Abfindung und der steuerlich relevante Zeitpunkt

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Der Zeitpunkt des Zuflusses ist gestaltbar

Wird ein Arbeitsverhältnis beendet, sei es durch Kündigung oder auch im Wege des Aufhebungsvertrages, werden regelmäßig Abfindungszahlungen vereinbart. Da Abfindungen grundsätzlich als Bruttobetrag vereinbart werden, sind in diesem Zusammenhang auch steuerrechtliche Aspekte von Bedeutung. In diesem Zusammenhang spielt nicht nur das Ob und die Höhe der zu entrichtenden Steuer eine wichtige Rolle. Entscheidend kann hier vielmehr auch sein, welchem Veranlagungszeitraum diese Einnahmen zuzurechnen sind und ob hierauf Einfluss genommen werden kann.

Begriff der Abfindung

Eine Abfindung stellt eine einmalige außerordentliche Ausgleichszahlung dafür dar, dass der Arbeitnehmer mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewisse Nachteile erleidet, insbesondere für den Verlust des Arbeitsplatzes selbst. Erforderlich ist daher in jedem Fall, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Zahlung der Abfindung besteht.
Für die Berechnung und Abführung der auf die Abfindung entfallende Lohnsteuer ist der Arbeitgeber zuständig, der hierfür auch eine Lohnabrechnung erteilen muss. Die errechnete Lohnsteuer hat er bei der Auszahlung einzubehalten und an das zuständige Finanzamt abzuführen.

Steuerlich relevanter Zeitpunkt

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Dementsprechend ist nicht laufend gezahlter Arbeitslohn in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zugeflossen ist. Von einem Zufluss ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige über den Arbeitslohn wirtschaftlich verfügen kann. Verfügungsmacht wird in der Regel erlangt im Zeitpunkt des Eintritts des Leistungserfolges oder der Möglichkeit, den Leistungserfolg herbeizuführen. Allein die Fälligkeit des Anspruchs führt noch nicht zu einem gegenwärtigen Zufluss. Von wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ein uneingeschränkter, voller wirtschaftlicher Übergang der vereinbarten Leistung erfolgt, oder das Erlangen der wirtschaftlichen Dispositionsbefugnis darüber. Ausreichend für den Zufluss ist bereits im Zeitpunkt vor Eintritt des Erfolges, dass der Gläubiger die Möglichkeit hat, den Leistungserfolg einseitig herbeizuführen.

Gläubiger und Schuldner haben in Bezug auf Geldforderungen die Möglichkeit, den Erfüllungszeitpunkt und damit den Eintritt des Leistungserfolges auf zivilrechtlichem Weg frei zu gestalten. Vor diesem Hintergrund kann durch diese Steuerung des Erfüllungszeitpunktes auch die steuerliche Zuordnung der Erfüllung zu einem Veranlagungszeitraum gestaltet werden.
Hierbei handelt es sich auch nicht um einen Rechtsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung (AO). Nach § 42 Abs. 2 AO liegt dabei dann ein Missbrauch vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Erfasst werden hiervon etwa Steuervergütungen, Steuererstattungen oder auch geringere Steueransprüche.
Wenn aber Gläubiger und Schuldner einer Geldforderung den Erfüllungszeitpunkt frei wählen können und dies auch mit Blick auf die Beeinflussung der steuerlichen Zuordnung, dann kann hier keine unzulässige Umgehung der steuerrechtlichen Vorschriften gegeben sein.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer können folglich den Zeitpunkt des Zuflusses und damit den Zeitpunkt der Besteuerung einer Abfindung oder eines Teilbetrages davon durch Vereinbarungen über die Fälligkeit wirksam steuerlich gestalten.

Praxishinweis

Arbeitnehmer können daher im Wege von Verhandlungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ihrem Arbeitgeber Vereinbarungen treffen, die die Auszahlung des Abfindungsbetrages auf einen für den Arbeitnehmer in steuerlicher Hinsicht günstigen Zeitpunkt legen. Eine Aufteilung des vereinbarten Abfindungsbetrages in Teilbeträge steht dem ebenfalls nicht entgegen. Denn allein die Aufteilung bedeutet nicht, dass über den gesamten Abfindungsbetrag verfügt worden ist.

Sollte daher nach alledem ein Arbeitnehmer in die Situation gelangen, mit dem Arbeitgeber Abfindungsvereinbarungen abzuschließen, sollte er sich vorher steuerrechtlich beraten lassen

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