Bundesgerichtshof ändert seine Rechtsprechung zum Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB

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Bundesgerichtshof ändert seine Rechtsprechung zum Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Rechtsprechung bzgl. seiner Theorie der Doppelberechtigung beim Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB geändert.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat seine Rechtsprechung bzgl.  seiner Theorie der Doppelberechtigung beim Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB geändert.

Nach bisheriger Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 21. Juni 1972 – IV ZR 69/71) hatte nur derjenige einen Pflichtteilsergänzungsanspruch, der sowohl zum Zeitpunkt der Schenkung, als auch zum Zeitpunkt des Erbfalls einen Pflichtteilsanspruch hatte. Das Problem betraf die Fälle, in denen z.B. der spätere Pflichtteilsberechtigte zum Zeitpunkt der Schenkung noch nicht geboren war und somit zu diesem Zeitpunkt noch nicht Pflichtteilsberechtigt gewesen war.  

Von dieser Rechtsprechung hat sich der BGH nunmehr mit seinem Urteil vom 23.05.2012 (IV ZR 250/11) abgewandt und klargestellt, dass der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 Absatz 1 BGB nicht voraussetzt, dass die Pflichtteilsberechtigung bereits im Zeitpunkt der Schenkung bestanden haben muss. Der BGH hat dabei nicht nur auf den Wortlaut und der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift abgestellt, sondern auch auf den Sinn und Zweck des Pflichtteilsrechts, wonach eine Mindestteilhabe naher Angehöriger am Vermögen des Erblassers sicherzustellen ist. Hierfür sei es unerheblich, ob der im Erbfall Pflichtteilsberechtigte schon im Zeitpunkt der Schenkung pflichtteilsberechtigt war oder nicht.  Zudem führte die die bisherige Rechtsprechung des BGH zu einer mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Absatz 1 Grundgesetz nicht zu vereinbarenden Ungleichbehandlung von Abkömmlingen des Erblassers, da sie das Bestehen des Pflichtteilsergänzungsanspruchs von dem zufälligen Umstand abhängig machte, ob die Abkömmlinge vor oder erst nach der Schenkung geboren waren.