstellung hinsichtlich der patentierten Erfindung zustehen.

Ist ein Patent einmal eingetragen, kann es seinem Inhaber auch insofern als Geldquelle dienen, dass er Dritten gegen Zahlung entsprechender Lizenzgebühren bestimmte Nutzungsrechte an der Erfindung einräumen kann.

Für viele Unternehmen ist ein Patent auch ein nicht zu unterschätzender Imagefaktor, durch den sie ihre Innovationskraft nach außen hin dokumentieren.

"In Deutschland wird nur für etwa 50 % der Patentanmeldungen ein Patent erteilt"

123recht.de: Zur Praxis: Wie sollte man bei der Patentanmeldung vorgehen?

Rechtsanwalt Seidel: Um ein Patent anzumelden, muss der Erfinder einen entsprechenden Antrag bei dem Patentamt des Staates stellen, für das er Schutz begehrt. In Deutschland ist dies das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) in München. Da eine Patentanmeldung sehr komplex ist, sollte sich der Erfinder hier der Hilfe eines im Patentrecht erfahrenen Rechtsanwalts bedienen.

Zunächst sollte in einem Erstberatungsgespräch geklärt werden, ob es sich überhaupt um eine technische Erfindung handelt und ob vielleicht schon aus den bereits bekannten Umständen die Neuheit oder der erfinderische Schritt ausgeschlossen werden können. Eine solche Erstberatung kostet wenige hundert Euro und kann dem Mandanten im Zweifel eine teure Fehlinvestition ersparen. In Deutschland wird nur für etwa 50 % der Patentanmeldungen letztlich auch tatsächlich ein Patent erteilt.

Stehen einer Patentanmeldung nach dem Ergebnis der Erstberatung keine offensichtlichen rechtlichen Hindernisse entgegen, sollte eine Patentrecherche durchgeführt werden. Hierbei wird weltweit nach ähnlichen bereits bekannten Erfindungen gesucht, um so den Stand der Technik zu ermitteln. Nur wenn der Stand der Technik bekannt ist, kann weiter geprüft werden, ob die Erfindung tatsächlich neu ist und auf einem erfinderischen Schritt beruht.

Sind alle rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, entwirft der Rechtsanwalt die Patentanmeldung. Eine solche Patentanmeldung folgt einem bestimmten Aufbau, der dem Laien oft sehr komplex erscheint. Kern des Textwerks sind die Patentansprüche. Die Kunst hierbei ist es, diese so zu formulieren, dass Sie die Formulierung so eng wie nötig, aber gleichzeitig so allgemein wie möglich gewählt wird, um einen möglichst großen Schutzbereich zu erzielen.

123recht.de: Und mit welchen Kosten muss ich dabei rechnen?

Rechtsanwalt Seidel: Für eine Patentanmeldung in Deutschland fallen amtliche Gebühren in Höhe von 390 € sowie gegebenenfalls weitere Rechtsanwaltskosten an. Die Kosten des Rechtsanwalts liegen bei einer Erfindung mit einfacher Komplexität im Bereich von 2.000 – 20.000 €, je nach Aufwand und abhängig davon, in wie vielen „Runden“ man sich mit etwaigen Einwänden des Prüfers auseinander setzen und die Anmeldung verteidigen oder einschränken muss.

Patentanmelder kann bis zur Eintragung eine hypothetische Lizenzgebühr verlangen

123recht.de: Wie lange dauert es bis zur Eintragung, was gilt in der Zwischenzeit? Welche Probleme kann es dabei geben? Welche Möglichkeiten habe ich, wenn das Patentamt mein Patent ablehnt?

Rechtsanwalt Seidel: Die Dauer eines Patenterteilungsverfahren beträgt in Deutschland im Durchschnitt ca. 2-3 Jahre. Während dieses Verfahrens kommt es oft dazu, dass der Prüfer Einwände gegen die Neuheit erhebt, indem er ältere Patentschriften oder andere öffentlich zugängliche Quellen (sog. Entgegenhaltungen) benennt oder vorträgt, dass und warum er die Voraussetzungen für einen erfinderischen Schritt als nicht gegeben ansieht. Die Aufgabe des Anwalts ist es dann, die Einwände entweder mit rechtlichen oder technischen Argumenten zu entkräften oder den Wortlaut der Anmeldung so einzuschränken, dass ein Patent dennoch erteilt werden kann.

Wird die Patentanmeldung nach Abschluss des Verfahrens abgewiesen, kann innerhalb eines Monats seit Bekanntgabe der Entscheidung ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt werden.

Im Zeitraum zwischen Patentanmeldung und Patenterteilung gewährt das Gesetz dem Anmelder einer Erfindung lediglich einen Anspruch auf Entschädigung. Der Patentanmelder kann also die Zahlung einer hypothetischen Lizenzgebühr verlangen. Zu beachten ist allerdings, dass dieser vorgenannte Anspruch rückwirkend wegfällt, wenn die Anmeldung nicht zur erhofften Erteilung führt, etwa weil sie zurückgenommen oder zurückgewiesen wird.

Gebrauchsmuster: Schneller und günstiger als ein Patent

123recht.de: Gibt es Alternativen zum Patent?

Rechtsanwalt Seidel: Ja, das Patent hat in Deutschland noch einen kleinen Bruder: das Gebrauchsmuster. Der Vorteil gegenüber einem Patent ist, dass es schneller und günstiger zu erreichen ist. Dem steht jedoch der Nachteil gegenüber, dass es sich bei dem Gebrauchsmuster nur um ein formales Schutzrecht handelt. Anders als beim Patent werden die Voraussetzung „Neuheit“ und „erfinderischer Schritt“ vom Patentamt nicht geprüft. Das bedeutetet: Wie viel ein Gebrauchsmuster wirklich wert ist, erfährt der Anmelder erst im Verletzungsprozess, wenn er dies nicht zuvor selbst gewissenhaft hat prüfen lassen. In diesem Fall relativiert sich der vermeintliche Kostenvorteil des Geschmacksmusters gegenüber dem Patent jedoch wieder etwas. Ein Gebrauchsmuster kann jedoch zum Beispiel dann sinnvoll sein, wenn zunächst nicht klar ist, ob sich das längere und teurere Patenterteilungsverfahren für den Anmelder lohnt. Dann kann nämlich zunächst kostengünstig ein Gebrauchsmuster angemeldet werden. Wird später doch noch ein Patent angemeldet, kann hierfür der Zeitrang (Priorität) des Gebrauchsmusters in Anspruch genommen werden.

123recht.de: Sollte man aus Ihrer beruflichen Praxis den Schritt der Patentanmeldung grundsätzlich wagen?

Rechtsanwalt Seidel: Meiner Erfahrung nach lohnt es sich für jemanden, der eine technische Erfindung gemacht hat und in ihr ein entsprechendes wirtschaftliches Potential sieht, in jedem Fall, in einer Erstberatung bei einem auf das Patentrecht spezialisierten Rechtsanwalt zunächst einmal grob die Voraussetzungen für eine Patenterteilung prüfen zu lassen.

Erst wenn der Mandant die Erfolgsaussichten und die etwaigen Kosten der Anmeldung kennt und vielleicht aufgrund einer Patentrecherche auch schon einen Überblick über den aktuellen Stand der Technik hat, kann er den voraussichtlichen wirtschaftlichen Wert seiner Erfindung realistisch einschätzen.

Verletzungen eines Patents: Abmahnungen und Schadensersatz

123recht.de: Was kann ich als Erfinder oder Firma machen, wenn ich mein Patent verletzt sehe?

Rechtsanwalt Seidel: Wenn es die Zeit zulässt, empfiehlt es sich, den mutmaßlichen Verletzer anwaltlich abmahnen zu lassen. In dieser Abmahnung legt der Patentinhaber die Gründe dar, warum aus seiner Sicht eine Patentverletzung vorliegt und fordert den Verletzer zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Verletzer soll sich also vertraglich verpflichten, dass ihm vorgeworfene nicht noch einmal zu tun und für den Fall der Zuwiderhandlung die Zahlung einer angemessenen Vertragsstrafe zu zahlen. Daneben werden oft noch weitere Ansprüche auf Auskunft, Schadensersatz, Vernichtung der patentverletzenden Erzeugnisse und Ersatz der erforderlichen Rechtsanwaltskosten verlangt.

Wenn es besonders schnell gehen muss, beispielsweise weil der Rechteinhaber erst kurz vor einem Messetermin von der bevorstehenden Verletzungshandlung erfährt, oder wenn der Verletzer auf die Abmahnung nicht reagiert, kann ein gerichtliches Eilverfahren eingeleitet werden, um schnell und (relativ) kostengünstig eine vorläufige Entscheidung zu erlangen. Eine solche Verfügung kann sogar ergehen, ohne dass der mutmaßliche Verletzer vorher vom Gericht angehört wird.

Soll eine dauerhafte Entscheidung erzielt werden, muss der Rechteinhaber bei dem zuständigen Gericht eine teurere und langwierigere (Hauptsache-) Klage erheben. Ist zuvor bereits eine einstweilige Verfügung gegen den Verletzer ergangen, kann er diese als endgültige Regelung anerkennen, um ein Hauptsacheverfahren zu vermeiden.

Gebühren werden im Laufe der Patenteintragung immer teurer

123recht.de: Verlangsamen Patente nicht den technischen Fortschritt?

Rechtsanwalt Seidel: Dem Interesse der Allgemeinheit am technischen Fortschritt steht immer auch das Monopolinteresse des Erfinders gegenüber. Beide Interessen sind für sich gesehen berechtigt, weshalb der Gesetzgeber im Rahmen einer Interessenabwägung einen ausgeglichenen Kompromiss finden muss.

Dem technischen Fortschritt soll dadurch genüge getan werden, dass die Lebensdauer des Patents von vornherein auf maximal 20 Jahre begrenzt ist. Zudem werden die vom Inhaber des Patents zur Aufrechterhaltung zu zahlenden Gebühren mit fortschreitendem Alter der Patenteintragung immer teuerer. So soll gewährleistet werden, dass nur derjenige sein Patent aufrecht erhält, der auch ein echtes wirtschaftliches Interesse an seiner Monopolstellung hat.

Andererseits dient das Patent auch als Motor für den technischen Fortschritt, denn die Unternehmen hätten deutlich weniger Anreize, in Forschung und Entwicklung zu investieren, wenn Ihnen nicht auch durch ein Patent die Möglichkeit gegeben würde, sicherzustellen, dass sie am Ende auch die Früchte ihrer Bemühungen ernten und nicht „Trittbrettfahrer“, die selbst keine entsprechenden Investitionen getätigt haben.

123recht.de: Sind dadurch nicht kleine Firmen und Erfinder ohne die entsprechenden finanziellen Mittel gegenüber Konzernen benachteiligt?

Rechtsanwalt Seidel: Professionell durchgeführte Patentanmeldungen können für kleine Unternehmen und Einzelerfinder eine erhebliche Investition darstellen, während größere Unternehmen aufgrund ihrer finanziellen Mittel damit weniger zu kämpfen haben. Es gibt aber auch Möglichkeiten, die Kostenlast durch die Inanspruchnahme staatlicher Fördermittel zu reduzieren. Zudem besteht die Option, erst einmal eine „kleine" Patentanmeldung oder ein Gebrauchsmuster einzureichen und kostspielige Entscheidungen zeitlich hinauszuschieben, beispielsweise bis Investoren gefunden wurden.

123recht.de: Wir bedanken uns ganz herzlich für das Gespräch.

copy & right - Rechtsanwaltskanzlei
NORDPORT Towers
Südportal 1
22848 Norderstedt

www.copyandright.de

Telefon: 040 / 32 04 63 90
Telefax: 040/ 32 04 63 95