Gründliche Niederlage - umfassender Sieg

Mehr zum Thema: Beamtenrecht, Dienstherr, Beförderungen, Beamte
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Beförderungen von größerer Anzahl von Beamten stößt immer wieder auf das Problem, wie man Systemgerechtigkeit herstellt. Der Dienstherr wollte die verschiedenen Gruppen von Bewerbern durch „Säulenmodelle" mit unterschiedlichen Voraussetzungen für die Beförderung „gerecht" behandeln.

Diesem Modell hat das OVG Koblenz einen Riegel vorgeschoben- NVwZ-RR 2008 Heft 11-12 ,S.804-:

  • „Der Geltungsanspruch dieses Leistungsgrundsatzes wird durch die Verfassung unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur dann Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist."
  • „Für die Auswahl der Bewerber um ein öffentliches Amt dürfen danach nur Kriterien zu Grunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen und so darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird."
  • „Die mit diesem Vergabeverfahren einhergehende Verletzung des Leistungsgrundsatzes( Beamte ohne Beurteilung zu befördern, allein aufgrund einer verstrichen Frist von acht Jahren,Verf.) ist auch nicht ausnahmsweise durch Belange mit entsprechendem Verfassungsrang gerechtfertigt."
  • „Werden jedoch Beförderungen vom Erreichen eines bestimmten Dienstalters abhängig gemacht, so erlangt dieses Merkmal einen Stellenwert, der weit über den ihm von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zugewiesenen Rang eines ergänzenden Hilfskriteriums hinausgeht."
  • „Ein ausgewogener Altersaufbau in den einzelnen Laufbahnen wird zwar in aller Regel personalpolitisch wünschenswert sein; er gehört jedoch nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, die durch Art. 33 V GG geschützt werden."
  • „Hier liegt jedoch der Ausnahmefall einer Ermessensreduzierung auf Null vor, weil jede andere Entscheidung als die Beförderung des Kl. rechtswidrig wäre. Da die Beamten der ersten Säule nämlich bereits befördert und für diese auch keine dienstlichen Beurteilungen gefertigt worden sind, lässt sich nicht mehr aufklären, wie diese Polizeibeamten im Vergleich zum Kl. leistungsmäßig einzustufen waren. Die Nichterweislichkeit dieser Tatsache geht zu Lasten des Bekl. Denn er hat im Rahmen der von ihm praktizierten Beförderungskonzeption bewusst darauf verzichtet, diese Polizeikommissare dienstlich zu beurteilen. Da der Kl. einen Beförderungsrang lediglich um acht Plätze verfehlt hat, ist im Übrigen nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass er bei einer leistungsbezogenen Auswahl zum Zuge gekommen wäre."

Darüberhinaus gibt das Gericht dem übergangenen Beamten noch einen Schadenersatz:

  • Ein Beamter kann von seinem Dienstherrn aus dem Rechtsgrund des bestehenden Beamtenverhältnisses Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe des höher bewerteten Amtes den aus Art. 33 II GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
  • Aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes gem. Art. 19 IV 1 i.V. mit Art. 33 II GG folgt aber, dass dem Beamten nicht die Beweislast für die zur Beurteilung des hypothetischen Kausalverlaufs erforderlichen Tatsachen auferlegt werden darf, deren Ermittlung ihm aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Dies gilt jedenfalls für alle Vorgänge aus dem Verantwortungs- und Verfügungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des Beklagten. entzogen sind.

Immer wieder versuchen Dienstherren das Leistungsprinzip auszuhebeln. Wenn diese Entscheidung sich durchsetzt, wird die Verlockung, sich am Dienstalter zu orientieren, um sich der Bürde einer Leistungsbewertung zu entziehen, deutlich weniger attraktiv.

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