Wann ist die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers sinnvoll?

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Den Nachlass zielgerichtet regeln

Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung ist für den Erblasser in dem Fall interessant, wenn er sich nicht sicher ist, dass sein im Testament oder Erbvertrag verfügter letzter Wille später auch so vollzogen wird, wie er es angeordnet hat. Um dies sicherzustellen, bietet sich die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers an, der den Nachlass im Erbfall verteilen bzw. einige Zeit verwalten muss.

  • In der Praxis tauchen Schwierigkeiten in der Erbauseinandersetzung immer häufiger auf. Besteht der Nachlass aus einem großen Vermögen, sind zahlreiche Erben vorhanden, diese unter Umständen auch noch jung und unerfahren oder zerstritten, so kann ein Testamentsvollstrecker viel zum reibungslosen Ablauf der Nachlassabwicklung beitragen. Oft ist die Erbauseinandersetzung innerhalb der Erbengemeinschaft mit viel Aufwand verbunden, da die Erbengemeinschaft hinsichtlich der Kosten beim Verkauf von Immobilien nicht immer an einem Strang zieht. Dadurch dauert die Erbauseinandersetzung oft mehrere Jahre, was oft auch zu einem Wertverlust des Nachlasses führen kann. Hier kann der Testamentsvollstrecker Streit vermeiden, er fungiert hier als eine Art Schiedsrichter.

    Michael Wieck
    Partner
    seit 2003
    Rechtsanwalt
    Lavesstrasse 79
    30159 Hannover
    Tel: (0511) 3577106
    Web: http://www.wieck-hoelscher.de
    E-Mail:
    Erbrecht, Bankrecht, Steuerrecht, Stiftungsrecht, Immobilienrecht

    Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung ist insbesondere zum Schutz der Erben sinnvoll, um geschäftlich unerfahrenen oder überforderten Erben zu helfen.

    Bei Minderjährigen wird der Nachlass gesichert, der Testamentsvollstrecker kann hier etwa bis zur Volljährigkeit der Erben den Nachlass verwalten.

  • Eine Testamentsvollstreckung ist hilfreich für die Umsetzung von Auflagen und Vermächtnissen, der Testamentsvollstrecker überwacht und vollzieht hier die Verfügungen des Erblassers.

  • Bei Vorliegen eines Behindertentestaments kann eine sogenannte Dauertestamentsvollstreckung erforderlich sein, damit eine regelmäßige ausreichende Versorgung des behinderten Kindes gewährleistet ist.

  • Darüber hinaus lassen die mit einer Testamentsvollstreckung erreichbaren Ziele vielfach den Wunsch aufkommen, gerade bei der Regelung der Unternehmensnachfolge die Testamentsvollstreckung einzusetzen. Dies kann mittels einer sog. Dauertestamentsvollstreckung umgesetzt werden und erscheint sinnvoll, wenn die Unternehmensnachfolge nach den Vorstellungen des Erblassers für einen von ihm vorgegebenen Zeitraum gesichert werden soll.

Soweit sie rechtsgültig sind, hat der Testamentsvollstrecker die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zu erfüllen. Der Testamentsvollstrecker hat folgende Aufgaben:

  • Ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses
  • Erfüllen von Pflichtteilsansprüchen
  • Auseinandersetzen des Nachlasses
  • Vollziehen von Vermächtnissen und Auflagen

Der Testamentsvollstrecker ist grundsätzlich dem Erblasser verpflichtet und muss dessen in seinem letzten Willen getroffenen Anordnungen ausführen. Der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft hat Rechte gegenüber dem Testamentsvollstrecker. Nach der Annahme des Testamentsvollstrecker- Amtes muss der Testamentsvollstrecker unverzüglich ein Nachlassverzeichnis erstellen. Hierzu hat der Testamentsvollstrecker die seiner Verwaltung unterstehenden Nachlassgegenstände aufzuführen und mitzuteilen, welche Nachlassverbindlichkeiten ihm bekannt sind. Der Testamentsvollstrecker hat die Pflicht, den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten. Dies verpflichtet ihn zu Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt. Er ist den Erben zur Auskunft über den Stand seiner Arbeit verpflichtet. Unter Umständen kann der Testamentsvollstrecker zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit seiner Angaben gezwungen werden.

Wenn der Testamentsvollstrecker seinen Pflichten nicht nachkommt, können die Erben einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers stellen, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt. Dies kann der Fall sein, wenn sich der Testaments-vollstrecker eigennützig verhält oder einzelne Erben bevorzugt. Wenn der Testamentsvollstrecker seine Pflichten verletzt, haftet er gegenüber den Erben für den daraus entstandenen Schaden. Von dieser Haftung kann ihn auch der Erblasser nicht entbinden.

Regelmäßig erfolgt die Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch Erklärung des Erblassers im Testament oder im Erbvertrag. Ein Formulierungsbeispiel: „Für meinen Nachlass ordne ich Testamentsvollstreckung an. Ich ernenne den Rechtsanwalt Werner Schmidt zu meinem Testamentsvollstrecker.“

Der Erblasser kann die Höhe der Vergütung bestimmen, welche der Testamentsvollstrecker erhält, sofern er das Amt annimmt. Ansonsten gibt es keine gesetzliche oder behördliche Regelung über die Höhe der Vergütung. Im Gesetz ist lediglich geregelt, dass der Testamentsvollstrecker angemessen vergütet wird. Als Anhaltspunkt für die Berechnung der Vergütung dienen verschiedene Tabellen, etwa die „Rheinische Tabelle“. Vom Nachlasswert ausgehend wird eine Vergütung berechnet. Sie liegt bei ca. 2-5 % des Nachlasswertes, kann aber, abhängig vom Wert des Nachlasses auch höher oder tiefer liegen.Grundsätzlich kann jeder zum Testamentsvollstrecker ernannt werden, der geschäftsfähig ist. Dabei ist der Erblasser in der Wahl der Person, die das Amt ausführen soll, grundsätzlich frei. Es kann sich hierbei beispielsweise um einen Verwandten, einen Miterben, die Ehefrau oder um einen Rechtsanwalt handeln. Allerdings ist es ratsam eine unparteiische Person als Testamentsvollstrecker einzusetzen, da bei Einsetzung eines Mitererbens als Testamentsvollstrecker oft Streit entsteht, da dieser oft in den Verdacht kommt zu seinen Gunsten zu handeln.

In besonders schwierigen Konstellationen, wie zerstrittene Familienverhältnisse oder wenn viel Immobilienvermögen im Nachlass vorhanden ist, ist es ratsam von vornherein einen Rechtsanwalt mit der Testamentsvollstreckung zu beauftragen.

Die Unterzeichner als tätige Testamentsvollstrecker beraten Sie diesbezüglich gern.

Verfasser: Michael Wieck, Rechtsanwalt Hannover

Ruth-Christin Hölscher, Rechtsanwältin Hannover