Unternehmensanleihen der Praktiker AG in Gefahr

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Praktiker AG will Zinsverzicht von 48,75 Millionen Euro

Aufforderung zum Zinsverzicht, Praktiker AG:  „Anleihegläubiger sollen Sanierungsbeitrag leisten"  

Gerade erst Anfang 2011 aufgelegt, geraten die Inhaberschuldverschreibungen von Praktiker AG bereits zum Krisenfall. Unter der Überschrift  „Anleihegläubiger sollen Sanierungsbeitrag leisten"  veröffentlich der Vorstand der Praktiker AG eine Aufforderung an die Anleihegläubiger, mit einem Zinsverzicht von 5,875% auf nunmehr jährlich 1,0% ab dem 10.02.2012 einen Beitrag zum laufenden Restrukturierungsprozess zu leisten. Der Zinsverzicht summiert sich in vier Jahren auf EUR 48,75 Mio.

Insoweit solle eine  Abstimmung ohne Versammlung  stattfinden, die in der Zeit vom 22.03.2012 – 25.03.2012 terminiert ist. Der  Zinsverzicht  soll bis zum Ende der Laufzeit im Jahr 2016 durchgehend erfolgen.

Ein Vermögensschaden ist bei den Anleihegläubigern bereits eingetreten, wenn man den Kursverfall der Anleihe  betrachtet, welche am 10.02.2011 in einem Volumen von € 250 Mio. mit einer Laufzeit von fünf Jahren unter der Kennziffer (WKN: A1H3JZ; ISIN: DE000A1H3JZ8) platziert wurde.

Zu drastischen Kursrückgängen kam es bereits ein halbes Jahr nach Auflegung der Anleihe.
„ Alle Berichtssegmente im Praktiker Konzern wiesen 2010  rückläufige Umsatzentwicklungen  aus, allerdings in unterschiedlicher Höhe und aus jeweils anderen Gründen", heißt es im Geschäftsbericht per 31.12.2010, der dann im Laufe des Jahres 2011 veröffentlicht wurde.

Im Jahr 2011 liefen operative Verluste auf und das Unternehmen musste im erheblichen Umfang Abschreibungen bilden, welche die Eigenkapitalquote deutlich herunterfuhren.

Die Erfahrung zeigt,  dass dann die Verlockung für die Geschäftsführung groß ist, die Sanierung im Wesentlichen auf Kosten der Anleihegläubiger durchzuführen, da bei den finanzierenden Banken Sanierungsbeiträge eher schwer durchsetzbar sind und man meint, bei den Anleihegläubigern leichtes Spiel zu haben.

Es gibt bei der vorgesehenen " Abstimmung ohne Versammlung"  im Abstimmungszeitraum vom 22.03. – 24.03.2012 keine Möglichkeit zur Diskussion, sondern nur eine Möglichkeit zur Stimmabgabe oder aber der Nichtteilnahme ander Abstimmung.

Die Erfahrung in anderen Fällen zeigt zudem, dass der Verzicht auf Zinsen häufig nur der Beginn von im weiteren Verlauf dann verlangten Zugeständnissen ist, die bis zum teilweisen Nennwertverzicht oder zur Umwandlung in Wandelschuldverschreibungen reichen können.

Rechte der Anleihegläubiger in Gefahr

Da den Anleihegläubigern auch Rechte zustehen, welche diese in der Regel überhaupt nicht kennen, macht es für diese in der Regel sinnvoll, sich hier Rechtsrat einzuholen.

Hierzu besteht im Fall Praktiker AG ganz besonderer Anlass:

Zum einen ist nicht nachvollziehbar, wie es sein kann, dass bereits  kurze Zeit nach Begebung der Anleihe Krisennachrichten  auftauchen, die einen Kurseinbruch der Anleihen nach sich ziehen und bereits nach einem Jahr ein fast völliger Zinsverzicht von den Anleihegläubigern verlangt wird. Dies gibt Anlass zur rechtlichen Prüfung.

Zudem gibt es seitens Praktiker so gut wie keine Informationen auf drängende Fragen:

Ist ein  Zinsverzicht in dieser Höhe erforderlich und gerechtfertigt?

Die Anleihegläubiger sollen für die gesamte Laufzeit auf die Zinsen verzichten. Warum gibt es keinen  Besserungsschein  für gute Zeiten ?

Ein Sanierungsbeitrag der Banken ist nicht erkennbar.

Zudem wird die Notwendigkeit des von den Anleihegläubigern geforderten Sanierungsbeitrages in keiner Weise von Praktiker dargelegt.

Die für unserer Mandanten vorgesehene Vorgehenswese ist folgende:

1. Zunächst einmal raten wir dringend davon ab, überhaupt an der Abstimmung vom 22.03. – 25.03.2012 teilzunehmen, da dies Praktiker AG helfen würde, überhaupt das erforderliche Quorum (mindestens 50% Teilnahme an der Abstimmung) und damit die Beschlussfähigkeit zu erreichen.

2. Da aber möglich ist, dass bereits am 25.03.2012  eine wirksame Abstimmung mit 50 % Teilnahme erfolgt, erklären wir gegenüber Praktiker AG die sofortige Kündigung der von unseren Mandanten gehaltenen Anleihen noch vor dem Abschluss der Abstimmung.


3. Diese Kündigung kann auch noch erklärt werden, wenn  der Anleger bereits eine  Hinterlegungsbestätigung bei seiner Bank angefordert hat.  Wichtig ist, dass die Kündigung unter einhaltung der notwendigen Formalien vor Ablauf des 25.03.2012 erklärt  und bei Praktiker rechtzeitig zugestellt wird.

Die außerordentliche Kündigung nach § 314 Abs. 1 BGB dient dazu, die Rechte der Anleihegläubiger zu wahren. Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 Abs. 1 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Wichtig ist in solchen Fällen eine Kündigung unmittelbar nach Kenntnis des zur Kündigung berechtigenden Ereignisses, sonst kann die außerordentliche Kündigung nicht mehr wirksam ausgesprochen werden.

In diesem Zusammenhang ist auf das jüngste Urteil des Landgericht Köln in dem Parallelfall Deikon GmbH hinzuweisen, in dem das Unternehmen  nicht nur einen Zinsverzicht verlangte, sondern auch einen Kündigungsverzicht der Anleihegläubiger. Hier ist es unserer Kanzlei gelungen, durch kurzfristig ausgesprochene rechtswirksame Kündigungen noch vor der Gläubigerversammlung die Rechte unserer Mandanten zu wahren. Aufgrund der Kündigung wurde den Anleihegläubigern in Klageverfahren der volle investierte Nennwert zugesprochen. Die Gläubiger, die untätig geblieben sind, sind nun an die Beschlüsse der Gläubigerversammlung gebunden und können nicht mehr kündigen.

Wer als Anleihegläubiger der Praktiker AG an einer anwaltlichen Vertretung interessiert ist, sollte sich unmittelbar, auf jeden Fall  vor dem 22.03.2012, an unsere Kanzlei wenden.