Altersdiskriminierung beim Urlaub – Kann stets der Höchstsatz verlangt werden?

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Wieder einmal droht das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das auf der EG-Richtlinie 2000/78 beruht, jahrzehntealte deutsche Arbeitsrechtspraxis auf den Kopf zu stellen.  Diesmal ist der Urlaubsanspruch betroffen. In vielen Arbeits- und auch Tarifverträgen ist dieser nach dem Alter gestaffelt. Jüngere Arbeitnehmer erhalten weniger Urlaub als ältere und werden, so das LAG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 18.01.2011, 8 Sa 1274/10, diskriminiert. In dem Fall ging es um den Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen. Dort ist in § 15 folgende Urlaubsstaffel enthalten:

Bis zum vollendeten 20. Lebensjahr erhalten die Arbeitnehmer 30 Urlaubstage,

Elke Scheibeler
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bis zum vollendeten 23. Lebensjahr erhalten sie 32 Urlaubstage,

bis zum vollendeten 30. Lebensjahr 34 Urlaubstage

und ab dem vollendeten 30. Lebensjahr 36 Urlaubstage, jeweils ausgehend von einer 6-Tage-Woche.

Die 24jährige Klägerin, der also nur 32 Tage Urlaub zustanden, fühlte sich wegen ihres jungen Alters diskriminiert und verlangte 36 Tage Urlaub. Das beklagte Unternehmen argumentierte, mit dieser Regelung sollten Personen mit Fürsorgepflichten im Sinne des  § 10 S. 3 Nr. 1 AGG gefördert werden, indem die Vereinbarkeit von kleinen Kindern mit dem Beruf erleichtert wurde. Den Richtern in Düsseldorf reichte dies nicht, so dass der Arbeitnehmerin der Urlaubsanspruch zugesprochen wurde. Es wurde allerdings die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, so dass das letzte Wort in diesem Fall noch nicht gesprochen zu sein scheint.

Anders beurteilte nämlich das LAG Berlin-Brandenburg bereits in seiner Entscheidung vom 24.03.2010, AZ 12 Sa 2058/09 die Urlaubsstaffel in § 26 TVÖD, die bei ausgehend von fünf Arbeitstagen pro Woche bis 30jährigen Arbeitnehmern 26 Urlaubstage,  Arbeitnehmern nach dem vollendeten 30. Lebensjahr 29 Urlaubstage und nach dem vollendeten 40. Lebensjahr 30 Urlaubstage gewährt. Das LAG Berlin-Brandenburg führte aus, dass ältere Arbeitnehmer erwiesenermaßen ein höheres Erholungsbedürfnis hätten, da die Belastbarkeit mit dem Alter nachlasse. Diesem werde durch die Urlaubsstaffel in nachvollziehbarer Weise Rechnung getragen. Zudem hätten die Tarifvertragsparteien einen gewissen Gestaltungsspielraum gehabt, der wegen der Tarifautonomie zu respektieren sei. Auch hier soll die Revision beim Bundesarbeitsgericht anhängig sein.

Jüngeren Arbeitnehmern, die weniger Urlaub erhalten als ihre älteren Kollegen, ist daher anzuraten, die Differenz Urlaubstage innerhalb etwaiger Verfalls- und Ausschlussfristen geltend zu machen und ggf. einzuklagen. Die Prozesse könnten dann bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu diesen Fragen ruhend gestellt werden.

Dr. Elke Scheibeler
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Leserkommentare
von Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler am 25.05.2012 17:07:33# 1
Dieser Artikel ist aufgrund aktueller Rechtsprechung nicht mehr aktuell. Lesen Sie daher bitte meinen diesbezüglichen Artikel vom 25.05.2012.