Die unsichere arbeitsrechtliche Position des Leiharbeitnehmers (Kündigungsschutz, Gleichbehandlung mit der Stammbelegschaft)

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Die erfreuliche Nachricht ist: Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland sinkt. Sieht man sich den deutschen Arbeitsmarkt aber genauer an, bietet sich ein differenziertes Bild. Denn gleichzeitig steigt die Zahl der Leiharbeitnehmer sprunghaft an – besonders in Berlin/Brandenburg. Derzeit sind mehr als doppelt so viel Leiharbeitnehmer in Brandenburg beschäftigt, als noch vor wenigen Jahren.

Grundsätzlich gilt, dass der Leiharbeitnehmer in dem Betrieb, in dem er beschäftigt, also „entliehen“ wird, gleich den dort festangestellten Arbeitnehmern zu behandeln ist. Er arbeitet zu denselben Arbeitsbedingungen, während derselben Arbeitszeiten und mit demselben Arbeitsgerät, wie die Stammbelegschaft. Er soll – so die arbeitsrechtliche Vorgabe im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz – kein Arbeitnehmer 2. Klasse sein.

Dennoch gilt auch: Ein Tarifvertrag darf den für die Stammbelegschaft gezahlten Arbeitslohn unterschreiten – eine Regelung des Arbeitsrechts, von der in der Praxis häufig Gebrauch gemacht wird. Die klassischen Gewerkschaften des DGB schließen entsprechende Tarifverträge zwar nicht ab. Es sind jedoch die Gewerkschaften der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und PSA, die solche niedrigeren Löhne durch ihr Tarifsystem möglich machen. Sehr zum Ärger der klassischen Gewerkschaften, die ihren Kollegen vorwerfen, inhumane Dumpinglöhne möglich zu machen. Ferner genießen die Leiharbeitnehmer nicht denselben Kündigungsschutz – ihr Arbeitgeber ist nicht der Betrieb, bei dem sie arbeiten, sondern die Zeitarbeitsfirma.

Nimmt die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern überhand, kann dadurch das über Jahrzehnte aufgebaute und zäh verteidigte System des Kündigungsschutzes und gewerkschaftlich gestützter Hochlohnbereiche wirkungsvoll ausgehöhlt werden. Bei großen Unternehmen gibt es daher Betriebsvereinbarungen, die den Leiharbeitnehmer schützen sollen. Wichtiger Bestandteil solcher Betriebsvereinbarungen sind Übernahmeklauseln, die besagen, dass ein Leiharbeitnehmer nach einer bestimmten Zeit fest im Unternehmen anzustellen ist.

Auf dem Weg zur Festanstellung bei einem großen Unternehmen trifft der Leiharbeitnehmer jedoch regelmäßig auf zwei Hürden. Erstens beginnt der Übergangszeitraum oft mehrere Monate oder sogar Jahre nach Beginn seiner Tätigkeit im Betrieb, so dass sich ein Leiharbeitnehmer, der dort bereits jahrelang arbeitet, dennoch erst am Beginn der Übergangszeit befinden kann. Zweitens kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass der Leiharbeitnehmer kurz vor Ablauf der Übergangszeit und der sicher geglaubten Festanstellung betriebsbedingt von der Zeitarbeitsfirma gekündigt wird – für den Leiharbeitnehmer eine doppelte Enttäuschung.

In solchen Fällen ist die Betriebsbedingtheit der Kündigung oft nur vorgetäuscht; in Wahrheit soll die Festanstellung im Großkonzern – und somit die Erweiterung der Konzernbelegschaft – buchstäblich im letzten Moment verhindert werden.

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