Einbürgerung unter Beibehaltung der ausländischen Staatsangehörigkeit

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1. Rechtliche oder faktische Unmöglichkeit des Ausscheidens (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 StAG)

Die Voraussetzungen einer Einbürgerung von Ausländern sind im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. Dieses fordert in §10 Abs. 1 Nr. 4 StAG strikt die Aufgabe oder den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit. Im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht gilt das Prinzip, dass Mehrstaatigkeit grundsätzlich nicht zugelassen werden soll. Eine generelle Ausnahme davon wird für Unionsbürger und für Bürger der Schweiz gemacht. Diese müssen ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht ablegen, um eingebürgert zu werden. Ferner sind Ausnahmen aufgrund völkerrechtlicher Verträge möglich.

Die Nachteile für den Bürger, die in einigen Ländern durch die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit entstehen, werden als prinzipiell zumutbar angsehen, da mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit häufig auch Vorteile verbunden seien (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, BT-Drucksachen 12/2035).

Die Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit wird daher grundsätzlich nur dann hingenommen, wenn es das Gesetz ausdrücklich zulässt. Die entscheidende Regelung enthält § 12 Abs. 1 StAG. Demnach wird von der Voraussetzung der Ablegung der bisherigen Staatsangehörigkeit nur dann abgesehen, "wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann" (§ 12 Abs. 1 Satz 1 StAG). Wann dies der Fall sein soll, lässt sich der abschließenden Aufzählung in § 12 Abs. 1Satz 2 Nrn. 1 - 6 StAG entnehmen. Auf die Tatbestände soll kurz eingegangen werden.

Diese Voraussetzung braucht nicht näher erläutert zu werden. Es gibt einige Staaten, die ein Ausscheiden eines Staatsangehörigen aus der Staatsangehörigkeit rechtlich nicht vorsehen oder die Ausbürgerung regelmäßig schlicht verweigern (dies sind insb. bestimmte nordafrikanische und arabische Staaten). Bei den Staatsbürgern dieser Staaten ist daher Mehrstaatigkeit hinzunehmen. Diese sind unter Beibehaltung ihrer Staatsangehörigkeit einzubürgern.

2. Der ausländische Staat hat die Ausbürgerung versagt oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig gemacht oder über den Antrag nicht entschieden (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG)

Diese Voraussetzung ist auch weitestgehend eindeutig. Wichtig in diesem Bereich ist, dass der Einbürgerungswillige die Versagung nicht zu vertreten hat. Unzumutbare Entlassungsbedingungen sind dann anzunehmen, wenn sie mit schweren Nachteilen für den Einbürgerungswilligen verbunden sind, wie zB Gefahren für ihn und/oder seine Angehörigen. Auch Aspekte, die die Wehrdienstableistung betreffen, sind hier im Einzelfall zu berücksichtigen.

3. Ältere Personen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 StAG)

Bei Älteren Personen wird die Mehrstaatigkeit hingenommen, wenn "die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde". Hier kommt es darauf an, was der älteren Person noch an Anstrengung zumutbar ist. Beispielhaft ist zu nennen, dass die Ausbürgerung eine Einreise in den ausländischen Staat voraussetzt, die Person aber aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht reisen kann.

4. Erhebliche wirtschaftliche oder vermögensrechtliche Nachteile bei Ablegung (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StAG

Die Nachteile können sich aus dem Recht des Herkunftsstaates unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse oder aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Erforderlich ist jedoch, dass es sich um Nachteile handelt, die in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Aufgabe der bisherigen StAng entstehen (VG Köln v. 7.12.2005, 190 K 356/05).

5. Politisch Verfolgte (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StAG)

Bei Personen, die einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge besitzen, wird ebenfalls eine Mehrstaatigkeit hingenommen.

Ob einer dieser Gründe vorliegt, ist immer unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Dieser Ratgeberartikel ersetzt daher die umfassende Begutachtung durch den Anwalt Ihres Vertrauens nicht. Es ist ratsam, schon vor Antragstellung bei der Behörde anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

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