Anwaltliches Marketing 2

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Die Entwicklung des Rechtsdienstleistungsmarktes

Nach Ende des 2. Weltkriegs und Gründung der Bundesrepublik Deutschland betrug die Anzahl der zugelassenen Rechtsanwälte zum 01.01.1950 12.844. Diese Zahl stieg seitdem kontinuierlich an. Im Jahr 2008 sank das Wachstum erstmalig seit 28 Jahren wieder unter 3,00 %. 2009 betrug die Anzahl der zugelassenen Rechtsanwälte 150.377. [1]

Diese Entwicklung verschärft die Wettbewerbssituation der Rechtsanwälte untereinander. Während es 1950 noch 4.934 Bürger pro Rechtsanwalt waren, sank diese Zahl bis 2009 auf 545 Bürger pro Rechtsanwalt. [2] Wobei anzumerken ist, dass die Anwaltsdichte nach Bundesländern schwankt. In den neuen Bundesländern ist die Zahl der Bürger pro Rechtsanwalt mit 1.317 in Sachsen-Anhalt und 1097 in Brandenburg höher als die Zahl der Bürger pro Rechtsanwalt in Hamburg mit 203 oder Berlin mit 285. [3]

Der durchschnittliche Umsatz pro Rechtsanwalt betrug 1994 noch 116.311 € und war seitdem rückläufig. Im Jahr 2005 betrug der Umsatz nur noch 96.476 €. Zwischen 2005 und 2007 hat sich die Wettbewerbssituation wieder leicht erholt und der Umsatz stieg auf 98.340 €. Für sich selbst betrachtet ist dieser Trend allerdings nicht aussagekräftig. [4]

Das gesamte Marktvolumen des Rechtsdienstleistungsmarktes ist von 1994 bis 2007 von 10,2 Mrd. € auf 17,1 Mrd. € angestiegen. Dieser Anstieg des Marktvolumens schlägt sich jedoch unterschiedlich auf die einzelnen Kanzleien nieder. Kanzleien mit bis zu 9 tätigen Personen verbuchten einen Anstieg von 16 %. Während Kanzleien mit 10 bis 99 tätigen Personen einen Umsatzanstieg von 20 % verbuchen konnten. Der Umsatz von Kanzleien mit mehr als 100 tätigen Personen stieg sogar um 23 % an. Untersucht wurden die Umsätze von 2002 bis 2007. [5]

Es lässt sich also feststellen, dass Großkanzleien einen immer größeren Marktanteil innehaben. Inzwischen haben Kanzleien von bis zu 20 tätigen Personen, die nur 2,7 % an der gesamten Anwaltschaft ausmachen, einen Marktanteil von 42,4 % erreicht. Im Zeitraum von 2002 bis 2007 stieg ihr Anteil um 0,7 % während der Anteil der kleineren Kanzleien um 0,8 % sank.

Diese Zahlen belegen, dass gerade kleinere Kanzleien unter immer größeren Druck geraten und wie wichtig es für sie ist, sich selbst als Unternehmer zu verstehen. Nur so können effektive Gegenmaßnahmen gestartet werden, um die Marktanteile zu halten oder sogar zu erhöhen.

Die negative Marktentwicklung wird jedoch nicht ausschließlich von der ständig wachsenden Anwaltszahl herbeigeführt, sondern auch durch die Änderung der gesetzlichen Regelungen.

Zum 01.07.2008 wurde das bisherige Rechtsberatungsgesetz durch das neue Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) abgelöst. Der Grund für diesen Schritt war die historische Belastung aufgrund der Entstehung des RBerG im Jahre 1935 durch nationalistisches Gedankengut und die sowohl inhaltlich, als auch strukturelle tatsächliche Entwicklung, die das Gesetz veraltet erschienen ließen. [6]

Das Ziel des RDG ist es den Rechtssuchenden vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen. Der Anwendungsbereich bezieht sich jedoch nur auf die außergerichtliche Interessenwahrnehmung. (§ 1 RDG) Eine Rechtsdienstleistung im Sinne dieses Gesetzes ist jede Tätigkeit, die eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. (§ 2 RDG)

Eine umfassende Rechtsdienstleistungsbefugnis bleibt den Rechtsanwälten weiterhin vorbehalten. Insbesondere Diplom-Wirtschaftsjuristen und vergleichbare Absolventen von Hochschulen oder Fachhochschulen sollen keine Befugnis zur selbständigen außergerichtlichen Interessenwahrnehmung erhalten. Als Grund wurde der Schutz der Verbraucherinteressen angeführt. Anzumerken ist jedoch, dass das RDG nur bei selbständiger Rechtsberatung greift und daher auf Rechtsberater im Angestelltenverhältnis nicht anzuwenden ist.

Die für den Rechtsdienstleistungsmarkt  wichtigste Neuerung ist der § 5 RDG. Rechtsdienstleistungen dürfen demnach als Nebenleistung angeboten werden, wenn sie zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Interessant ist diese Marktöffnung insbesondere für Banken, Unternehmensberater, Steuerberater, Hausverwaltergesellschaften und Wirtschaftsprüfer. [7]

§ 7 RDG beschäftigt sich mit den Berufs- und Interessenvereinigungen.  Sofern diese über die zur sachgerechten Erbringung der Rechtsdienstleistung erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung verfügen, können Rechtsdienstleistungen aus dem Aufgabenbereich ihrer Satzung, für ihre Mitglieder, erbracht werden. [8]

 Auch öffentliche und öffentlich anerkannte Stellen können nach § 8 RDG Rechtsdienstleistungen gegen ein Entgelt erbringen. Eine Begrenzung auf ihren Mitgliederkreis findet nicht statt. [9]

Diese Änderungen sind allerdings nicht gänzlich neu. Vielmehr sind sie eine Umsetzung, der durch die Rechtsprechung geschaffenen Regelungen zum veralteten RBerG.

Neben diesen Ursachen für die Verschlechterung der Wettbewerbssituation kommt noch das Drängen von ausländischen Kanzleien in den deutschen Rechtsberatungsmarkt hinzu.


[1] Statistisches Jahrbuch der BRD (bis 1969), BRAK Mitgliederstatistik (ab1970)

[2] Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft, 2009/2010, Tab. 2.1.1

[3] Anzahl der Rechtsanwälte (BRAK Mitgliederstatistik); Bevölkerungszahl (Stat. Bundesamt)

[4] Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft, 2009/2010, Tab 5.1.3

[5] AnwBl 4 / 2010, Strukturwandel und wirtschaftliche Situation der Anwaltschaft, Hommerich, 278

[6] Buschbell, MAH Straßenverkehrsrecht, Rn. 12

[7] Neue Regeln für den deutschen Rechtsberatungsmarkt, Der Betrieb 2008, S 43

[8] Neue Regeln für den deutschen Rechtsberatungsmarkt, Der Betrieb 2008, S 44

[9] Neue Regeln für den deutschen Rechtsberatungsmarkt, Der Betrieb 2008, S 45

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