Kündigungsfrist und Altersdiskriminierung

Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Kündigung, Frist
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Entscheidung des EuGH zur Altersdiskriminierung bei Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfristen

Bisher durften bei der Berechnung der Kündigungsfrist Zeiten, die der Arbeitnehmer vor der Vollendung des 25. Lebensjahres bei dem Arbeitgeber angestellt war, unberücksichtigt bleiben, § 622 Abs. 2 BGB. Der Europäische Gerichtshof hat nun entschieden, dass § 622 Abs. 2 S. 2 BGB gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung verstößt. Da der Wortlaut der Regelung eindeutig sei und einer anderweitigen Auslegung nicht zugänglich, sei die Regelung unangewendet zu lassen.

Arbeitgebern ist folglich zu raten, bei Ausspruch von Kündigungen Arbeitszeiten vor dem 25. Lebensjahr bei der Berechnung der Kündigungsfristen zu berücksichtigen.

Der Entscheidung lag folgender Ausgangsfall zugrunde:

Eine Arbeitnehmerin (28 Jahre) war seit 10 Jahren im Betrieb tätig, davon drei Jahre nach Vollendung des 25. Lebensjahres. Der Arbeitgeber kündigte ihr gem. § 622 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB mit einmonatiger Kündigungsfrist. Die Arbeitnehmerin erhebt Kündigungsschutzklage und beruft sich auf Altersdiskriminierung, da nach § 622 Abs. 2  S.1 Nr. 4 BGB eine viermonatige Kündigungsfrist gegolten hätte.

Wortlaut des Gesetzes: § 622 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB):

(1) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist,

wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,

2. fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,

3. […]

4. 10 Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,

5. […]

(2) Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt

Der EuGH hat entschieden, dass die Regelung des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB zur Nichtberücksichtigung der Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr mit Europarecht (Europ. RL 2000/78) nicht vereinbar ist. Eine Vorabentscheidung des EuGH ist nicht erforderlich, nationale Gerichte können selbst über die Unanwendbarkeit entscheiden. Damit müssen Arbeitgeber bei der Berechnung von Kündigungsfristen - unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH - Beschäftigungszeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres lagen, mit einrechnen.