Mobbing - Ein stetig zunehmendes Problem

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Rechte des Arbeitnehmers bei Mobbing

Was versteht man unter Mobbing?

Unter dem Begriff des Mobbing versteht man das systematische Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von Arbeitnehmern (so BAG NZA 1997, 781). Dabei geht die Rechtsprechung dahin, dass Mobbing nur „bei fortgesetzten, aufeinander aufbauenden und ineinander greifenden Anfeindungen, Schikanen oder Diskriminierungen“ vorliege (so BAG NZA 2008, 223). Durch diese wiederholten Anfeindungen und Schikanieren muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Arbeitnehmers verletzt werden (BAG NZA 2008, 223).

So kann sich das Anfeinden oder Schikanieren in einer Vielzahl von Umständen zeigen, so beispielsweise bei Verbreiten von Gerüchten am Arbeitsplatz oder aber zudem bei einer Zuweisung von überfordernder Arbeit mit nachfolgender herablassender Kritik durch den Vorgesetzten (HK-ArbR/Kreuder, § 611 BGB Rn. 518). Dagegen stellt ein Duzen durch Arbeitskollegen nicht zwingend Mobbing dar (LAG Hamm, Urteil vom 29. Juli 1998 –Az. :  14 Sa 1145/98). Insoweit kommt es wohl regelmäßig auf die Gepflogenheiten in dem jeweiligen Betrieb an.

Daraus wird man zudem schließen müssen, dass ein einmaliges schikanöses Verhalten durch Arbeitskollegen oder Vorgesetzte noch kein Mobbing darstellt. Auch wird man davon ausgehen müssen, dass das schikanöse Verhalten oder die Anfeindungen eine gewisse Intensität erreichen müssen. So stellt beispielsweise der Ausspruch einer Kündigung noch kein Mobbing dar (so jedenfalls BAG NZA 2009, 38). Weiterhin sollte angemerkt werden, dass eine – berechtigte Kritik – an einem Arbeitnehmer in einem Personalgespräch regelmäßig auch nicht als Mobbing zu werten ist (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.08.2007 – Az. : 11 Sa 302/07). 

Da das Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren – wie eingangs erwähnt – in der Regel systematisch erfolgen muss, stellen mobbing-relevante Verhaltensweisen einzelner kein Mobbing dar, wenn diese unabhängig voneinander gehandelt haben (HK-ArbR/Kreuder, § 611 BGB Rn. 518). Daher bleibt festzuhalten, dass mobbing-relevantes Verhalten mehrerer Arbeitskollegen regelmäßig dann Mobbing darstellt, wenn das Verhalten dieser Arbeitnehmer fortgesetzt und ineinander übergreifend über einen gewissen Zeitraum erfolgt.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sowohl arbeitsvertraglich als auch arbeitsrechtlich zulässige Maßnahmen regelmäßig kein Mobbing darstellen (HK-ArbR/Kreuder, § 611 BGB Rn. 518).

Rechte des betroffenen Arbeitnehmers

Grundsätzlich obliegt dem jeweiligen Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, den Arbeitnehmer vor Verletzungen des Persönlichkeitsrechts sowie seines Rechts auf körperliche Unversehrtheit zu schützen (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 36 Rn. 43d). Daraus ist zu folgern, dass der Arbeitgeber regelmäßig alle Maßnahmen ergreifen muss, um den betroffenen Arbeitnehmer (auch zukünftig) zu schützen. Sofern der Arbeitgeber die notwendigen Maßnahmen nicht unternimmt, kann seitens des betroffenen Arbeitnehmers ein arbeitsvertraglicher Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 241 Abs. 2, 278 BGB in Betracht kommen. 

Insoweit kommt einerseits die Zahlung von Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB in Betracht, andererseits kann der betroffene Arbeitnehmer unter Umständen wegen der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts eine angemessene Geldentschädigung verlangen (HK-ArbR/Kreuder, § 611 BGB Rn. 519).

Weiterhin kann dem betroffenen Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber ein Anspruch der fortdauernden Beeinträchtigungen aus „Treu und Glauben“ gemäß § 242 BGB zustehen. Hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen besteht seitens des Arbeitgebers ein gewisser Ermessensspielraum (Schaub-Linck, ArbR-Hdb. § 36 Rn. 43d). Somit kann der Arbeitnehmer regelmäßig nicht eine bestimmte Reaktion bzw. eine bestimmte Maßnahme des Arbeitgebers verlangen, um die fortdauernden Beeinträchtigungen abzustellen. 

Der Arbeitgeber hat diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die einerseits verhältnismäßig und andererseits ihm auch zumutbar sind. So kann nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte dem Arbeitgeber im Einzelfall sogar eine Kündigung des „Mobbers“ unzumutbar sein (so BAG, Urteil vom 25.10.2007 – Az. : 8 AZR 593/06).

Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Mobbings liegt voll bei dem betroffenen Arbeitnehmer (so BAG, Urteil vom 16.05.2007 – Az. : 8 AZR 709/06). Dies ist grundsätzlich deshalb von besonderer Relevanz, da zwischenmenschliche Beziehungen grundsätzlich verschiedentlich wahrgenommen werden können. So können beispielsweise für eine Person gewisse Äußerungen eine Beleidigung darstellen, während dieselben Äußerungen für eine andere Person noch so gerade tolerabel erscheinen.

Weiterhin ist hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast problematisch, in welchem Umfang der betroffene Arbeitnehmer in einem etwaigen Gerichtsverfahren vortragen muss. So reicht es nach der wohl überwiegenden Rechtsprechung nicht aus, wenn der betroffene Arbeitnehmer ganz pauschal Umstände als subjektiv nicht mehr hinnehmbar darstellt (so wohl LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.08.2006 – Az. : 3 Sa 595/05). Vielmehr wird der betroffene Arbeitnehmer in einem Gerichtsverfahren die jeweiligen Umstände derart konkret, beispielsweise mittels eines Tagebuchs, darstellen müssen, dass das Gericht in dem jeweiligen Einzelfall genau beurteilen kann, ob der Mobbingvorwurf berechtigt ist.

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