Bestandsschutz im Baurecht

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Wann man sich auf rechtlichen Schutz bei baulichen Anlagen berufen kann

Bestandsschutz für bauliche Anlagen ist auch in Deutschland ein nicht unbekanntes Thema - anders als man vielleicht zunächst meinen möchte.

Zum grundsätzlich nicht einfach gesetzlich geregelten Bestandsschutz (aber aus Art. 14 Grundgesetz – Eigentumsgarantie – herleitbar) ist Folgendes zu wissen: 

Daniel Hesterberg
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Wenn Sie nachweisen können, dass die baulichen Anlagen und Nutzungen in der Vergangenheit für einen längeren Zeitraum vollständig den damals geltenden Bauvorschriften entsprachen, genießen sie Bestandsschutz. Dann können Sie den daraus resultierenden passiven Bestandsschutz durch behördlichen Bescheid feststellen lassen. 

Eigentümer muss Bestandsschutz nachweisen

Es gilt jedoch folgende Beweislastregelung:

Den Bestandsschutz muss derjenige beweisen, der sich darauf beruft – also der Eigentümer. Das gilt auch dann, wenn Sie z. B. wie hier ein Jahrzehnte altes Grundstück gekauft haben oder dieses nach dieser Zeit verkaufen wollen, aber keine Genehmigungsunterlagen dazu bekommen haben. Natürlich wird Ihnen die Behörde bei einem Antrag auf Akteneinsicht (s. o.) Kopien ihrer eigenen/fremden Genehmigungsunterlagen überlassen – aber wenn auch bei der Bauaufsicht nichts vorliegt, bleibt es leider Ihr Problem. 

Ansonsten scheidet Bestandsschutz allein durch Zeitablauf leider aus, da es hier insoweit keine derat geübte Rechtsprechungspraxis gibt, es zudem öffentliche Interessen und die der Nachbarn unzumutbar verkürzen würde. 

Akteneinsicht beim Bauamt nehmen

Sie müssten also im Fall der Fälle am besten Akteneinsicht beim örtlichen Bauamt einholen (lassen - durch einen Anwalt ggf. bei Bedarf). Sie sollten diese bei der Baubehörde beantragen, um zu erfahren, ob nicht doch eine ehemalige Baugenehmigung aus den Akten erkennbar ist, da würde ich mich an Ihrer Stelle nicht allein auf die Auskunft der Behörde verlassen. 

Eine nachträgliche Genehmigung ist außerdem denkbar. 

Da die Konsequenzen illegaler Bauten nicht zu unterschätzen sind, sollten Sie erwägen, sich von einem Anwalt Ihrer Wahl näher beraten zu lassen.

Im schlimmsten Fall droht Abbruchverfügung

Nicht (beweisbar – was von Ihnen auf Ihr eigenes Risiko zu gewährleisten wäre) genehmigte Bauten sind formell illegal. 

Stellt sich zudem heraus, dass das Bauwerk gegen (bau- und sonstige) gesetzliche Bestimmungen und Verordnungen etc. verstößt, handelt es sich um die so genannte materielle Illegalität, was heißt, das errichtete Bauwerk ist überhaupt nicht genehmigungsfähig. 

Nur in einem solchen Fall kann regelmäßig eine Abbruchverfügung ergehen.

Andere Nachtteile wie Bußgelder, Beschränkungen der Nutzung, Baustopp etc. sind aber dennoch behördlicherseits möglich.

Übrigens kann man sich nicht einfach darauf berufen, der Nachbar habe auch keine Baugenehmigung:

Grundsätzlich gilt, das es keine Gleichbehandlung im "Unrecht" gibt. 

Keine Gleichbehandlung, aber Selbstbindung der Verwaltung

Hiermit ist gemeint, dass selbst wenn die anderen Nachbarn unrechtmäßigerweise eine bauliche Anlage ohne Genehmigung noch haben, Sie sich leider nicht im Sinne einer allgemeinen Gleichbehandlung darauf berufen können. 

Hier gibt es aber einen anderen Aspekt, der wichtig sein könnte: 

Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es nämlich eine so genannte Selbstbindung der Verwaltung. 

Im Einzelnen: 
Nur weil die anderen Nachbarn sich ggf. ebenfalls rechtswidrig verhalten haben, ändert dieses nichts an der Beseitigungspflicht oder der Pflicht zur nachträglichen Einholung einer Baugenehmigung. 

Würde Ihr Verhalten geduldet werden, wäre dieses nicht rechtens - die Behörde hat kein Ermessen, sondern muss dagegen vorgehen, gegen baurechtswidrige Zustände und gegen Fehlen der Baugenehmigung.

Aber bei einer drohenden Abrissverfügung gilt: 
Wenn die Behörde sich einer großen Anzahl an illegalen Anlagen gegenüber sieht, muss sie ein sachgerechtes System haben, gegen wen bzw. gegen welche Gruppe von Nachbarn sie zuerst vorgeht. 

Dieses ist (im Wege der Akteneinsicht) von der Behörde offen zu legen. 

Das System in Bezug auf den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung im Hinblick auf deren eigene Handlung muss insbesondere dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz entsprechen - die Behörde darf sich nicht willkürlich jemanden als Betroffenen heraussuchen, was jedenfalls unrechtmäßig wäre. 

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Hesterberg
Rechtsanwalt


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