Arbeitgeber mit NS-Regime verglichen – fristlose Kündigung eines Betriebsratsmitglieds unzulässig

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Ausgangslage

Für die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds muss der Arbeitgeber zuerst die Zustimmung des Betriebsrats einholen. Der Betriebsrat wird diese oft aber nicht geben. In diesem Fall kann sich der Arbeitgeber an das Arbeitsgericht wenden und verlangen, dass die Zustimmung durch das Gericht ersetzt wird.

Fall

Ein Betriebsratsmitglied war nicht glücklich mit einer Überwachungskontrolle der Mitarbeiter mit technischen Geräten durch den Arbeitgeber. Dies ließ er den Arbeitgeber wissen, indem er in einer E-Mail solche Maßnahmen mit Überwachung in einem „totalitärem Regime vor 70 Jahren“ verglich. Macht man eine Rechnung, was die Zeit angeht, stellt die Äußerung also einen riskanten Vergleich mit dem Nazi-Regime dar. Der Arbeitgeber wollte daraufhin eine fristlose Kündigung aussprechen und beantragte daher beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung.

Entscheidung

Der Antrag hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg. Eine fristlose Kündigung sei bei einem Vergleich betrieblicher Umstände mit dem Naziterrorregime zwar in der Regel gerichtfertigt. Hier sei ein solcher Vergleich aber gar nicht vom Betroffenen beabsichtigt gewesen. Es sei ihm eher um eine Warnung vor einer entsprechenden Entwicklung gegangen, die in den Bereich der Meinungsfreiheit falle.

Fachanwaltstipp Arbeitnehmer und Betriebsräte

Vorsicht vor allen Nazivergleichen, auch wenn sie noch so mehrdeutig oder versteckt sind. Es gilt auch für alle anderen Beleidigungen oder Herabwürdigung des Arbeitgebers oder des Vorgesetzten. Gerichte reagieren hier regelmäßig sehr empfindlich. In diesem Fall hat den Arbeitnehmer wohl eher der Umstand geschützt, dass er Mitglied des Betriebsrats war und in dieser Funktion handelte.

Fachanwaltstipp Arbeitgeber

Der Vorteil von Kündigungen wegen Beleidigung ist immer der, dass man keine Abmahnung braucht. Allerdings muss auch hier vorab geprüft werden, ob die Beleidigung wirklich als Kündigungsgrund taugt. Auch wenn der Arbeitnehmer zu einer gesetzlich vor Kündigungen besonders geschützten Personengruppe, wie zu Beispiel dem Betriebsrat gehört, ist Zurückhaltung angebracht, wenn die streitige Äußerung im Rahmen der Mandatswahrnehmung oder im weiteren Zusammenhang damit erfolgt ist.

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