Domain als Werktitel: Priorität gegenüber anderen Namensrecht und Markenrecht

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Domains als relative Rechte

Domain als Werktitel: Priorität gegenüber anderen Namensrecht und Markenrecht

Zur Entscheidung inwieweit aus einer Domain für den Inhaber dingliche Rechte, schuldrechtliche Ansprüche oder bloße Nutzungsrechte hergeleitet werden können, bedarf es zunächst einer Klärung der Frage, ob der Domaininhaber absolute oder lediglich relative Rechte für sich in Anspruch nehmen kann.

Absolute Rechte (wie z.B. sog. „Namensrechte") gewähren dem Inhaber ein exklusives Recht von Dritten die Unterlassung des Namens bzw. Kennzeichens zu verlangen. Relative Rechte gewähren dem Inhaber gegenüber der Vergabestelle das Recht den Domain-Namen zu nutzen, während weiterreichende Rechte nicht eingeschlossen sind (vgl. BVerfG GRUR 2005, 261, 262 = MMR 2005, 165 – ad-acta.de) .

Die Rechtsprechung hat der Domain keine Namensfunktion zugebilligt, sondern diese lediglich einem Namen gleichgesetzt. Diese Gleichsetzung weist darauf hin, dass Interessenkonflikte mittels der Grundsätze des Marken- und Namensrechts zu lösen sind.

Entsprechend urteilt der Bundesgerichtshofs (BGH vom 22.11.2001, Az. I ZR 138/99, BGHReport 2002, 509 = MDR 2002, 835 = CR 2002, 525 = BGH GRUR 2002, 622, 626 – shell.de), dass Domains nicht als absolute Rechte begriffen werden können. Domains sollen grundsätzlich kein schutzfähiges Recht darstellen (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2005, Az. VII ZB 5/05 = Neue Juristische Wochenschrift, 2005, 3353; OLG Hamm, Urteil vom 18. Januar 2005 = MMR 2005, 381). Aus dieser Auffassung folgt, dass alleine durch die Nutzung einer Domain kein Recht besteht von einem anderen die Unterlassung der Nutzung eines Namens, einer Marke oder eines Firmenkennzeichens zu beanspruchen, vielmehr bedarf es eines eigenen Kennzeichenrechts, welches z.B. aus einem Namen oder einer Marke herrühren kann.

Selbst wenn man der Ansicht des Bundesgerichtshofs folgt, kann durch die Nutzung einer Domain dem Domaininhaber ein Kennzeichenrecht in Form eines Werktitelschutz zugesprochen werden.

Domains als Werktitel

Der Begriff des Werktitels im Zusammenhang mit einer Domain wurde vom Oberlandesgericht München (OLG München, Urteil vom 11.01.2001, Az. : 6 U 5719/99 – kuecheonline.de) für den Titel einer Online-Zeitschrift bejaht. Dabei soll die bloße Registrierung der Domain für die Entstehung eines Werktitels jedoch nicht ausreichen, sondern das Werkstück müsse konkret benutzt und fertiggestellt sein – auch eine rückwirkende Entstehung eines Werktitels nur aufgrund einer entsprechende Vorankündigung käme nicht in betracht (Mankowski in: CR (Computer und Recht) 2001, 401 [406], Anmerkung zu OLG München, Urteil vom 11.01.2001, Az. : 6 U 5719/99 – kuecheonline.de) .

Der Ansicht des OLG München (OLG München, Urteil vom 11.01.2001, Az. : 6 U 5719/99 – kuecheonline.de) folgend, können Domainnamen Werktitel sein und Titelschutz nach dem Markengesetz genießen.

Voraussetzung des Werktitelschutzes

Der im Markengesetz verankerte kennzeichenrechtliche Werktitelschutz resultiert aus § 1 Nr. 2 iVm. § 5 Abs. 1, 3 MarkenG. Danach werden als sog. geschäftliche Bezeichnungen Namen oder besondere Bezeichnungen als Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt. Der Werktitelschutz einer Domain erfolgt als „sonstiges Werk" im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG.

Voraussetzung für den Werktitelschutz einer Domain ist die Kennzeichnungskraft des Domainnamens [1] und der Inhalt der unter dem Domainnamen angebotenen Internetseite [2] als eigenständige geistige Schöpfung.

[1] Kennzeichnungskraft des Domainnamens

Die Kennzeichnung kraft des Domainnamens liegt vor, wenn der Titel unterscheidungskräftig [a] ist oder eine Verkehrsgeltung [b] besitzt.

[a] Unterscheidungskraft des Titels

Um eine Unterscheidungskraft des Titels zu bejahen, muss dieser geeignet sein sich von einem anderen Werk abzuheben. Dies dürfte bei Domainnamen bereits dann zu bejahen sein, wenn der Domainname den Inhalt der Webseite beschreibt. Im Gegensatz zu Marken, bei denen ein lediglich beschreibender Name zur Eintragsablehnung führen kann, tragen diese geringeren Anforderungen dem Umstand Rechnung, dass der Titel von Domains ähnlich wie Film- oder Buchtiteln in der Regel den Inhalt beschreibt, um über eine Suchmaschine für den Nutzer des Internet besser findbar zu sein (Anm. : in der Regel spielt bei der Suche von Webseiten über Suchmaschinen, wie z.B. google, mittels der Eingabe von Schlagworten, der Domainname im Zusammenhang mit der Reihenfolge der ausgegebenen Suchergebnisse eine gewichtige Rolle).

[b] Verkehrsgeltung des Titels

Aus der Verkehrsgeltung ergibt sich die Kennzeichnungskraft, wenn der Titel bei den Verkehrskreisen bekannt ist und einem bestimmten Werk, also dem Inhalt der Domain zugeordnet werden kann.

[2] Inhalt der unter dem Domainnamen angebotenen Internetseite

Der Inhalt der Webseite muss, um einen Werktitelschutz zu genießen, nach Ansicht des Bundesgerichtshofs als eigenständige geistige Schöpfung gegenüber vergleichbaren Werken dominieren und sich von handwerklichen routinemäßigen Leistungen abheben. Dabei muss der Inhalt der Domain für den User durch geistige Umsetzung existent werden und deshalb als immaterielles, nicht fassbares Werk einen Schutz erfordern.

Entstehen des Werktitelschutzes

Der Werktitelschutz entsteht mit Vorliegen einer originären Kennzeichnungskraft, folglich mit Aufnahme der Benutzung des Werktitels im geschäftlichen Verkehr (vgl. § 6 Abs. 3 MarkenG: für die Bestimmung des Zeitrangs von Rechten im Sinne des § 4 Nr. 2 und 3 und der §§ 5 und 13 ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem das Recht erworben wurde) .

Fraglich ist, ob das Recht bereits durch Anzeige des Titelschutzes erworben werden kann oder es dafür einer Fertigstellung des Werkes bedarf:

Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass es beim Werktitel möglich ist bereits durch öffentliche Titelschutzanzeige den Erwerb des Rechtes am kommenden Werkes zu ermöglichen. Dies ist bei Druckwerken (z.B. durch eine Veröffentlichung im Börsenblatt des deutschen Buchhandels oder Titelschutzanzeiger) und auch bei Softwaretiteln (monatlich im erweiterten Titelschutzanzeiger) branchenüblich.

Jedoch bestimmt sich die Art und Weise der Ankündigung nach den tatsächlichen Verhältnissen der Praxis der jeweiligen Werkkategorie. Da es für Domainnamen jedoch kein Branchenorgan zur Ankündigung eines Werktitels gibt (so auch ausdrücklich: OLG München, Urteil vom 11.01.2001, Az. : 6 U 5719/99 – kuecheonline.de: "Eine Titelschutzanzeige gibt es im Internet (noch) nicht."), ist dieser Ansicht nicht zu folgen. Entsprechend ist die Fertigstellung des Werkes erforderlich, bloße Vorbereitungshandlungen reichen nicht aus (vgl. OLG München, Urteil vom 11.01.2001, Az. : 6 U 5719/99 – kuecheonline.de).

Entsprechend entsteht erst ab dem Zeitpunkt des Werkes ein Werkschutztitel und eine Priorität gegenüber anderen Kennzeichenrechten.

Ansprüche aus dem Werktitel

Der Werktitelinhaber kann für sich die Rechte aus §§ 15, 18, 19 MarkenG in Anspruch nehmen.

Nach § 15 MarkenG gewährt der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung dem Inhaber ein ausschließliches Recht gegenüber Dritten auf alleinige Nutzung der geschäftlichen Bezeichnung. Wird die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der geschäftlichen Bezeichnung oder eines ähnlichen verwechslungsfähigen Zeichens ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt, besteht für den Berechtigten gegenüber Dritten ein Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz.

Die Ansprüche aus § 18, 19 MarkenG sind aufgrund der besondere Begebenheiten bei Domains in der Praxis wenig relevant:Nach § 18 MarkenG besteht ein Anspruch des Berechtigten gegen den Verletzer des Werktitelrechts auf Vernichtung der widerrechtlich gekennzeichneten Ansprüche. § 19 MarkenG billigt dem Berechtigten gegen den Verletzer einen Auskunftsanspruch zu.

Ende des Werktitelschutzes

Durch Aufgabe des Werktitelgebrauchs oder Verlust der Verkehrsgeltung geht der Werktitelschutz verloren.

Resüme

Eine Domain kann als Werktitel unter den genannten Voraussetzungen einen prioritären Kennzeichenschutz gegenüber anderen später registrierten Kennzeichen (z.B. : Marken) erlangen. Entsprechend kann der Domaininhaber gegenüber Dritten einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz geltend machen.

Weitere Informationen zum Domainrecht finden Sie auf unserer Homepage unter der Adresse: www.domainrecht.justlaw.de.