Arbeitnehmer kommt beharrlich zu spät – sogar fristlose Kündigung zulässig

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Ein Beitrag von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht Berlin und Essen.

Arbeitnehmer müssen dafür sorgen, dass sie pünktlich zur Arbeit erscheinen. Sie tragen das sog. Wegerisiko, bei Verspätungen gibt es für die versäumte Arbeitszeit keinen Lohn. Im Gegenteil, Verspätungen können unangenehme Konsequenzen haben. Grundsätzlich kommt für Arbeitgeber eine Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung in Betracht.

Fristlose Kündigung bei Verspätungen: Regelmäßig können Arbeitgeber in einem solchen Fall nur ordentlich kündigen. Ausnahmsweise ist aber sogar eine fristlose Kündigung zulässig, wie ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 08.12.2016 – 2 Sa 188/16) zeigt. Das gilt dann, wenn der Arbeitnehmer so regelmäßig zu spät kommt, dass sein Verhalten den „Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verweigerung der Arbeitspflicht erreicht“ hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer die maßgebliche Pflichtverletzung trotz Abmahnungen wiederholt begeht.

Interessenabwägung im Einzelfall: Automatisch zulässig sind fristlose Kündigung jedoch auch bei wiederholten Verspätungen und vorherigen Abmahnungen nicht. Im konkreten Fall ist stets noch eine Interessenabwägung erforderlich, in deren Rahmen geklärt wird, ob dem Arbeitgeber das Abwarteten bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten ist. In dem konkreten Fall, den das LAG Rheinland-Pfalz zu entscheiden hatte, war der Arbeitnehmer in Anschluss an die Abmahnungen zwar weiter zu spät gekommen, dies jedoch nur noch wenige Minuten. Da keine weiteren Pflichtverletzungen des Mitarbeiters zu verzeichnen waren und dieser die versäumte Zeit stets nachgearbeitet hatte, war die fristlose Kündigung in seinem Fall letztlich unwirksam. Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung des Arbeitgebers hatte dagegen Erfolg.

Das LAG: Wiederholte Unpünktlichkeit eines Arbeitnehmers ist dann an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verweigerung der Arbeitspflicht erreicht haben. Das Gericht jedoch weiter: Nach der stets vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung ist es der Beklagten im Streitfall gleichwohl zuzumuten, das Arbeitsverhältnis jedenfalls noch bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31. Mai 2016 fortzusetzen (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.12.2016 – 2 Sa 188/16).

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01.02.2018

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Leserkommentare
von BinNeugierig am 15.02.2018 21:04:56# 1
Im Klartext: Wenn e3in Mitarbeiter auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist und der Fahrplan so getaktet ist, dass er nur um 8.05, also 5 Minuten zu spät, oder um 7.05 fast eine Stunde zu früh erscheint, wird ihm also zugemutet, eine Stunde untätig zu wrten, wenn er seinen Job (= Mini - Job, Langzeit - Praktikum, Zeitarbeit oder Was?) behalten will. Aber um 17 Uhr darf der Entleiher oder Prokurist ihm unbezahlte Mehrarbeit zumuten? Da ist doch etwas faul am Arbeitsrecht.
    
von trollhunter am 16.02.2018 10:21:03# 2
Es gibt wie immer zwei Seiten. Man sollte daher einfach von Anfang an das Gespräch mit dem Chef suchen, mit offenen Karten spielen und auf die Fahrtsituation hinweisen. Zeigt sich der Chef wenig kulant muss man die Zeit nacharbeiten, z.B. sammelt man das und wen eine Stunde voll ist arbeite man ne Stunde länger. Es gibt sicherlich immer Möglichkeiten das im Dialog zu klären. Sollte kein Dialog möglich sein, sollte man sich vielleicht die Frage stellen, ob man in so einem Betrieb überhaupt arbeiten will, das dürfte dann dort ja nicht das einzige Problem sein. Auch das Argument es sind ja nur 5 Minuten kann nicht zählen, den das läppert sich auf Jahr gesehen auf mehrere Stunden. Sie als Arbeitgeber hätten sicher auch keine Lust Lohn ohne Gegenleistung zu bezahlen. Es gibt genug Fälle wo Arbeitnehmer einfach davon ausgehen, das der Chef das so wegen mieser Fahrtzeiten der Övis hinzunehmen hat. Muss er aber nunmal nicht. Und das hat auch nichts mit unbezahlter Mehrarbeit oder ungerechtem Arbeitsrecht zu tun. Man hat einen Arbeitsvertrag mit entsprechenden Arbeitszeiten unterschrieben und Verträge sind nunmal einzuhalten. Sie wollen ja auch Ihren Lohn pünktlich haben und nicht wie es dem Chef in den Kram passt oder er es sich gerade leisten kann.
    
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