Entsendung und Arbeitsvertrag – Arbeitnehmer im Ausland

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Im Rahmen der Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland sind für den inländischen Arbeitgeber und den Arbeitnehmer (expatriate) verschiedene Aspekte zu bedenken. Dies betrifft sozialversicherungsrechtliche, steuerrechtliche und arbeitsvertragsrechtliche Punkte. Im Folgenden werden wichtige Gesichtpunkte für die möglichen und erforderlichen Gestaltungen insbesondere auf arbeitsvertragsrechtlicher Ebene betrachtet.

I. Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten

Für die Zeit des (längerfristigen) Auslandseinsatzes des Arbeitnehmers, wird das Arbeitsverhältnis vielfach auf eine veränderte Basis gestellt. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers genügt für die Entsendung ins Ausland nicht. Die erforderliche arbeitsvertragliche Anpassung kann dabei auf verschiedene Weise erfolgen.

1. Kündigung und Entsendevertrag

Es besteht die Möglichkeit, das ursprüngliche Arbeitsverhältnis zu kündigen und in einem neuen und einheitlichen Vertragswerk beide Gegenstände, das inländische Arbeitsverhältnis und die Entsendungsphase, zu regeln. So würde ein einheitlicher Arbeitsvertrag entstehen, der als Referenz für beide Bereiche dient.

2. Aufhebungsvertrag und Entsendevertrag

Ebenso kann das ursprüngliche Arbeitsverhältnis durch einen entsprechenden Aufhebungsvertrag aufgelöst werden. Auch würde dann letztlich der neu zu begründende Entsendevertrag das Arbeitsverhältnis im Ausland regeln und die arbeitsvertragsrechtlichen Bedingungen für das Arbeitsverhältnis im Heimatland bestimmen. Auch hier gäbe es ein einheitliches Vertragswerk für beide Bereiche.

3. Ruhen des Arbeitsvertrages und Zusatzvereinbarung

Statt der Beendigung kann das ursprüngliche Arbeitsverhältnis für die Zeit des Auslandsaufenthalts des Arbeitnehmers auch vereinbarungsgemäß ruhen. Entsprechend einer konkreten vertraglichen Regelung, würde die gegenseitigen arbeitsvertraglichen Pflichten suspendiert werden und entsprechend der vertraglichen Regelung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder aufgrund eines bestimmten Ereignisses wieder aufleben.

4. Entsendungsvereinbarung als Ergänzung zum inländischen Arbeitsvertrag

Anstatt den inländischen Arbeitsvertrag für die Zeit der Entsendung zu suspendieren oder das ursprüngliche Arbeitsverhältnis ganz zu lösen, kann diesem statt dessen weitere Wirkung auch während des Auslandaufenthalts des Arbeitnehmers zugedacht werden. Entsprechende Rechte und Pflichten beider Parteien würden grundsätzlich bestehen bleiben, jedoch würde in Ergänzung und als Modifizierung zum Arbeitsvertrag eine Ergänzungsvereinbarung geschaffen werden, die ebenfalls zum Bestandteil des Arbeitsverhältnisses werden würde. In der Ergänzung würden entsprechende Anpassung des Arbeitsverhältnisses geregelt werden, die für die Zeit der Entsendung erforderlich sind. Nach Beendigung des Auslandsaufenthalts würde die Ergänzungsvereinbarung erlöschen und der Arbeitsvertrag in seiner ursprünglichen Form wieder „aufleben“.

5. Neureglung des Arbeitsverhältnisses nach den Regeln des ausländischen Arbeitgebers

Eine weitere Option ist die „vollständige“ Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem inländischen Arbeitgeber und die Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses im Ausland. Hierbei würden deutsche Regelungen nicht mehr zur Anwendung kommen. In der Regel würde das Arbeitsverhältnis für die Zeit der Entsendung gänzlich unter die arbeitsgesetzlichen und arbeitsvertraglichen Regelungen des jeweiligen Landes fallen.

II. Berücksichtigung ausländischen Rechts

Da die Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland zwingend eine Auslandsberührung erfordert, ist bei der jeweiligen Vertragsgestaltung auch das jeweils anzuwendende ausländische (Arbeits)Recht zu beachten.

Der Entsendevertrag kann bestimmen, dass deutsches Arbeitsrecht auf ihn aufzuwenden ist. Eine solche Rechtswahl durch die Vertragsparteien ist grundsätzlich möglich.

Jedoch wird es in dem jeweiligen „Fremdstaat“ Regelungen geben, die nicht ohne weiteres von ihrer Anwendung durch Vertragsstatut ausgeschlossen werden können. Dies sind in der Regel, die dem Arbeitnehmerschutz zuzuordnen sind und öffentlich-rechtlichen Charakter habe. Aber auch sozialversicherungsrechtliche, steuerrechtliche und insbesondere aufenthalts- und arbeitserlaubnisrechtliche Punkte in vor allem Nicht-EU-Staaten sollten zwingend berücksichtigt werden. Diese ausländischen Regelungen sollten im Rahmen der Vertragsgestaltung bestimmt und eingebunden werden.

III. Vertragsinhalte

Die Entsendevereinbarung kann und sollte verschiedene Regelungsaspekte haben. Da grundsätzlich die arbeitsrechtliche Verbindung mit dem Arbeitgeber im Heimatland bestehen bleibt, sind in der (ergänzenden) Entsendevereinbarung neben den grundsätzlich erforderlichen Regelungen z.B. regelungsbedürftig das übergeordnete Weisungs- bzw. Direktionsrecht. Ggf. hat der entsandte Arbeitnehmer in berichtender Form Kontakt mit dem Arbeitgeber zu halten. Hier sollten Regelungen gefunden werden, an wen und in welcher Form dies geschehen soll. Enthalten sein sollte auch eine entsprechende Vergütungsregelung, die ggf. zu berücksichtigende Besonderheiten des Aufenthaltslandes des Arbeitnehmers berücksichtigt. Das Vergütungssystem kann sehr unterschiedlich ausgestaltet sein und verschiedene Aspekte berücksichtigen, die durch veränderte Lebenshaltungskosten, steuerrechtliche Gesamtsituation, Landeswährungskurs und sonstige Besonderheiten, mit denen der Arbeitnehmer im Ausland konfrontiert ist, beeinflusst werden.

IV. Wiedereingliederungsklausel

In der Entsenderegelung sollte auch der Wiedereinstieg des Arbeitnehmers nach Beendigung des Auslandsaufenthalts geregelt werden. Hier kann z.B. eine bestimmte Positionszusage getroffen werden oder die Arbeitsvertragsbedingungen grundsätzlich festgelegt werden, aber auch ein Einsatz beim Arbeitgeber entsprechend der Fähigkeiten und Qualifikationen des zurückkehrenden Arbeitnehmers kann vereinbart werden. Die durch den Auslandsaufenthalt gewonnen Kenntnisse und Erfahrungen können hierbei Berücksichtigung finden und ggf. den Wiedereinstieg des Arbeitnehmers auch in einer höheren Ebene optional vorsehen.

V. Sozialversicherung und Steuer

Bei jeder Auslandstätigkeit ist zu klären, inwiefern eine Sozialversicherungspflicht in Deutschland fortbesteht, im jeweiligen Ausland entsteht und ggf. sogar Leistungen in beide Sozialversicherungssysteme geleistet werden müssen. In verschiedenen Fällen bestehen sogenannte Sozialversicherungsabkommen zwischen dem Heimatstaat und dem Aufenthaltsstaat, in dem der Arbeitnehmer tätig ist. Ein solches bilaterales Sozialversicherungsabkommen besteht für Deutschland z.B. mit Australien, aber für eine Vielzahl anderer Staaten. Diese Abkommen verfolgen das Ziel, die Zahlung von Leistungsbeiträgen in beide Sozialversicherungssysteme für expatriates zu vermeiden.

Im Rahmen des Steuerrechts sind insbesondere die gültigen Doppelbesteuerungsabkommen zu beachten, die eine entsprechende, uneingeschränkte Doppelbesteuerung im Staat des Wohnsitzes und im Staat der beruflichen Tätigkeit vermeiden sollen. Im Anwendungsbereich von Doppelbesteuerungsabkommen geht das Besteuerungsrecht i.d.R. nach Zeitablauf auf den Staat über, in dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt. Auch hier sind besondere Prüfungen erforderlich und ratsam, um auch diesen Aspekt einer Arbeitnehmerentsendung ins Ausland in einer möglichst frühen Planungsphase zu klären.

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