Die Vollmacht des Architekten

Mehr zum Thema: Baurecht, Architektenrecht, Bauphase, Architekt, Vollmacht, Bauherr, Architektenvertrag, Bauüberwachung
4,33 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
3

a) Abnahme

Die Vollmacht des Architekten

Viele Bauherren beauftragen einen Architekten nicht nur für die Phasen der Planung und der Einholung einer Baugenehmigung für ein Haus (Leistungsphasen 1-4 bzw. ggf. 5 des § 15 Abs. 1 HOAI), sondern vertrauen ihm auch die Überwachung in der Bauphase an.

Die tatsächlichen Grenzen der Vollmacht eines Architekten werden zumeist sowohl von Seiten des Bauherrn als auch von Seiten der ausführenden Handwerker verkannt. Dieser Artikel soll über die Vollmacht des Architekten einen ersten Überblick verschaffen.

Bauherr und Architekt schließen zumeist einen schriftlichen Architektenvertrag, in dem die Leistungen des Architekten und seine dafür zu erhaltende Vergütung bestimmt werden. Dieser Architektenvertrag gibt aber dem Architekten, soweit sich keine eindeutigen Regelungen finden lassen, noch keinerlei Vollmachten.

Der Architekt hat grundsätzlich bei Durchführung der Bauüberwachung sog. technische Abnahmen mit den einzelnen Bauunternehmen bzw. Handwerkern vorzunehmen. Dies bedeutet aber nicht, dass er den Bauherrn dadurch auch rechtsgeschäftlich binden kann. Allein aus dem Architektenvertrag kann nicht die Befugnis geschlossen werden, dass der Architekt ebenso berechtigt ist, die rechtsgeschäftliche Abnahme durchzuführen.

Dieser Grundsatz ist deshalb für den Bauherrn so bedeutend, weil die rechtsgeschäftliche Abnahme für ihn weit reichende Folgen hat:

  • der Erfüllungsanspruch des Auftraggebers erlischt,
  • gemäß § 641 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Vergütung bei Abnahme des Werkes zu entrichten,
  • gemäß § 641 Abs. 4 BGB ist der Werklohn grundsätzlich von der Abnahme an zu verzinsen,
  • die Gefahr des zufälligen Untergangs, der zufälligen Verschlechterung (z.B. Beschädigungen) oder zufällig eintretender Unausführbarkeit geht auf den Auftraggeber über,
  • die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beginnt gemäß § 634a Abs. 2 BGB,
  • der Auftraggeber hat zu beweisen, dass Mängel vorliegen (Ausnahme: Vorbehalt gemäß § 640 Abs. 2 BGB),
  • es kann ein Verlust von Mängelrechten und Vertragsstrafeansprüchen eintreten, soweit diese nicht vorbehalten wurden.

b) Abschluss von Verträgen

Des Weiteren ist der Architekt durch den bloßen Abschluss des Architektenvertrages nicht ohne Weiteres bevollmächtigt, den Bauherrn rechtsgeschäftlich zu binden, d.h. z.B. Zusatzaufträge zu erteilen oder in bestehende Verträge einzugreifen und Änderungen vorzunehmen.

Schließt der Architekt trotzdem ohne Vollmacht Verträge ab, so handelt er als sog. „Vertreter ohne Vertretungsmacht". Der Bauherr kann entscheiden, ob er den Vertrag genehmigt oder nicht (§§ 177; 179 BGB). Genehmigt er den Vertrag nicht, so heißt dies aber nicht gleichzeitig, dass er den Bauunternehmer nicht bezahlen muss. Vielmehr kann der Bauunternehmer in einem solchen Fall wählen:

Dem Bauherrn kommt allerdings hierbei zugute, dass der Anspruch des Bauunternehmers gegen ihn in der Regel ungünstiger ist, da er nur Wertersatz in der Höhe leisten muss, die er bei eigener Vergabe für die Leistungen hätte aufwenden müssen (BGH, Urteil vom 26.04.2001, -VII ZR 222/99-).

Liegen besondere Umstände vor, die Zweifel an der Vollmacht des Architekten begründen, so ist der Bauunternehmer sogar verpflichtet, sich vor Vertragsschluss mit dem Architekten nach der Vollmacht des Architekten zu erkundigen. Unterlässt er dies, kann er weder vom Bauherrn noch vom Architekten Zahlung verlangen.

c) Ausnahmen

Die zuvor dargestellten Grundsätze zur Vollmacht des Architekten für rechtsgeschäftliche Bindungen gelten zum einen dann nicht, wenn der Bauherr dem Architekten eine ausdrückliche Vollmacht erteilt hat, für ihn rechtsgeschäftlich bindend zu handeln (§ 167 BGB).

Zum anderen kann es Fälle geben, wo dem Architekten eine sog. Rechtsscheinvollmacht zugute kommt. Weiß der Bauherr, dass der Architekt für ihn handelt und duldet er das, so darf der Bauunternehmer davon ausgehen, dass der Architekt bevollmächtigt ist (sog. Duldungsvollmacht).

Dasselbe gilt für die Fälle, in denen der Bauherr zwar nicht genau weiß, dass der Architekt für ihn handelt, er aber z.B. über einen gewissen Zeitraum das wiederholte Handeln des Architekten hätte erkennen müssen (sog. Anscheinsvollmacht).