Anspruch auf Doppelbesetzung einer Angestelltenstelle im öffentlichen Dienst

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Das Landesarbeitsgericht Hessen (Hess. LAG) hat mit Urteil vom 23.04.2010 – 19/3 Sa 47/09 – darauf erkannt, dass ein nicht berücksichtigter Bewerber um eine Stelle eines öffentlichen Arbeitgebers verlangen kann, eingestellt zu werden, wenn sämtliche Einstellungsvoraussetzungen in seiner Person erfüllt sind und seine Einstellung die einzig rechtmäßig Entscheidung der Behörde wäre, weil jede andere Entscheidung sich als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstellen würde.

In der Pressemitteilung Nr. 4/010 vom 23. April 2010 des Hess. LAG heißt es hierzu:

"Hintergrund des Rechtsstreits war die Tätigkeit des schwerbehinderten Klägers im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit nach dem SGB II (1-Euro-Job). Der Mitarbeiter hatte bei der beklagten Kommune im Archiv gearbeitet und gehofft, eine neu geschaffene, befristete Archivstelle zu erhalten. Tatsächlich hat der Arbeitgeber jedoch einen anderen, ebenfalls im Archiv tätigen 1-Euro-Jober auf dieser Stelle eingestellt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Berufung des Klägers hatte teilweise Erfolg. Er konnte erreichen, dass die beklagte Kommune ihn ebenfalls befristet einstellen muss.

Das Berufungsgericht sah diesen Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG als gegeben an, weil die beklagte Kommune weder ein schriftliches Anforderungsprofil noch eine ordnungsgemäße Dokumentation ihrer Auswahlentscheidung erstellt hatte. Diese Umstände führten zu einer Änderung der Vortragslast im Prozess. Weil der Arbeitgeber auch im Verfahren das fehlende Anforderungsprofil nicht nachgereicht hat, war von der Besteignung des Klägers im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG für die fragliche Stelle auszugehen, ohne dass er dies im Einzelnen belegen musste.

Keinen Erfolg hatte der Antrag auf Zahlung einer Entschädigung wegen Altersdiskriminierung oder Benachteiligung aufgrund der Schwerbehinderteneigenschaft. Der Kläger konnte die hierfür notwendigen Indizien nicht aufzeigen".

Der in Bezug genommene Art. 33 Abs. 2 GG lautet:

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

Der Vorschrift kommt insbesondere im Zusammenhang mit der sog. „Konkurrentenklage" Bedeutung zu.

Die Konkurrentenklage ist die Klage eines Bewerbers um eine Stelle, die ein anderer Erwerber erhalten soll oder bereits erhalten hat. Ein Bewerber hat vor dem Hintergrund des Art. 33 Abs. 2 GG einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei entscheidet. Wird eine Verletzung dieses Rechts gerügt, folgt aus dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes, dass der abgelehnte Bewerber grundsätzlich die Möglichkeit der gerichtlichen Kontrolle seiner Nichtberücksichtigung haben muss.

Im Beamtenrecht ist dabei problematisch, dass sich der um eine Stellenbesetzung geführte Rechtsstreit mit der endgültigen anderweitigen Besetzung erledigt. Wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität ist die vorher verfügbare Stelle mit der Besetzung weggefallen. Um die Ernennung eines Konkurrenten zu vermeiden, muss daher regelmäßig auf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zurückgegriffen werden.

Bei der Besetzung einer Angestelltenstelle im öffentlichen Dienst erkennt das Bundesarbeitsgericht (BAG) einen Einstellungsanspruch an, wenn – worauf auch in dem o. g. Urteil des Hess. LAG abgestellt wird - sämtliche Einstellungsvoraussetzungen in der Person des Bewerbers erfüllt sind und dessen Einstellung die einzig rechtmäßige Entscheidung der Behörde ist, weil jede andere Entscheidung sich als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstellen würde. Einen Anspruch auf Doppelbesetzung der Stelle oder gar auf Wiederfreimachung hat der unterlegene Bewerber nur dann, wenn der öffentlich-rechtliche Dienstherr den effektiven Rechtsschutz des Bewerbers vereitelt hat.

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