OLG Celle: falsche Pflichtangaben - Darlehen aus 2011 widerrufbar

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Wenn Banken und Sparkassen gehofft hatten, das Thema Darlehenswiderruf zu den Akten legen zu können, haben sie sich getäuscht. Denn auch bei jüngeren Immobiliendarlehen ist der Widerruf möglich, wenn die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hat.

Und das dürfte den Kreditinstituten häufiger passiert sein als sie vielleicht selbst vermutet haben. Knackpunkt sind dabei häufig die Pflichtangaben in der Widerrufsbelehrung. Sind diese fehlerhaft, wurde die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt und der Widerruf ist auch noch Jahre nach Abschluss des Immobiliendarlehens möglich. Das geht auch aus einem Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 2. Dezember 2015 hervor (Az.: 3 U 108/15).

In dem konkreten Fall hatten die Verbraucher im Frühjahr 2011 einen Darlehensvertrag abgeschlossen und diesen mit einer Immobilie besichert. Der Nominalzinssatz in Höhe von 4,75 Prozent p.a. war bis zum September 2023 vereinbart. In der Widerrufsbelehrung hieß es u.a., dass die Widerrufsfrist nach Abschluss des Vertrags, aber erst, wenn der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die X-Bank zuständige Aufsichtsbehörde) erhalten hat. Im Mai 2014 erklärten die Verbrauscher schließlich den Widerruf und hatten mit ihrer Klage am Landgericht Verden Erfolg. In einem Hinweisbeschluss erklärte das OLG Celle, dass es den Widerruf ebenfalls als wirksam erachtet und die Berufung der Bank zurückweist.

Zur Begründung führte das OLG aus, dass nach der verwendeten Widerrufsbelehrung nicht klar ist, wann die Widerrufsfrist beginnt. Denn sie sollte erst dann in Gang gesetzt werden, wenn der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben erhalten habe. Die Angabe zu der für X-Bank zuständige Aufsichtsbehörde sei aber weder eine Pflichtangabe noch sei es ersichtlich, dass der Darlehensnehmer sie überhaupt erhalten habe. Daher habe die verwendete Belehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen und die Bank könne sich deshalb nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen. Denn diese trete nur ein, wenn die Bank das Muster richtig ausfüllt und die für diesen Vertrag vorgegebenen Angaben verwendet. Laut dem gültigen Muster hätten dies Angaben zur Art des Darlehens, zum Nettodarlehensbetrag und zur Vertragslaufzeit sein müssen. Von diesem Muster sei die Bank abgewichen und habe die Musterbelehrung dadurch inhaltlich überarbeitet, so dass sie sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Für den Verbraucher sei es dadurch nicht mehr möglich zu erkennen, wann die Widerrufsfrist beginnt. Die Folge ist, dass die Widerrufsfrist nie in Gang gesetzt und der Widerruf auch Jahre nach Vertragsschluss noch möglich ist.

Rechtliche Einschätzung der Kanzlei Kreutzer, München: Für Immobiliendarlehen, die zwischen November 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden, ist das Widerrufsrecht am 21. Juni 2016 endgültig erloschen. Allerdings haben die fehlerhaften Widerrufsbelehrungen nicht Mitte 2010 geendet. Es ist davon auszugehen, dass in vielen Belehrungen die gesetzlichen Pflichtangaben nicht korrekt sind, sodass der Widerruf auch bei etlichen Immobiliendarlehen, die nach dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden, noch möglich ist. Angesichts der Zinsentwicklung kann auch der Widerruf dieser jüngeren Darlehen finanziell noch sehr attraktiv sein.

Bei älteren Darlehen, die noch fristgerecht widerrufen wurden, muss davon ausgegangen werden, dass die Bank den Widerruf nicht akzeptiert. Da die Rechtslage aber zumeist eindeutig ist, lässt sich der Widerruf in der Regel durchsetzen oder eine außergerichtliche Lösung mit der Bank finden.

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