Unfall auf Hotelgelände

20. November 2017 Thema abonnieren
 Von 
Primavera66
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 8x hilfreich)
Unfall auf Hotelgelände

Hallo,

ich stelle hier mal meine Geschichte zum Thema Reiserecht rein und hoffe, dass ich hilfreiche Tipps von Euch bekomme.

Ich war im Juli d. J. auf einer 14-tägige Pauschalreise auf Rhodos als Alleinreisende.
Am fünften Urlaubstag bin ich auf der Liegewiese des Hotels barfuß in ein nicht sichtbares, mit grasbewachsenes Bodenloch getreten, wo sich Teile der Bewässerungsanlage befanden und habe mir einen tiefen Schnitt am kleinen Zeh, zwischen Fuß und Zehendgelenk, zugezogen. Das war eine sehr schmerzhafte Verletzung, mit klaffender Wunde, die nachher genäht werden musste. Ich habe den Unfall an der Rezeption gemeldet und sie haben dann ein Taxi (auf meine Kosten) bestellt, damit ich ins Krankenhaus fahre. In der Notaufnahme wurde die Wunde versorgt und verbunden, sodass ich nachher keinen Schuh wg. Verband anziehen konnte. Die ärztliche Versorgung war kostenlos. Ich bekam noch ein Rezept für ein Antibiotikum (um einer Entzündung vorzubeugen) und Schmerzmittel und fuhr mit dem Taxi zurück ins Hotel. Die nächsten paar Tage konnte ich das Hotelzimmer immer nur kurz verlassen, weil das Verband wegen der Infektionsgefahr getragen werden musste und die Schmerzen beim Laufen waren auch enorm. Danach bin ich dazu übergegangen, sterile Pflaster zu verwenden und in Flipflops konnte ich dann auch raus, wenn auch in der Beweglichkeit sehr eingeschränkt. Natürlich war baden oder schwimmen im Meer oder im Hotelpool tabu und das bei durchschnittlich 38 Grad.
Nach meiner Rückkehr habe ich den Reiseveranstalter informiert. Die vor Ort Reiseleitung wurde von mir auch informiert und sie kam zwei Tage nach dem Unfall ins Hotel, um die Unfallmeldung aufzunehmen und Fotos von der Stelle zu machen. Der Reiseveranstalter hat den Fall dann an seine Versicherung weitergegeben. In mein Schreiben habe ich signalisiert, dass ich eine außergerichtliche Einigung vorziehe und ich habe um eine angemessene Entschädigung gebeten.
Vor zwei Tagen kam ein Brief von der Versicherung, in dem mir 300 € pauschal angeboten werden, ohne Schuldanerkenntnis und ohne „Anerkennung einer Rechtspflicht bzw. präjudizieller Wirkung". Außerdem soll ich unterschreiben, dass ich auch in der Zukunft keine Ansprüche geltend mache, auch bei nicht absehbare Folgen der Verletzung.
Für die Reise habe ich 1.131 € gezahlt. Kosten in Zusammenhang mit dem Unfall hatte ich ca. 50 € gehabt (Taxifahrten ins Krankenhaus und zurück, Medikamente und Verbandszeug).
Ich bin der Meinung, dass der Veranstalter seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen ist (die Liegewiese des Hotels rund um das Pool wurde durch in den Boden eingelassene Teile gewässert, d. h. es gab jede Menge Bodenlöcher. Diese wurden erst 2 Tage nach meiner Beschwerde an der Rezeption aufgefüllt). Das Hotel ist sich keine Schuld bewusst, sie haben mich an meine Auslandskrankenversicherung verwiesen (die ja gar nicht zuständig ist).
Für mich erscheint die Angebotene Entschädigung zu niedrig. Ca. 10 Tage des Urlaubs waren verdorben, an Badeurlaub und größere Ausflüge war nicht mehr zu denken. Von den all-inklusive Leistungen waren die alkoholischen Getränke wg. Antibiotika gestrichen. Die Wundheilung dauerte 6 Wochen, d. h. auch nach meiner Rückkehr gab es noch Schmerzen und Einschränkungen im Alltag. Diese Urlaubsreise war kein richtiger Urlaub sondern meist im Zimmer vertane Zeit für viel Geld. Wenn ich die Entschädigung mit dem Reisepreis und den Kosten verrechne, hat mich das Ganze trotzdem 881 € gekostet.
Frage in die Runde: hat jemand schon Ähnliches erlebt oder kennt Gerichtsurteile, woher ich ungefähre Richtwerte ableiten kann? Bin ziemlich ratlos…weiß auch nicht, ob der Klageweg sich lohnt. Wenn ich die Versicherung anschreibe, will ich einen realistischen Betrag fordern. Für die Hilfe vielen Dank im Voraus!


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8 Antworten
Sortierung:
#1
 Von 
bernardoselva
Status:
Bachelor
(3253 Beiträge, 1810x hilfreich)

Hallo,

Sie haben voellig korrekt gehandelt, wie man dem Ablauf nach erkennen kann.

Selbstverstaendlich bleibt es Ihnen frei, die Hoehe der Entschaedigung als nicht angemesssen einzustufen. Im Reiserecht werten die Gerichte immer so, war der Schaden erheblich, oder war es weniger erheblich, also irgendwo hinnehmbar.

Wenn Sie tagelang derart behindert waren, dass Sie nicht schwimmen konnten, dann ist das bei einem Badeurlaub meiner Auffassung nach erheblich.

Ich gehe sogar soweit, dass Sie vor Ort durchaus berechtigt gewesen waeren den Reisevertrag fristlos zu kuendigen, da der eigentliche Sinn Ihres Urlaubs nicht mehr gegeben war.

So wie ich das einschaetze werden Sie ohne Anwalt hier nicht klar kommen. Durch die Verletzung ist Ihnen auch ein Schaden an entgangenen Urlaubsfreuden entstanden. Ich denke mir das es sich lohnen wird einen Anwalt, spezialisiert auf Reiserecht, hier mit der Durchsetzung Ihrer Interessen zu beauftragen.


Vuiele Gruesse
bernardoselva

Signatur:

Touristiker. Hinweise sind meine persoenliche Meinung und keinesfalls Rechtsberatung!

2x Hilfreiche Antwort

#2
 Von 
guest-12309.11.2018 09:43:45
Status:
Lehrling
(1613 Beiträge, 610x hilfreich)

Das Angebot kann man vielleicht für Schadensersatz und Schmerzensgeld annehmen, spiegelt aber sicher nicht die entgangenen Urlaubsfreuden und somit die Reisepreisminderung wieder. Die kann sich aber auch bei 0% bewegen: https://www.adac.de/-/media/adac/pdf/jze/reisepreisminderungstabelle.pdf?la=de-de

Entweder nimmt man sich einen Anwalt, würde ich bei vorhandener Rechtschutz auf jeden Fall raten. Oder fordert selber und klagt dann.

3x Hilfreiche Antwort

#3
 Von 
Primavera66
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 8x hilfreich)

Vielen Dank für die Antworten! Ich denke, ich werde erst mal mit der Versicherung handeln. Irgendwie graust es mich vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung, Rechtsschutz habe ich auch nicht und die Kosten für den Anwalt müsste ich erst mal auslegen, wobei die Höhe der Entschädigung gar nicht abzusehen ist. Über die Ergebnisse meiner Verhandlungen werde ich berichten, vielleicht hilft das anderen auch.

2x Hilfreiche Antwort

#4
 Von 
Primavera66
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 8x hilfreich)

Ein herzliches Hallo in die Runde! Da ich ja versprochen habe, über den Ausgang meiner Geschichte zu berichten, kommt jetzt der Abschluss.
Ich habe den Brief der Versicherung mit der angebotenen niedrigen Entschädigung wie folg beantwortet:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihr Angebot für die Schadensregulierung habe ich am 18. November erhalten und nehme dazu wie folgt Stellung:

Der angebotene Betrag halte ich für unverhältnismäßig niedrig für die erlittenen Schmerzen, den vergeudeten Urlaub und für meine Ausgaben für eine Urlaubsreise, die teilweise keine war.

Aus einschlägigen Gerichtsurteilen geht hervor, dass man als Geschädigte sehr wohl eine angemessene Entschädigung verlangen kann und dieser Anspruch erfasst Reisepreisminderung, Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit und eventuell Schmerzensgeld.

1. Reisepreisminderung: Für die 14-tägige Reise habe ich 1.131 € bezahlt. Davon hatte ich tatsächlich 4,5 unbeschwerte Urlaubstage, der Rest war Krankenstand. Man kann das sehr wohl als erhebliche Beeinträchtigung betrachten. In der Praxis rechtfertigt dies 50% Reisepreisminderung. Da ich die Reise nicht abgebrochen habe (kein Flug möglich), kann man hier von Schadensminimierung ausgehen.

2. Entgangene Urlaubsfreude: 9,5 Urlaubstage sind nutzlos verstrichen. Badeurlaub ohne baden und schwimmen zu dürfen ergibt nicht sehr viel Sinn. Aufgrund der Verletzung war das nicht mehr möglich. Geplante Ausflüge konnten nicht gemacht werden (z. B. Wanderung im Schmetterlingstal und ähnliche, wo man viel zu Fuß unterwegs ist).

3. Schmerzensgeld: Die Wundheilung dauerte 6 Wochen und war mit erheblichen Schmerzen verbunden. Es war mir nicht möglich, Straßenschuhe zu tragen, nur Flipflops. Ca. drei Wochen musste ich täglich mehrmals Schmerzmittel nehmen, um überhaupt laufen zu können, die erste Woche Antibiotika gegen Entzündungen und Infektionen.

Zum Glück fand meine Reise im Hochsommer statt und nicht im Herbst, ansonsten hätte ich auch wochenlang meinen Arbeitsplatz nicht aufsuchen können (Schuhe tragen war unmöglich). Eine stationäre Krankenhausbehandlung war nicht nötig und die Reise wurde nicht abgebrochen. All dies trägt zur Schadensbegrenzung bei.

Unter Berücksichtigung all dieser Fakten und in Anbetracht der Tatsache, dass ich nicht unbedingt eine gerichtliche Auseinandersetzung wünsche (Zeit- und finanzieller Aufwand wäre für beide Seiten hoch), fordere ich pauschal 800 € als komplette Entschädigung. Da wahrscheinlich keine oder nur geringfügige Verletzungsfolgen zu erwarten sind, kann ich auf weitere Ansprüche in Zukunft verzichten.

Ich verweise auf das Urteil in einem ähnlichen Fall: LG Frankfurt am Main, Az. 2-24 O 176/10 , nachzulesen unter http://www.schweizer.eu/bibliothek/urteile/index.html?id=15229.

In der Hoffnung, dass die Angelegenheit bald ein gutes Ende findet, verbleibe ich mit

freundlichen Grüßen"

Die Antwort darauf war ein neues Angebot in Höhe von 800 €, also das was ich gefordert habe. :) Das hat mich selbst überrascht, weil ich dachte, sie setzen niedrig an, ich aber hoch und irgendwann treffen wir uns vielleicht in der Mitte, nach langwieriger Feilscherei. :lol:

Was lernen wir daraus?

1. Es kann sein, dass mithilfe eines Anwalts und einer Klage mehr rausgekommen wäre, ich bin aber trotzdem zufrieden, mir ging es nicht um reich werden. Mit dem Geld kann ich ein Ersatzurlaub machen, das passt schon.

2. Versicherungen versuchen erstmal die Geschädigte mit wenig Geld abzuspeisen, obwohl sie Beiträge kassieren für genau solche Fälle.

3. Wenn man berechtigte und realistische Forderungen hat, kann man durchaus verhandeln, die Konsequenzen einer Klage kennt die Versicherung ja auch.

Ich hoffe, dass die komplette Geschichte anderen auch helfen wird. Es ist schwierig, im Netz Informationen oder Richtwerte zu finden, da jeder Fall anders ist. Ich danke für die erhaltenen Tipps, diese haben mich darin gestärkt, mein Recht höflich aber bestimmt einzufordern!

Euch allen eine schöne Zeit wünscht

Primavera




3x Hilfreiche Antwort

#5
 Von 
bernardoselva
Status:
Bachelor
(3253 Beiträge, 1810x hilfreich)

Man hat das gezahlt, was wohl ein Richter im Falle eines Falles zugesprochen haette.

Fuer die 15taegige Reisehaben Sie 1.131,-- Euro gezahlt, daraus errechnet sich ein Tagesreisepreis von ca. 75,-- Euro. Aufgrund der Verletzung konnten Sie 10 Tage nicht schwimmen, daraus errechnen sich rd. 800,-- Euro Entschaedigung.

Viele Gruesse
bernardoselva

Signatur:

Touristiker. Hinweise sind meine persoenliche Meinung und keinesfalls Rechtsberatung!

2x Hilfreiche Antwort

#6
 Von 
Primavera66
Status:
Frischling
(4 Beiträge, 8x hilfreich)

Ich habe einfach Pi mal Daumen gerechnet und lag damit anscheinend richtig. ;)

3x Hilfreiche Antwort

#7
 Von 
Harry van Sell
Status:
Unbeschreiblich
(120055 Beiträge, 39822x hilfreich)

Zitat (von Primavera66):
Ich habe einfach Pi mal Daumen gerechnet und lag damit anscheinend richtig.

Bei der Trefferquote: Lottoschein ausfüllen ;-)


Und danke für die Rückmeldung.



Signatur:

Meine persönliche Meinung/Interpretation!
Im übrigen verweise ich auf § 675 Abs. 2 BGB

2x Hilfreiche Antwort

#8
 Von 
fb367463-2
Status:
Schlichter
(7422 Beiträge, 3090x hilfreich)

Zitat (von Harry van Sell):
Bei der Trefferquote: Lottoschein ausfüllen ;-)

Und danke für die Rückmeldung.


Tippen Sie für mich mit ;) . Danke für die Rückmeldung, das war sehr interessant!

Signatur:

"Valar Morghulis"

3x Hilfreiche Antwort

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