Vorkauf durch Stadt zieht sich --> Regressforderung möglich?

7. Dezember 2017 Thema abonnieren
 Von 
guest-12309.12.2017 12:32:48
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)
Vorkauf durch Stadt zieht sich --> Regressforderung möglich?

Sehr geehrte Damen und Herren,

das Problem ist etwas komplex – und mangels Erfahrungswerten konnte mir auch meine Notarin keine Aussage dazu machen.
Mein Mann und ich haben ein Haus gekauft. Meine Stadt hat dann von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht und möchte einen 24 qm großen Teil des Grundstücks erwerben. Grund: Naturschutz am Gewässer, es fließt ein Bach vorbei. Dass wir uns dagegen nicht wehren können, ist klar, wollen wir per se auch nicht. Allerdings zieht sich dieser Vertragsprozess in unseren Augen unverhältnismäßig in die Länge und ich möchte eventuelle Mehrkosten in Rechnung stellen.
Meine Frage an Sie ist, ob das überhaupt möglich ist oder Aussicht auf Erfolg hat.

Hier der konkrete Ablauf:
- Am 20.10. unterschreiben wir bei unserem Notar den Kaufvertrag für das Haus. Seit Jahren gab es keine Vorkaufsfälle im Notariat, also wird auch hier ein reibungsloser Ablauf erwartet. Wir planen mit einer Übernahme des Hauses zum 1.12. – durchaus realistisch – und brauchen diese Zeit auch zur Renovierung, da meine Schwiegermutter schnellstmöglich aus ihrer Wohnung raus muss (Schimmel), angedacht war der 1.1.18.
- Wochen lang höre ich nichts. Ich hake am 15.11. auf eigene Faust telefonisch beim Liegenschaftsamt nach (das die „Vorkäufe" abwickelt) und höre dann zum ersten Mal „Wir wollen ein Stück am Bach kaufen". Der Vertrag sei fertig, der Vorgesetzte müsse den noch unterschreiben. Ich weise schon auf den Zeitdruck hin.
- Wir haben eine Niederschlagsleitung von versiegelten Flächen, die in den Bach führt (Bestand seit 30 Jahren, so wie in der Gegend üblich), ein Gartenhaus sowie die Frage, wer sich um die Pflege kümmert, weil das Stückchen nur durch unser Haus oder fremde Grundstücke zu erreichen ist. Für all diese Punkte habe ich ebenfalls direkt angemerkt, dass man das vertraglich regeln müsse! Ich bot sogar an, dass wir die Pflege übernehmen, wenn wir im Gegenzug das Stückchen weiterhin „nutzen" können und möglichst auch einen Zaun zur Sicherheit direkt am Bach aufstellen dürfen.
- Ich erhielt erst einmal grob zusammengefasst die Aussage „Das können Sie im Nachhinein mit dem Grünamt ausmachen, wir sind nur ausführendes Organ des Kaufs". In meinen Augen höchst fahrlässig gegenüber dem „unwissenden" Bürger, weil ein Vertrag ein Vertrag ist, aber da es am Telefon erfolgt ist, habe ich dafür natürlich auch keinen Beleg.
- Am 21.11. (nach weiteren Telefonaten, wann es denn soweit sei) erhalten wir endlich den besagten Vertrag (datiert mit dem 13.11. und Widerspruchsfrist zum 24.11., er lag also lange rum!), der eben nichts dergleichen regelt, sondern nur knapp 30 Euro für das Land verspricht.
- Ich rufe am nächsten Morgen wieder beim Amt an, dass wir Widerspruch einlegen müssen und gebe bereits genaue Infos dazu.
- Noch am gleichen Abend werfe ich den Widerspruch ein, dass wir ein Leitungsrecht erwirken möchten sowie das Gartenhaus, das wir ja mitbezahlt haben, weiter nutzen möchten.
- Lange Zeit passiert wieder nichts. Der Sachbearbeiter des Liegenschaftsamts kann selbst keine Aussagen machen, sein Vorgesetzter und Amtsleiter seien zuständig, das mit dem Grünamt zu klären. Ich rufe quasi täglich an, betone, dass das Leitungsrecht das Hauptproblem sei (ohne würden massive Kosten auf uns zukommen) und alles andere zweitrangig, nur um zu hören, dass es wohl Sitzungen gab, einer krank war usw.
- Erst ein Besuch der Bürgersprechstunde am 30.11. brachte etwas Bewegung in die Sache, man werde alle Ämter zur Eile ermahnen, war das Versprechen.
- Heute, am 7.12. erhalte ich zumindest die Aussage des Liegenschaftsamts, dass das Leitungsrecht wohl klar ist. Es gebe noch Probleme wegen des Häuschens, das zu nah am Wasser errichtet worden sei – was aber nicht unser Fehler ist. Wir haben immer noch keinen Vertrag!
- Mit diesem müssen wir ja auch erst einmal zu zweit (mein Mann und ich) zum Notar, einen Termin machen usw.

Wann wir nun konkret das Haus übernehmen können, ist also weiterhin offen. Wir können keine Renovierungen vornehmen, damit ist auch der Einzug meiner Schwiegermutter in Gefahr, sie muss sich wohlmöglich im Januar eine Ferienwohnung nehmen, der Besitz zwischengelagert werden.
Also wieder zur Ausgangsfrage: Können wir gegenüber der Stadt Ansprüche geltend machen, weil sie
- vier Wochen braucht, um überhaupt einen Vertrag zu schicken,
- dieser trotz vorheriger Hinweise mangelhaft ist und
- wiederum Wochen braucht, um überarbeitet zu werden?

Vielen Dank!

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9 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47650 Beiträge, 16842x hilfreich)

Zitat:
Meine Stadt hat dann von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht


Die nachfolgende Geschichte hört sich aber nicht danach an, als ob sie das gemacht hätte.

Zitat:
Am 20.10. unterschreiben wir bei unserem Notar den Kaufvertrag für das Haus.


Dann muss die Stadt das Vorkaufsrecht bis spätestens zum 20.12. ausüben (§ 469 BGB )

Zitat:
Wann wir nun konkret das Haus übernehmen können, ist also weiterhin offen.


Spätestens am 20.12. und offenbar will die Stadt ihr Vorkaufsrecht gar nicht geltend machen.

Zitat:
Am 21.11. (nach weiteren Telefonaten, wann es denn soweit sei) erhalten wir endlich den besagten Vertrag (datiert mit dem 13.11. und Widerspruchsfrist zum 24.11., er lag also lange rum!), der eben nichts dergleichen regelt, sondern nur knapp 30 Euro für das Land verspricht.


Das ist ein Kaufangebot, das man einfach ablehnen kann. Allerdings verstehe ich nicht, was die Widerspruchsfrist soll.

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#2
 Von 
Spezi-2
Status:
Senior-Partner
(6438 Beiträge, 2318x hilfreich)

Ich frage mich, ob die Stadt das Recht hat, Ihr Vorkaufsrecht auf einen Teil des Kaufvertrages zu beschränken.

Wenn ja, müsste das Grundstück ja in 2 Flurteile aufgeteilt werden (mit Vermessungen usw.) und der Käufer könnte nur den Teil mit dem Haus erwerben.
Dazu müsste es dann wohl einen neuen Kaufvertrag geben.

Signatur:

Meine Beiträge sind keine juristischen Ratschläge, sondern sollen dem Erfahrungsaustausch dienen.

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#3
 Von 
nonjura
Status:
Beginner
(67 Beiträge, 35x hilfreich)

Die Notarin kann mangels Erfahrung mit Vorkaufsrecht nicht weiter helfen. Diese Erfahrung fehlt den Damen und Herren bei der Gemeinde ebenfalls. Vorkaufsrecht ausüben bedeutet: In den bestehenden Vertrag mit allen Rechten und Pflichten einsteigen.

Was die Gemeinde hier vor hat, kann meiner Meinung nach, nicht funktionieren. Sie kann die Zustimmung eures bereits beurkundeten Vertrages nicht von einem Teilflächenvertrag zwischen Gemeinde und euch abhängig machen. Bezahlt die Gemeinde dann auch die Messungskosten?

Niederschlagsleitung in den Bach, wie in der Gegend üblich: Nur weil es üblich ist, kann es trotzdem durch geänderte Wasserrechtsgesetze bei einem Eigentumswechsel hinfällig werden.

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#4
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120326 Beiträge, 39874x hilfreich)

Vorkaufsrecht auf ein Teil der Immobilie wäre möglich. Ist mir bisher aber noch nicht untergekommen.



Ich würde bei soviel Ahnungslosigkeit auf Seiten der "Profis" mal schnellstens bei einem Anwalt einen Termin machen der sich damit auskennt und dem dann alle Unterlagen vorlegen.

Denn ich glaube das die Gemeinde da gar kein Vorkaufsrecht hat / geltend macht.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

0x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
0815Frager
Status:
Master
(4953 Beiträge, 2378x hilfreich)

Eigentlich kann ein Vorkaufsrecht nur auf den gesamten Vertrag ausgeübt werden, das läuft was gewaltig schief.

0x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47650 Beiträge, 16842x hilfreich)

Zitat:
Die Notarin kann mangels Erfahrung mit Vorkaufsrecht nicht weiter helfen. Diese Erfahrung fehlt den Damen und Herren bei der Gemeinde ebenfalls.


Da haben sich ja die Richtigen getroffen. Besonders bei der Notarin bin ich über derartiges Unwissen erstaunt.

Zitat:
Vorkaufsrecht ausüben bedeutet: In den bestehenden Vertrag mit allen Rechten und Pflichten einsteigen.


So ist es. Das, was die Gemeinde vorhat, hat also nichts mit der Ausübung des Vorkaufsrechtes zu tun. Das ist ein ganz normales Kaufangebot für einen Grundstücksteil, das der Eigentümer annehmen oder auch ablehnen kann. Warum die Gemeinde ein derartiges Kaufangebot mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versieht, ist mir auch völlig unklar.

Für die Ausübung des Vorkaufsrechtes hat die Gemeinde 2 Monate Zeit. Das vollständige Ausnutzen einer solchen Frist begründet keinen Schadenersatzanspruch.

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#7
 Von 
guest-12309.12.2017 12:32:48
Status:
Frischling
(2 Beiträge, 0x hilfreich)

Erst einmal vielen Dank an alle Antworter.

Ich versuche jetzt mal die wichtigsten Punkte zusammezufassen, da hier viel auf einmal kam - und das meiste an der eigentlichen Frage vorbeiging.

1) Die Stadt hat das Recht einen Teil des Grundstücks "vorzukaufen", die Basis dafür liefert das Naturschutzgesetz. Demnach darf an Gewässern ein Streifen nach darin definierter Breite erworben werden, um z. B. eine Renaturierung durchzuführen. Das ist wasserdicht und wird von meiner Seite auch nicht angezweifelt. Es wird auch auf Kosten der Stadt neu vermessen.

Aufgrund des damit verbundenen Mehraufwands kauft die Stadt ja von uns (den neuen Besitzern) und nicht von den ursprünglichen Verkäufern, da sich im zweiten Fall der Vertragsgegenstand (zwischen Ursprungsbesitzer und uns) ändern würde. Auch das ist üblich und steht gar nicht zur Debatte.

2) Dass die Notarin uns keine Auskunft bzgl. der Regressfrage geben konnte (ich beziehe mich NUR DARAUF), liegt daran, dass in letzten Jahren oder sogar Jahrzehnten keinerlei Vorkäufe durch die Stadt stattfanden. Dort ist man offenbar erst seit wenigen Monaten auf dem Trip "Wir kaufen Streifen am Gewässer, um irgendwann ohne Probleme renaturieren zu können, wenn wir das wollen". Offenbar gab es da in der Vergangenheit Probleme mit Grundstücksbesitzern, dem man vorgreifen möchte.

Sie hat uns ja klar geraten, den Kaufvertrag, so wie er ist, nicht anzunehmen, sondern uns Leitungsrecht und Co unbedingt darin aufnehmen zu lassen und war verwundert, dass der Vertrag - selbst nach Einwand von uns - nichts dergleichen enthielt.

3)

Zitat (von hh):

Für die Ausübung des Vorkaufsrechtes hat die Gemeinde 2 Monate Zeit. Das vollständige Ausnutzen einer solchen Frist begründet keinen Schadenersatzanspruch.


Genau darum geht es mir einzig und allein. Zählen die zwei Monate ab Notartermin, trotz Widerspruchs, oder ist durch unseren Widerspruch die Frist noch einmal verlängert?
Ist es egal, wie sich die Stadt innerhalb der Frist verhält - zweifelhafte Aussagen ("Machen Sie das danach mit dem Grünamt aus") und das sich in die Länge ziehen?

Wenn ja, wäre meine Frage ja damit beantwortet.

0x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
hh
Status:
Unbeschreiblich
(47650 Beiträge, 16842x hilfreich)

Zitat:
1) Die Stadt hat das Recht einen Teil des Grundstücks "vorzukaufen", die Basis dafür liefert das Naturschutzgesetz. Demnach darf an Gewässern ein Streifen nach darin definierter Breite erworben werden, um z. B. eine Renaturierung durchzuführen.


Der § 66 BNatG war mir nicht bekannt. Danach gibt es tatsächlich ein Vorkaufsrecht bezüglich eines Grundstücksteils.

Aber dazu mal etwas genauer:
Zitat:
es fließt ein Bach vorbei.


Vorbei? Oder reicht das Grundstück in den Bach hinein?

Nächste Frage:
In welchem Bundesland spielt sich das ab?

Zitat:
2) Dass die Notarin uns keine Auskunft bzgl. der Regressfrage geben konnte (ich beziehe mich NUR DARAUF), liegt daran, dass in letzten Jahren oder sogar Jahrzehnten keinerlei Vorkäufe durch die Stadt stattfanden.


Jetzt kann ich das auch nachvollziehen. Wie ein solches Vorkaufsrecht auf einen Grundstückteil im Detail ausgeübt wird, ist mir nicht wirklich klar. Ein Kernelement des Vorkaufsrechtes ist, dass der Berechtigte in den abgeschlossenen Vertrag eintritt. Das geht aber gar nicht, wenn nur für einen Grundstücksteil ein Vorkaufsrecht ausgeübt werden soll.

1x Hilfreiche Antwort

#9
 Von 
nonjura
Status:
Beginner
(67 Beiträge, 35x hilfreich)

Die Gemeinde kann das Vorkaufsrecht nach § 24 BauGB ausüben, dass ihr die Befugnisse des Landes nach § 66 BNatG übertragen wurden, nehme ich jetzt mal als richtig an. Da BNatG auf § 469 BGB verweist, beginnt die Frist mit Abschluss eures Kaufvertrages, die Gemeinde hat innerhalb dieser Frist reagiert, weitere Fristen laufen hier meiner Meinung nach nicht. Wie die Ausübung eines Vorkaufsrechtes auf eine Teilfläche ausgeübt werden soll, ist mir unklar. Was geschieht hier, wenn du mit der Gemeinde nicht handelseinig werden würdest? Hierzu habe ich nichts gefunden.

Bleibt noch die Frage nach dem Bundesland, ob die Gemeinde dir nach geltendem Wassergesetz wirksam eine Einleitung in ein Gewässer erlauben darf.

Anspruch auf Regress sehe ich nicht, da dir nie jemand einen rechtskräftigen Vertrag in einem Zeitraum X zusichern kann.


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