Der Dienstwagen in der Pflege und anderen Branchen – Ein arbeitsrechtlicher Problemüberblick

Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Dienstwagen
0 von 5 Sterne
Bewerten mit: 5 Sterne 4 Sterne 3 Sterne 2 Sterne 1 Stern
0

Im Bereich der ambulanten Pflegedienste ist es unablässig, dass Pflegekräfte entweder Dienst- oder Privatfahrzeuge nutzen, um die täglich zu fahrenden Routen und Patientenbesuche während der jeweiligen Schicht leisten zu können. Hierbei sind verschiedene Nutzungsmodelle denkbar und in der Praxis in der Anwendung, die Dienstfahrzeuge des Pflegedienstes ebenso einbeziehen, wie die Nutzung des Privat-PKW.

I. Überlassungsmodelle

Der klassische Fall ist die Überlassung eines Fahrzeugs des Pflegedienstes an die Pflegekraft, um die erforderlichen Dienstfahrten während der jeweiligen Schicht zu fahren. Daneben gibt es aber auch die Konstellation, dass das Dienstfahrzeug durch den Pflegedienst auch zur privaten Nutzung überlassen wird. Auch kommt es vor, dass der Privat-PKW auch für die Dienstfahrten eingesetzt wird.

Welches Überlassungsmodell letztlich gewählt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, in die steuerliche Aspekte hineinspielen, aber auch Erwägungen zum Verwaltungs- und Kostenaufwand. Der letzte Aspekt betrifft insbesondere Wartungs- und Reparaturkosten. Der Werbeeffekt durch einen einheitlichen Auftritt und einheitliche Werbung nach aussen, ist ebenfalls ein erheblicher Faktor der bei der zu treffenden Entscheidung tragend sein kann.

Letztlich entscheidet der Arbeitgeber über die Ausgestaltung und Anwendung eines bestimmten Überlassungsmodells.

II. Rechtliche Probleme

Arbeitsrechtliche Konflikte können insbesondere entstehen in den Bereichen der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberhaftung bei Unfallschäden und im Bereich der Privatnutzung des Dienstwagens.

1. Unfall

Rechtliche Konfliktsituationen treten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber insbesondere dann auf, wenn an dem zur Erfüllung des Dienstes genutzten Fahrzeugs ein Schaden entsteht, der von dem Arbeitnehmer verursacht wurde. Es stellt sich dann die Frage, ob und inwieweit der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer für den Schaden an dem Fahrzeug einzustehen hat. Hier gelten die Regeln der Arbeitnehmerhaftung entsprechend der vom BAG aufgestellten Grundsätze. Dies betrifft die Fälle, in denen der Arbeitnehmer den Dienstwagen benutzt, aber auch die Fälle, in denen der Arbeitnehmer mit Einverständnis des Arbeitgebers seinen Privat-PKW für die erforderlichen Dienstfahrten einsetzt. Das Risiko der „betrieblich veranlassten Tätigkeit" realisiert sich dann am Privat-PKW des Arbeitnehmers. Anders kann sich die Situation darstellen, wenn eine „Risikopauschale" vom Arbeitgeber gezahlt wird. Diese muss eine angemessene Höhe haben, anderfalls kann damit die Haftung des Arbeitgebers für Schäden aus Unfällen während der Arbeitszeit (betrieblich veranlasster Tätigkeit) nicht beschränkt bzw. beseitigt werden.

2. Unerlaubte Privatnutzung

Auch kann es zu rechtlichen Streitigkeiten kommen, wenn der Arbeitnehmer den Dienstwagen unerlaubt auch privat nutzt. Ist die private Nutzung des Dienstwagens nicht vertraglich geregelt, indem diese Art der Nutzung entweder erlaubt, unter Einschränkungen erlaubt oder grundsätzlich untersagt wird, kann es zur Entstehung eines privaten Nutzungsrechtes für den Arbeitnehmer kommen. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der Privatnutzung hat und sie nicht unterbindet. Natürlich ist bei einer vertraglichen Regelung die Möglichkeit der mündlichen bzw. einvernehmlichen Vertragsänderung zu beachten. Erhält der Arbeitgeber z.B. Kenntnis von einer unerlaubten Privatnutzung, sollte er umgehend handeln.

Das Recht des Arbeitnehmers, den Dienstwagen auch für private Zwecke zu nutzen, führt auch dazu, dass der Wagen nicht ohne weiteres vom Arbeitgeber herausverlangt werden kann. Dies ist insbesondere bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses relevant. Gegebenenfalls ist für eine Entziehung des privaten Nutzungsrechtes eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Es bietet sich hier die Möglichkeit, die private Nutzung vertraglich einzuschränken und ausdrücklich zu regeln, unter welchen Umständen die private Nutzung widerrufen werden kann. Die Formulierung dieses sogenannten Widerrufvorbehaltes muss sehr konkret und präziese erfolgen. Die Überlassung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung wird zu einem Lohnbestandteil, der nicht ohne weiteres entfallen darf. Der Widerrufsvorbehalt darf nicht den Kernbereich des kündigungsrechtlichen Änderungsschutzes verkürzen (BAG, Urteil v 13.06.1986 AP Nr. 19 zu § 2 KSchG).

III. Vertragsformulierung

Die Ausübung des Widerrufsrechts ist an das Vorliegen von bestimmten sachlichen Gründen gebunden, so dass dem Arbeitnehmer die Privatnutzung nicht ohne weiteres entzogen werden kann. Werden in der Vertragsformulierung nicht die konkreten Voraussetzungen genannt, ist der Widerrufsvorbehalt ggf. unwirksam. Rechtlich wird die Formulierung an den Voraussetzungen der §§ 307 ff. BGB gemessen.

Auf die Formulierung des Widerrufvorbehaltes ist daher gesteigerter Wert zu legen.

IV. Schlussbemerkung

Arbeitgeber aus dem Bereich der ambulanten Pflege, aber auch aus anderen Bereichen, sollten ein besonderes Augenmerk auf die Dienstwagenvereinbarungen in ihren Arbeitsverträgen haben. Viele der dort zu findenden Regelungen sind ofr rechtlich unwirksam formuliert und bedürfen der Überprüfung.

Sollten Sie Fragen oder ein konkretes Problem in diesem oder einem anderen arbeitsrechtlichen Themenbereich haben, stehe ich Ihnen für eine Beratung gerne zur Verfügung.

Das könnte Sie auch interessieren
Arbeitsrecht Die Überlastungsanzeige in der Pflege – Haftungsrechtliche Relevanz