Abfindungen im Arbeitsrecht - ein Ratgeber

Mehr zum Thema: Arbeitsrecht, Abfindung, Annahmeverzug, Aufhebungsvertrag, Arbeitsgeber, Kündigungsschutzprozess
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Die verschiedenen Arten einer arbeitsrechtlichen Abfindung

Abfindung im Aufhebungsvertrag

Sehr häufig werden in Aufhebungsverträgen Abfindungszahlungen vereinbart, um einen Kündigungsschutzprozess zu vermeiden. Man spricht bei einem Aufhebungsvertrag auch von einer Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses in gegenseitigem Einvernehmen. In einer so genannten Abwicklungsvereinbarung werden die Modalitäten der "Abwicklung des Arbeitsverhältnisses" geregelt, wie zum Beispiel auch die Zahlung einer Abfindung.

Der Arbeitgeber "erkauft" sich durch die Vereinbarung einer Abfindungszahlung Sicherheit. Für eine wirksame Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bedarf es - bei Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes - eines besonderen Grundes. Aber auch ohne Kündigungsschutzgesetz ist nicht jede Kündigung rechtens. Wenn eine Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung erhoben wird, stellt das Arbeitsgericht ggf. deren Unwirksamkeit fest. Der Arbeitnehmer ist nicht wirksam gekündigt und das Arbeitsverhältnis besteht weiterhin.

Annahmeverzugslohn als Entschädigung

Das Entgelt, das der Arbeitnehmer in der Zeit zwischen Kündigung und Entscheidung des Arbeitsgerichts hätte verdienen können, ist dann vom Arbeitgeber nachzuzahlen. Man spricht insoweit vom so genannten Annahmeverzugslohn (vgl. auch § 615 BGB). Der Arbeitnehmer muss sich allerdings auf seinen Anspruch auf "Annahmeverzugslohn" das Entgelt anrechnen lassen, das er zwischenzeitig durch anderweitige Arbeit verdient hat oder das er in der Zeit zwischen Kündigung und Entscheidung hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen (vgl. § 11 KSchG und § 615 BGB).

Auch bei einer vermeintlich gerechtfertigten Kündigung läuft der Arbeitgeber das Risiko, dass die Gründe dem Arbeitsgericht nicht ausreichen oder der Arbeitgeber das Vorliegen dieser Gründe im Prozess nicht beweisen kann. Zur Vermeidung dieses "Restrisikos" schließen Arbeitgeber gern Aufhebungs- oder Auflösungsverträge. Auch vor dem Arbeitsgericht werden häufig Abfindungsvergleiche geschlossen, um die Angelegenheit vom "Tisch zu bekommen".

Abfindung im Kündigungsschutzprozess

Das Arbeitsgericht kann ebenfalls eine Abfindungszahlung festsetzen. So heißt es im § 9 KSchG: "Stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen."

Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist zum Beispiel dann nicht mehr zumutbar, wenn die Prozessparteien während eines Kündigungsschutzprozesses so in Streit geraten, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint. Über die Höhe der Abfindung gibt § 10 KSchG Auskunft. Als Faustregel gilt: Die Höhe der Abfindung wird von den Arbeitsgerichten zwischen 1/4 bis zu 1/2 Bruttomonatsverdienst pro Beschäftigungsjahr festgelegt. Sowohl beim Aufhebungsvertrag als auch im gerichtlichen Vergleich kommt es weitestgehend auf die Verhandlungssituation und das Verhandlungsgeschick der Parteien an. So werden bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen in der Baubranche zumeist nur geringe Prozentsätze vom Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr gezahlt, während in anderen Branchen bei großen Unternehmen auch schon ein volles Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr vom Arbeitgeber angeboten wird.

Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung

Der Arbeitnehmer, dem aus betriebsbedingten Gründen gekündigt wurde, kann bei einem entsprechenden Angebot des Arbeitgebers zugunsten einer Abfindung auf eine Klage vor dem Arbeitsgericht verzichten (§ 1a KSchG). Danach hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr, wenn er auf das arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzverfahren verzichtet. Nach dem Gesetzestext setzt ein derartiger Anspruch den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer beim Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

Der Anspruch auf die Abfindung nach § 1a KSchG entsteht erst mit Ablauf der Kündigungsfrist. Da dieser Abfindungsanspruch erst dann entsteht, ist er auch vorher nicht vererblich, wenn der Arbeitnehmer während des Laufs der Kündigungsfrist verstirbt (vgl. Bundesarbeitsgericht Urteil vom 10.5.2007 - 2 AZR 45/06).

Sozialabgaben auf die Abfindung

Beiträge zur Sozialversicherung sind auf eine echte Abfindung grundsätzlich nicht zu entrichten. Bei Abfindungen, die für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden, handelt es sich nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV. Nach der Rechtsprechung der Sozialgerichte kann die Abfindung nicht der Zeit des beendeten Beschäftigungsverhältnisses zugeordnet werden, so dass keine Sozialabgaben zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abgezogen werden.

Anrechnung der Abfindung auf das Arbeitslosengeld

Grundsatz: Die Abfindung bleibt bei anschließender Arbeitslosigkeit unberücksichtigt, wenn eine ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung vorliegt. Das Gesetz spricht hier übrigens von einem Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. So heißt es im § 143a Abs. 1 SGB III: "Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte."

Umkehrschluss: Sollte die Kündigungsfrist eingehalten sein, wird ohne weitere Bedingungen und ohne Anrechnungen das Arbeitslosengeld gezahlt. Ist die Kündigungsfrist nicht eingehalten, weil ein Aufhebungsvertrag vorliegt, dann droht nicht nur eine Sperrzeit, sondern das Arbeitslosengeld ruht nach § 143a SGB III auch längstens bis zu einem Jahr. Die Dauer des Ruhenszeitraums richtet sich nach der Höhe der Abfindung, dem Alter des Arbeitnehmers, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und die tarifliche oder gesetzliche Dauer der Kündigungsfrist.

Es ist daher ein "Kardinalfehler", eine Einigung mit dem Arbeitgeber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung zu erzielen, wenn dabei nicht die ordentliche Kündigungsfrist eingehalten wird. Merkregel: Die Kündigungsfrist darf im Hinblick auf das Arbeitslosengeld unter keinen Umständen verkürzt werden.

Einkommenssteuer auf Abfindung

Abfindungen werden steuerlich nur noch nach dem ermäßigten Steuersatz, der so genannten "Fünftelungsregelung" nach § 24 EStG i.V.m. § 34 EStG, begünstigt. Der frühere Steuerfreibetrag nach § 3 Nr. 9 EStG ist schon seit Längerem gestrichen worden. Zur Anwendung der Fünftelungsregelung bedarf es eines Antrags des Steuerpflichtigen. Der Artikel Abfindung bei der Einkommensteuer beschreibt im Detail die Voraussetzungen und das Verfahren der "Fünftel-Vorschrift" sowie den Steuertrick der Aufteilung der Abfindungszahlung in zwei verschiedene Veranlagungszeiträume.

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