Fußball-EM und Arbeitsrecht: Wie läufts rund, wenn der Ball rollt?

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Was Arbeitnehmer wissen sollten

Die Deutschen sind verrückt nach Fußball. Das ist normalerweise für Arbeitgeber kein Problem, finden die Spiele üblicherweise doch am Wochenende oder abends statt. Doch während der Europameisterschaft in Frankreich werden die ersten Spiele bereits um 15.00 Uhr angepfiffen. Eine Uhrzeit, die nicht unproblematisch ist.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben naturgemäß eine unterschiedliche Sicht auf das Leben in der Arbeitswelt. Besonders jetzt, da nahezu täglich in Frankreich der Ball rollt, wird das deutlich. Wie viel darf ein Mitarbeiter sich erlauben, um möglichst viel von den Spielen mitzubekommen? Und was kann der Chef unterbinden?

Bildschirmarbeit der besonderen Art

Für den Dachdecker stellt sich die Frage nicht, ob er während der Arbeit Fußball schauen darf. Er wird sich hüten, das zu tun. Aber für Angestellte in Büros stellt sich die Sache anders dar. Immerhin kann man über den Computer, das Handy oder Smartphone sehr einfach verfolgen, was sich in Frankreich gerade tut. Viele Unternehmen sind auch mit Fernsehern ausgestattet oder lassen den ganzen Tag das Radio im Hintergrund laufen. Kein Problem, wenn ein bisschen Musik die Arbeitsleistung steigert. Aber ein ernsthaftes Dilemma, wenn Arbeitnehmer so sehr in das Fußballspiel vertieft sind, dass sie ihre eigentlich Aufgabe vergessen.

Die Regeln sind hier eindeutig: Alle Bildschirmaktivitäten privater Natur müssen vom Chef abgesegnet werden. Tut er dies nicht, bedeutet das keineswegs, dass er sie erlaubt. Deswegen müssen Arbeitnehmer grundsätzlich um Erlaubnis bitten, wenn sie sich Spiele oder Zusammenfassungen auf dem Bildschirm ansehen wollen. Schweigen des Chefs ist also in der Regel gleichzusetzen mit einem Verbot von privaten Bildschirmaktivitäten.

Etwas anders ist es beim Radio. Das geht auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 1986 zurück. Damals wurde entschieden, das Radiohören am Arbeitsplatz nicht grundsätzlich verboten werden kann. Schön für Fußball-Fans, aber Arbeitgeber können dennoch ein Verbot aussprechen, wenn sie den Eindruck haben, dass die Arbeitsleistung durch das Radio sinkt. Allerdings müssen sie in diesem Fall den Betriebsrat informieren. Nutzt der sein Mitbestimmungsrecht und nickt das Verbot nicht ab, ist es unwirksam.

Die Sache mit dem Datenschutz

Die vielleicht dezenteste Art, Fußballspiele zu verfolgen, ist der Live-Ticker, der im Netz überall zu finden ist. Dort hin und wieder einmal drauf zu schauen, kann doch so schlimm nicht sein, oder? Nun, wie man es nimmt. Wenn der Arbeitgeber das Gefühl hat, dass beispielsweise über die gesamte Spieldauer von 90 Minuten ständig auf den Live-Ticker geschielt wird, kann er das als leistungsmindernd auslegen.

Wenn es hart auf hart kommt, ist er allerdings in der Nachweispflicht. Das wiederum bedeutet, dass der Browserverlauf des Mitarbeiters ausgewertet werden muss. Und an dieser Stelle könnte es vor Gericht schwer werden – aufgrund der Datenschutzbestimmungen.

Der Europäische Gerichtshof hat allerdings erst kürzlich ein Urteil gefällt, nach dem Arbeitgeber bis zu einem gewissen Grad die Kommunikation ihrer Belegschaften überwachen dürfen. Wenn die Überwachung der Feststellung darüber dient, ob der Arbeitnehmer seinen Pflichten nachkommt, ist sie also gestattet, abgesegnet durch europäische Richter.

Flächendeckendes Ausspionieren der Mitarbeiter im großen Stil ist mit dem Urteil aber nach wie vor nicht zulässig. Alleine die Frage, wo die Grenzen verlaufen, ist schwer zu beantworten und im Zweifel nach Sachlage zu entscheiden. Arbeitgeber fahren – so kann man konstatieren – am besten, wenn sie die private Nutzung am Bildschirm grundsätzlich regeln. Nichts zu tun, kann im Fall des Falles komplizierte Verfahren nach sich ziehen, die Geld und Nerven kostet.

Die EM und die Kleiderordnung

Dieser Mitarbeiter ist bockig.

„Wenn ich schon nicht mitkriege, was läuft, dann will ich zumindest mein Schweini-Trikot tragen!“

Das mag für Freunde des Balltretens nachvollziehbar sein, ist aber nicht durchsetzbar. Denn Arbeitgeber haben grundsätzlich die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern eine bestimmte Kleiderordnung vorzuschreiben. An dieser Stelle noch einmal kurz zurück zu unserem oben erwähnten Dachdecker. Der hat wohl die besten Chancen, seinen Job im Fußballtrikot zu erledigen, denn es wird nur selten jemanden geben, der sich daran stört.

Prost, Fußball!

Fußball und Alkohol, das liegt in unmittelbarer Nähe. Am Arbeitsplatz allerdings gilt das, was der Vorgesetzte sagt. Und das bedeutet in aller Regel, dass Alkohol strikt untersagt wird. Ausnahmen sind Anlässe wie Jubiläen, Geburtstage und andere besondere Ereignisse, die gern mit einem Glas Sekt begossen werden.

Daraus ergibt sich aber kein Freifahrtschein für die Mitarbeiter, sich während eines EM-Kicks volllaufen zu lassen.

Normalerweise wäre der Hinweis auf das Alkoholverbot an dieser Stelle überflüssig, doch es gibt einen interessanten Aspekt, auf den hier hingewiesen sei. Denn die feuchtfröhliche Stimmung kann auch beim letzten Bier enden, das „irgendwie schlecht“ war, wie es im Volksmund heißt. Die Folge ist ein dicker Kopf am Morgen danach, womöglich so dick, dass sich der Mitarbeiter die Arbeit einfach nicht zutraut. Es ist erlaubt, sich in diesem Falle krankzumelden, auch wenn die wenigsten Mitarbeiter dies mit der Wahrheit als Begründung tun. Letztlich gilt für den Krankheitsfall, dass der Arbeitnehmer nicht arbeitsfähig ist, und ein starker Kater kann zu solch einem Zustand führen.

In jedem Fall müssen Mitarbeiter damit rechnen, sofort ein ärztliches Attest vorzulegen. Denn auch wenn der Gesetzgeber die ärztliche Bescheinigung erst ab dem vierten Tag vorschreibt, kann der Chef für sich in Anspruch nehmen, schon am ersten Krankheitstag einen „gelben Schein“ zu verlangen.

Objektiv betrachtet kann es sogar sinnvoll sein, sich nach einer allzu langen Fußball-Feier krankzumelden. Denn wenn bei zu viel Alkohol im Blut die Arbeitsleistung sinkt, kann der Chef seinen Angestellten nach Hause schicken und ihm die entgangene Arbeitszeit vom Gehalt abziehen. Das gilt explizit auch für Restalkohol! Ist davon bei Arbeitsbeginn noch zu viel spürbar und wirkt sich das auf die Arbeitsleistung aus, kann der Vorgesetzte seinen Mitarbeiter ebenfalls wieder nach Hause schicken.

Empfehlenswert ist es jedoch nicht, sich aufgrund eines Katers krankzumelden. Man macht sich bei seinen Vorgesetzten keine Freunde, wenn man wegen zu viel Alkohol nicht zur Arbeit erscheint. Zudem: Kein Arbeitstag kann so schlimm sein wie ein richtig übler Kater.

Da dann doch lieber gesittet feiern und frisch zur Arbeit gehen.