Befristete Verträge mit der Bundesagentur für Arbeit – Frist zur Einreichung der Entfristungsklage läuft für viele bald ab

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Es gibt erhebliche Zweifel bezüglich der Wirksamkeit von befristeten Verträgen mit der Bundesagentur für Arbeit, die teilweise schon durch Urteile von verschiedenen Landesarbeitsgerichten bestätigt wurden. Dies betrifft zum einen Mitarbeiter, deren Befristung auf Kapitel 6  Titel 425 02 der Haushaltspläne 2008 und 2009 gestützt wird. Hierbei handelt es sich um Beschäftigte im SGB II-Bereich, die also in den ARGEn eingesetzt sind. Die Vorgängerregelung in Kapitel 5 Titel 425 02 aus dem Haushaltsplan 2005 wurde bereits vom Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 17.03.2010, 7 AZR 843/08 für nicht ausreichend erachtet, um eine Befristung zu rechtfertigen. Hierüber habe ich bereits berichtet.

Da die Nachfolgeregelung in den Haushaltsplänen 2008 und 2009 nur geringfügig anders ist, sind die Chancen gut, dass auch die hierauf begründeten Befristungen für unwirksam erklärt werden mit der Folge, dass die Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen. Einige Landesarbeitsgerichte haben diese Auffassung bereits bestätigt.

Elke Scheibeler
Partner
seit 2010
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Heinz-Fangman-Str. 2
42287 Wuppertal
Tel: 0202 76988091
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Insolvenzrecht, Miet- und Pachtrecht, Kaufrecht, Vertragsrecht

Die Haushaltspläne 2008 und 2009 erlaubten eine Befristung bis längstens zum 31.12.2010. Die letzten Arbeitsverträge, die auf diese Ermächtigung gestützt wurden, sind also vor wenigen Tagen ausgelaufen. Arbeitnehmer, die bis zum 31.12.2010 gestützt auf Kapitel 6 Titel 425 02 der Haushaltspläne 2008 und 2009 bei der Arbeitsagentur tätig waren und keinen neuen Arbeitsvertrag unterzeichnet haben, müssen daher bis zum 21.01.2011 Klage einreichen, wenn sie die Wirksamkeit ihrer Befristung überprüfen lassen möchten. Die Klage muss an diesem Tag beim Arbeitsgericht eingereicht sein, anderenfalls steht unumstößlich fest, dass der befristete Arbeitsvertrag wirksam ist.

Dies ist selbst dann der Fall, wenn das Bundesarbeitsgericht in den Parallelfällen feststellt, dass die Haushaltsvorschriften nicht ausreichen, um eine Befristung zu rechtfertigen. Nach einer Mitteilung der Arbeitsagentur in einem von mir geführten Rechtsstreit waren per 01.10.2010 bereits vier Revisionen bezüglich des Befristungsgrundes aus dem Haushaltsplan 2008 anhängig, und zwar gegen Urteile des LAG Sachsen-Anhalt, LAG Thüringen, LAG Hamm und LAG Berlin-Brandenburg. Eine Entscheidung dürfte auch nach der Einschätzung des Vertreters der Arbeitsagentur im Verlauf des Jahres 2011 zu erwarten sein. Wer also derzeit arbeitslos ist, sollte auf jeden Fall Klage erheben, um seine Chance auf eine unbefristete Anstellung zu wahren.

Im Haushaltsplan 2010 ist die Ermächtigung für die Einstellung von Arbeitnehmern im SGB II-Bereich in Kapitel 6 Titel 427 09 „umgeschlüsselt“ worden. Die Ermächtigung ist auch anders formuliert und erlaubt eine Beschäftigung bis zum 31.12.2013. Begründet wird der weitere Bedarf im Wesentlichen mit der Wirtschaftskrise. Die Bedenken, die gegen Vorgängerregelungen bestehen, gelten sinngemäß auch hier. Allerdings hat die Bundesagentur für Arbeit mehr Argumente in die Haushaltsermächtigung hineingeschrieben, so dass die Chancen etwas geringer sind als bezüglich der Vorgängerregelung aus den Haushaltsplänen 2008 und 2009. Wer derzeit gestützt auf diese Haushaltsermächtigung bei der Arbeitsagentur eingestellt ist, sollte die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen und bereits jetzt seine individuelle Klagefrist notieren, die gemäß § 17 TzBfG drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrags endet. Wer möchte, kann auch schon bereits während des befristeten Arbeitsverhältnisses Klage erheben.

Die zweite Fallgruppe betrifft Mitarbeiter, deren Befristung auf Kapitel 5 Titel 425 07 des Haushaltsplans 2008 gestützt wird. Hierbei handelt es sich um Mitarbeiter aus dem SGB III-Bereich, die also bei der Arbeitsagentur im Rahmen der Arbeitsvermittlung oder Arbeitslosengeldgewährung tätig sind. Die Befristung ist in diesen Fällen bis zum 31.12.2012 möglich. Hier gibt es nach einer Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit in einem von mir betreuten Prozess per 01.10.2010 fünf Revisionen und eine Nichtzulassungsbeschwerde, die beim Bundesarbeitsgericht anhängig sind. Hiervon beziehen sich drei Fälle auf die Ermächtigung gemäß Kapitel 5 Titel 425/07 zur Sicherung fachlich adäquater Betreuungsschlüssel aus dem Haushaltsplan 2006. Da diese eine Befristung bis längstens zum 31.12.2008 erlaubte, diese Haushaltsermächtigung für aktuell bei der Arbeitsagentur für Beschäftigte keine Bedeutung mehr. Nach Mitteilung der Bundesagentur für Arbeit sollen zu der Nachfolgeregelung in Kapitel 5 Titel 425 07 aus dem Haushaltsplan 2008 eine Revision und eine Nichtzulassungsbeschwerde anhängig sein. Hier ist allerdings unklar, auf welchen Unterfall sich diese beiden Verfahren genau beziehen.

Eine letzte Revision soll nach Mitteilung der Arbeitsagentur anhängig sein ebenfalls zu der Ermächtigung in Kapitel 5 Titel 425 07, dieses Mal bezüglich des Haushaltsplans 2007. Betroffener Unterpunkt ist hier die Verwendung für Sonderprogramme des Bundes, die eine Beschäftigung bis zum 31.12.2010 zulässt. Auch hier dürfte es also noch Arbeitnehmer geben, die aufgrund des Haushaltsplans 2007 noch bis zum 31.12.2010 bei der Arbeitsagentur tätig waren. Auch für diese läuft die Klagefrist daher am 21.01.2011 ab. Da sich diese Ermächtigung aber auch gleichlautend in den Haushaltsplänen 2008, 2009 und 2010 (im Haushaltsplan 2010 „umgeschlüsselt“ in Kapitel 5 Titel 427/09) befindet, die eine Beschäftigung bis zum 31.12.2012 erlauben, dürfte es auch Arbeitnehmer geben, deren aktueller befristeter Arbeitsvertrag auf die Nachfolgeregelung gestützt wird. Auch diese sollten daher die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfolgen und sich bereits jetzt oder nach Ende ihres Vertrages überlegen, ob sie nicht innerhalb von drei Wochen klagen wollen.

Unabhängig davon, dass die Ermächtigung im Haushaltsplan der Bundesagentur für Arbeit als unwirksam angesehen wird besteht natürlich noch die Möglichkeit dass der Europäische Gerichtshof auf die Vorlage des Bundesarbeitsgerichts vom 27.10.2010, AZ 7 AZR 485/09 die Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 TzBfG für unwirksam erklärt, so dass Befristungen in Arbeitsverträgen generell nicht mehr mit einer Ermächtigung in einem Haushaltsgesetz gerechtfertigt werden können. Wenn dies geschieht, kommt es auf die Haushaltsermächtigung nicht mehr an.

Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit mit befristeten Verträgen, die ihre Rechte im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung wahren wollen, sollten daher anwaltlichen Rat einholen und die Klagefrist, die drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des Arbeitsvertrags abläuft, beachten. Auch ist bei Abschluss eines erneuten befristeten Arbeitsvertrags Vorsicht geboten, da es jeweils auf die Wirksamkeit der aktuellen Befristung ankommt. Ein ehemals unwirksam befristeter Arbeitsvertrag kann also durch Abschluss eines Anschlussvertrags, der eine wirksame Befristung enthält, geheilt werden.

Dr. Elke Scheibeler
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