Wenn machen, wenn der Erblasser Schulden hat?

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10 Tipps über Erbausschlagung, Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz

1. Nachlass: nicht nur Guthaben zählt

Zum Erbe gehören nicht nur die Vermögenswerte wie Bankguthaben, Wertpapiere, Grundstück sondern auch die Verbindlichkeiten z. B Bestattungskosten, Kredite Unterhaltsrückstände etc.

2. Wer wäre Erbe?

Vorrangig muss geklärt werden, wer überhaupt Erbe wäre.

Das erste Prinzip des gesetzlichen Erbrechts ist das sog. Parentelsystem: Solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, sind die Verwandten nachfolgender Ordnung von der Erbschaft ausgeschlossen.

Es gehören zur

1. Ordnung: die Abkömmlinge des Erblassers, § 1924 Abs.1 BGB. An die Stelle des weggefallenen Abkömmlings treten dessen Abkömmlinge.

2. Ordnung: die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1925 Abs.1 BGB.

3. Ordnung: die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1926 Abs. 1 BGB.

4. Ordnung: die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, § 1928 Abs. 1 BGB.

3. Kann man das Erbe ausgeschlagen?

Wenn sicher ist, dass man gar nicht erben will oder der Nachlass eindeutig überschuldet ist, kann man das Erbe ausschlagen.

Die Ausschlagung erfolgt in schriftlicher Form. Die Unterschrift muss von einem Notar beglaubigt werden. Danach ist diese Erklärung dem Nachlassgericht vorzulegen. Die Ausschlagung kann auch zur Niederschrift des Nachlassgerichts erklärt werden.

Eine Ausschlagung darf nicht unter einer Bedingung erklärt werden (z. B. um einer bestimmten Person das Erbe zukommen zu lassen). Es empfiehlt sich, die Gründe der Ausschlagung (z. B. Überschuldung des Nachlasses) in der Erklärung anzugeben. Ferner kann es zweckmäßig sein, die Ausschlagung ausdrücklich „aus allen Berufungsgründen", das heißt, aufgrund gesetzlicher und auch testamentarischer Erbfolge, zu erklären.

4. Welche Frist gilt für die Ausschlagung?

Die Ausschlagung ist nur wirksam, wenn die Erklärung innerhalb einer Frist von sechs Wochen dem Nachlassgericht zugeht. Fristbeginn ist der Zeitpunkt, in dem der Erbe von dem Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt hat. Wie die Kenntnis erlangt wurde, ist nicht von Bedeutung. Es ist also nicht erforderlich, dass ein Schreiben des hiesigen Gerichts vorliegt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) berufen, so beginnt die Frist nicht vor Eröffnung der Verfügung von Todes wegen durch das Gericht.

Für einen Erben, der erst durch die Ausschlagung einer zunächst zur Erbschaft berufenen Person Erbe geworden ist, beginnt die Frist mit Kenntnis dieser Tatsache.

5. Welches Gericht ist für die Ausschlagung zuständig?

Als Nachlassgericht ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Maßgeblich ist der tatsächliche - nicht nur kurzfristige - Aufenthalt.

6. Wie läuft die Erbausschlagung für Minderjährige?

Für minderjährige Kinder oder Betreute können nur die gesetzlichen Vertreter, die die Vermögenssorge innehaben (beide sorgeberechtigten Eltern, der Vormund oder der Betreuer), die Erbschaft ausschlagen.

Es gelten die oben benannten Form- und Fristvorschriften.

In der Regel ist zur Ausschlagung durch den gesetzlichen Vertreter die Genehmigung des Vormundschafts- oder Familiengerichts erforderlich, die auch innerhalb der obengenannten Frist bei dem Nachlassgericht eingegangen sein muss.

Hier ist zu beachten, dass der Ablauf der Frist während der Bearbeitungszeit beim Familiengericht gehemmt ist. Sobald die familiengerichtliche bzw. vormundschaftsgerichtliche Genehmigung an den vertretungsberechtigten Elternteil zugestellt ist, läuft die Frist jedoch weiter. Die gerichtliche Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn das Kind erst durch die Ausschlagung des zunächst erbberechtigten Elternteils Erbe geworden ist, der das Kind auch gesetzlich vertritt.

7. Welche Wirkung hat die Ausschlagung?

Grundsätzlich ist die Ausschlagung unwiderruflich. Die Wirkungen der Ausschlagung sind in § 1953 BGB geregelt:

(1) Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.

(2) Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt.

(3) Das Nachlassgericht soll die Ausschlagung demjenigen mitteilen, welchem die Erbschaft infolge der Ausschlagung angefallen ist.

Einfacher ist die rechtliche Folge der Ausschlagung nachfolgend ausgedrückt:

Der Ausschlagende wird quasi so behandelt, als sei er bereits verstorben, sein Erbteil geht (mit Ausnahmen in Spezialfällen) an seine Erben.

8. Beschränkung der Haftung auf den Nachlass (Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenz)

Wenn die Verbindlichkeiten das Vermögen überwiegen oder nur Verbindlichkeiten vorhanden sind, gibt es die Möglichkeit, die Haftung auf die Höhe des Nachlasses zu beschränken.

Die ist möglich durch Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens.

Die Nachlassverwaltung wird vom Nachlassgericht auf Antrag der Erben eingeleitet. Bei der Nachlassverwaltung übernimmt ein Dritter die gesamten Geschäfte des Erben zur Abwicklung des Nachlasses treuhänderisch. Zu beachten ist, dass die Beantragung der Nachlassverwaltung nicht mehr möglich ist, wenn der Erbe bereits unbeschränkt haftet.

Das Nachlassgericht bestellt zunächst einen Nachlassverwalter, vorausgesetzt der Nachlass deckt zumindest die Kosten der laufenden Verwaltung und der Bestellung. Ansonsten würde die Nachlassverwaltung mangels Masse abgelehnt werden. Wenn eindeutig feststeht, dass der Nachlass mehr Schulden als Masse bietet, also überschuldet ist, muss zur Vermeidung der unbeschränkten Haftung der Erben unverzüglich bei dem zuständigen Amtsgericht Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens gestellt werden.

9. Ein Fall mit Tücken:

So hat der Bundesgerichtshof im Urteil IV ZR 263/96 (NJW 1998, 543) entschieden, dass beim Berliner Testament (§ 2269 BGB) vor dem zweiten Erbfall keine Erbausschlagung durch den Schlusserben erfolgen kann. Der Schlusserbe eines Berliner Testaments (§ 2269 BGB) kann gem. § 1946 BGB die Erbschaft erst ausschlagen, wenn er Erbe geworden ist; das wird er erst beim Tod des länger lebenden Ehegatten.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist die erklärte Ausschlagung wirkungslos geblieben. Es mag zwar sein, dass es keinen Anlass gibt, den Schlusserben vor sich selbst zu schützen oder ihn zu bevormunden. Auch ist eine möglichst frühe Klärung der Erbfolge wünschenswert.

Das reicht jedoch nicht aus, um eine Ausschlagung entgegen § 1946 BGB schon vor dem Erbfall zuzulassen.

10. Ein Spezialist hilft Haftung zu vermeiden!

Bei Nachlassverbindlichkeiten, Erbausschlagung und Nachlassverwaltung steckt der Teufel im Detail. Eine Begleitung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt ist daher dringend geboten.

Dieser muss sich mit Erbrecht, Insolvenzrecht und der Haftungsbeschränkung auskennen. Er muss auch in der Lage sein, zu prüfen, ob der Nachlass überschuldet ist.

Leserkommentare
von Aschenputtel86 am 27.09.2011 13:34:48# 1
Wie sieht es denn bei den Minderjährigen Erben aus? Wenn sie bei der Volljährigkeit nichts davon haben wollen, aber die Person die für die Vermögenssorge zuständig war, das Erbe angenommen hat. Kann man da nichts nachträglich machen? Ist doch ungerecht, wenn man nicht gefragt wird und mit 18 Jahren dann jede Menge Schulden hat.