Elternzeit - Entscheidungen mit Konsequenzen

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Vor dem Erziehungsurlaub klären, was Mann/Frau will

Mit der Entscheidung, die Erziehungszeit (Erziehungsurlaub) in Anspruch zu nehmen, sind für den Arbeitnehmer weitreichende Konsequenzen verbunden, die vorher bedacht werden sollten. Zwei aktuelle Entscheidungen machen dies deutlich.

  1. Festlegung der Elternzeit ist bindend

    Luis Fernando Ureta
    Partner
    seit 2003
    Rechtsanwalt
    Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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    Arbeitsrecht, Handelsrecht, Vertragsrecht, allgemein

    Wer sich für die Dauer der Elternzeit völlig von der Arbeit freistellen lässt, kann nicht anschließend einen Anspruch auf Teilzeitarbeit geltend machen.

    Die Arbeitnehmerin war bis zur Geburt ihres Kindes in Vollzeit beschäftigt. Ihrem Arbeitgeber teilte sie zunächst mit, dass sie im Anschluss an die achtwöchige Mutterschutzfrist bis zum Ende der dreijährigen Elternzeit nicht arbeiten wolle. Knapp sechs Monate später verlangte sie vom Arbeitgeber einer Teilzeitbeschäftigung von zwei Arbeitstagen je Woche zuzustimmen.
    Der Arbeitgeber lehnte dies ab und hatte damit Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg stellte fest, dass nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) lediglich ein Anspruch auf Reduzierung, nicht aber auf Verlängerung der Arbeitszeit innerhalb der Elternzeit besteht.

    Die Arbeitnehmerin hatte zunächst erklärt, die Elternzeit unter vollständiger Befreiung von der Arbeit nehmen zu wollen. Diese Erklärung ist bindend. Mit der Ausübung des (einseitigen) Gestaltungsrechts ist das Wahlrecht des Arbeitnehmers verbraucht. Wer zunächst die völlige Freistellung von der Arbeit verlangt, kann nicht später innerhalb dieses Zeitraums Teilzeitarbeit verlangen. Dies ist dem Arbeitgeber nicht zumutbar, wie das Gericht zutreffend feststellt. Der Arbeitgeber hat langfristige Dispositionen getroffen (zum Beispiel in Form der befristeten Einstellung einer Ersatzkraft) und kann diese nicht ohne Weiteres rückgängig machen. Insbesondere kann der Arbeitgeber nicht verpflichtet werden, einen zusätzlichen Teilzeitarbeitsplatz zu schaffen.

    Die konsequente und richtige Schlussfolgerung des Gerichts: Sofern der Wunsch besteht, die Elternzeit in Form reduzierter Arbeitszeit in Anspruch zu nehmen, muss dieses bereits bei Beginn der Elternzeit vorgebracht werden.

    LAG Baden-Württemberg vom 6.5.2004, Az 3 Sa 44/03

  2. Mindestbeitrag während Erziehungsgeldbezug bei freiwilligen Mitgliedern einer Krankenkasse

    Wer als Arbeitnehmer mit seinem Einkommen über der so genannten Beitragsbemessungsgrenze liegt (derzeit 45.900 €/jährlich, 3.825 €/monatlich), ist nicht mehr pflichtversichert in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Jedoch besteht die Möglichkeit, sich freiwillig versichern zu lassen, anstatt in die Private Krankenversicherung einzutreten. Insbesondere Ehepaare und insbesondere Frauen nutzen dies, da sie die Kosten der Privaten Krankenversicherung für die Absicherung der Kinder scheuen. Diese Entscheidung kann jedoch mit Folgekosten verbunden sein, die es zu berücksichtigen gilt.

    Das Bundessozialgericht hatte jüngst zu entscheiden, wie hoch die Prämie einer freiwillig versicherten Arbeitnehmerin während ihres Erziehungsurlaubs ist. Während die Krankenkasse den Mindestbeitrag für freiwillig Versicherte forderte (damals ca. 190,- Mark), wollte die Versicherte beitragsfrei versichert sein, da sie neben dem Erziehungsgeld über kein weiteres Einkommen verfügte. Sie verwies auf die entsprechende Rechtslage bei pflichtversicherten Personen während des Erziehungsurlaubs.
    Das Gericht gab der Krankenkasse im Ergebnis Recht. Freiwillige Mitglieder einer GKV müssen auch dann einen Mindestbeitrag zahlen, wenn sie während des Bezugs von Erziehungsgeld keine weiteren beitragspflichtigen Einnahmen haben.

    Bei freiwilligen Mitgliedern der GKV erfolge die Beitragsbemessung anhand ihrer gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Es sei angemessen, für die Einkommensbezieher „pauschal" als beitragspflichtige Einnahmen monatlich mindestens ein Drittel der so genannten Bezugsgröße (derzeit 2.415 €/monatlich) anzusetzen. Dies entspricht aktuell einer monatlichen Beitragsbemessungsgrundlage von mindestens 805 Euro, die mit dem ermäßigten Beitragssatz zu multiplizieren sind. Der sich so ergebende Mindestbeitrag ist selbst dann zu entrichten, wenn das freiwillige Mitglied über keinerlei Einkünfte verfügt, so die Richter.

    Das Urteil ist wenig überzeugend, da recht willkürlich angenommen wird, freiwillig Versicherte hätten ausreichende andere Einnahmequellen, um die genannte Mindestprämie zu zahlen. Weshalb beispielsweise ein Arbeitnehmer mit einem Einkommen von 46.000 €/jährlich während der Erziehungszeit einen Mindestbeitrag zahlen soll, ein anderer mit „nur" 45.000 €/jährlich von der Beitragszahlung freigestellt ist, erschließt sich dem unvoreingenommenen Leser nicht ohne Weiteres.

    BSG vom 26.05.2004

Fazit:

Wer als Arbeitnehmer beabsichtigt, die Elternzeit in Anspruch zu nehmen, sollte dies vorher sorgfältig planen. Die Entscheidung, sich für einen Zeitraum von drei Jahren vollständig aus dem Berufsleben zurückzuziehen, wird häufig schon nach wenigen Monaten bedauert. Deshalb sollte Mann/Frau sich beispielsweise mit dem Arbeitgeber über die Möglichkeit einer geringfügigen Beschäftigung, Heimarbeit usw. unterhalten. Neben dem Erhalt einer (kleinen) Einkommensquelle steht die Einbindung in das Berufsleben jedoch im Vordergrund. Wer in unserer schnelllebigen Zeit drei Jahre oder noch länger beruflich nicht aktiv war, hat erfahrungsgemäß große Schwierigkeiten, eine neue Chance zu erhalten.
Auch die Konsequenzen in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht (Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung) sind zu bedenken. Paare sollten zudem klären, wie sich der Wegfall eines Einkommens im Verhältnis zueinander auswirkt. Hier ist der Abschluss eines Ehevertrages (mit ausreichender Absicherung des erziehenden Elternteils) regelmäßig zu empfehlen.

Rechtsanwalt Luis Fernando Ureta
Kleines Feld 1 30966 Hemmingen, Han
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